jene Provinz verbreiten, und dort in kleinen Aldeas die Wälder zwischen
dem Tocantins und Capim bewohnen soll. Man nennt folgende Hörden
desselben: A u -g ê z , Mannacob- gê z {Cannacata-gêz) , Piacob-gêz,
{Payeo - gê z ) , C ra n -g ê z , Pôncata-gêz und Cricata-gêz oder Gaviâo
(Geier-Indianer). Alle diese genannten Stämme sollen in Sitten und Gebräuchen
mit einander Übereinkommen. Sie sind keine Anthropophagen,
sondern nähren sich vorzugsweise von Jagd und Fischerei j welche besonders
am Rio Mearim und den Seen in dessen Nachbarschaft sehr ergiebig
is t, überdies auch vom Ertrage kleiner Mandiocca- und Bananenpflanzungen.
Sie verstehen mit grosser Geschicklichkeit den Honig der
wilden Bienen auszunehmen, und das Wachs aus den Waben abzusondern.
Letzteres bieten sie den benachbarten Ansiedlern zum Kaufe an. Sie gehen
in ihrerHeimath meistens ganz unbekleidet, und schmücken sich und ihre
Waffen zu Tanz und Krieg mit bunten Federn und Schnüren aus Zähnen
und glänzenden Sämereien von Scleria. Sie sind kriegerisch, und die
einzelnen Aldeas, welche bei zunehmender Vergrösserung Colonien von
sich ' abtrennen, leben häufig in Streit mit einander, wenn auch von
gleichem Stamme. Der klügste und muthigste thut sich während des
Krieges als Anführer hervor, er commandirt durch die Töne seines
B o r é , und hat das Recht über Leben und Tod, ausser den Kriegszeiten
aber keine Herrschaft. Ein steinernes Beil mit kurzer Handhabe ist ein
Zeichen von Ansehen. Sie kennen den Gebrauch vergifteter Pfeile; ihre
wichtigste Kriegswaffe ist jedoch eine Keule von schwerem Holze. In
ihren Ueberfallen beweisen sie kluge Berechnung, und wenig Schonung
gegen die Ueberwundenen, die sie als Sclaven wegfuhren. Diebstahl und
Mord sind verboten; der Stehler wird nach Maassgabe des Gestohlenen
bestraft; gegen den Mörder üben die Verwandten des Erschlagenen die
Blutrache. Sie sind sichere Schwimmer; grosse Ströme übersetzen sie in
Flössen aus den Stämmen der Buritfpalme. Auf diesen Fahrzeugen kommen
sie bisweilen auch streckenweise die ^Flüsse der Provinz Maranhäo
herab, wenn sie den Ansiedlern Wachs und Copaivbalsam zum Kaufe
bringen. Ihre Festlichkeiten beginnen meistens mit Sonnenuntergang, und
dauern bei Sternenlicht bis gegen den Morgen. Sie werden zur Zeit der
Fruchtlese und bei Veranlassung der Verheurathungen gehalten. Die'
Keuschheit derTöchter bewachen sie mit Eifersucht; gegen die der Weiber
sind sie gleichgültig. Vom Wechsel des Mondes leiten sie ihre Zeitrechnung
ab; wenn dieses Gestirn während der Regenzeit, von Wolken bedeckt,
nicht erscheint, so verlängert dieses ihre Perioden oft unverhältniss-
mässig, ohne dass, sie solche auf andere Weise zu berichtigen suchten. Die
Folge von trockner und nasser Jahreszeit, von Tag und Nacht, von Blitz
und Donner ist ihnen; eine mechanische Naturnothwendigkeit, ohne dass
sie sich einen Urheber dieser Erscheinungen dächten. Ueberhaupt haben
sie keine Vorstellung1 von einem göttlichen Wesen, und ihre ganze Metaphysik
beschränkt sich auf die Annahme von Zauberkräften bei Einzelnen
von ihnen, denen sie deshalb mit scheuer Furcht begegrten.' Dieses ist es,
was ich über die Sitten und die Sinnesart der Indianer von Maranhäo in
Erfahrung bringen konnte. Einige Züge in diesem unvollkommenen Bilde
beweisen übrigens, was sich im Verlaufe dieses Reiseberichts mehr und
mehr darstellen w ird , dass die Bildung der Autochthonen Brasiliens zunimmt
, je näher man von Süden dem Aequator kommt.
Cachias steht mit der Hauptstadt der Provinz Maranhäo nur
durch den Fluss Jtapicuru in Verbindung. Die Landwege, welche längs
demselben von einem Hofe zum andern führen , sind nur für Reiter, kaum
aber für Lastthiere gangbar, indem sie in den sumpfigen Palmenwäldern
und dichtem Gestrüppe nur mit Mühe offen gehalten werden können, und
überdiess den Ueberschwemmungen des Flusses ausgesetzt sind. W i r waren
also hier an das Ziel unserer'Landreise gekommen, und erfreuten uns
der Aussicht, den übrigen Theil unserer Unternehmung auf den Flüssen,
in wohl versorgten Kähnen, mit grösserer Bequemlichkeit, so wie unsere
geschwächte Gesundheit es forderte, ausführen zu können. Die Lastthiere
unseres Trupps wurden hier an die Comboyeiros verkauft, welche, von
Zeit zu Zeit, mit zahlreichen Karavanen, die dreihundert Legoas lange
Landreise über Oeiras nach S. Feliz und Natividade unternehmen, um
jene entfernten Theile der Provinz von Goyaz mit europäischen Artikeln
zu versehen/’ Der Rio Jtapicuru, bis zu dessen Quellen noch kein unternehmender
Brasilianer vorgedrungen seyn soll, läuft südwestlich von
Cachias fast immer parallel mit seinem südlichen Nachbar, dem Rio
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