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ten einjährigen Pflanze. Man säet' die ölreichen Saamen, wie bei uns das Getreide, im Monat
März, und zwar vorzüglich in minder fruchtbaren Boden, und entfernt von andern Plantagen,
für welche man die Nähe dieser, vermeintlich sehr hitzigen, Pflanze schädlich hält.- Im August,
wo sie vollkommen reife Saamenkapseln haben, und bereits ganz trocken sind, werden die Pflanzen
ausgerissen, in Büschel gebunden, und über einem reinen Tuche äusgeklopft. Die Saamen
liefern fast die Hälfte ihres Gewichtes von einem klaren, blassgelben, milden Oele, welches, dem
Mandelöle ähnlich, in der Küche gebraucht werden kann. — Zur Beleuchtung bedient man sich
vorzüglich des Oeles vom Wunderbaume (Ricinus communis, viridis, inermis u. a.), den man in
der Nähe der Wohnungen und an den Grenzen der Pflanzungen anzubauen pflegt. Die Production
des Bicinusöles möchte sich jährlich auf fünfzig bis sechzigtausend Canadas belaufen. Bekanntlich
werden die beiden erwähnten Arten von Oelsaamen zuerst in einem Ofen gelinde ge-
dörret, dann zwischen zwei Cylindem, welche in entgegengesetzter Richtung laufen, zerquetscht,
und endlich in einem Kessel über schwachem Feuer ausgelassen. Man ist übrigens in der Bereitung
des Wunderbaumöles um so weniger vorsichtig, als es zu medicinischen Zwecken nur
selten angewendet wird, und man in der Stadt dazu ausländisches, aus den englischen Antillen,
braucht. — Eine andere Art von Brennöl bereitet man aus den Saamen der An d ir ob a (Angiroba ,
N an d iro b a , Carapa gujanensis, Aubl, Xylocarpus, Schrei.), eines hohen Baumes, welcher in
feuchten Wäldern wild wächst, und in den Monaten Junius nnd Julius seine Früchte in grosser
Anzahl reifet. Diese, von der Grosse eines Kinderkopfes, enthalten eine Menge eckiger Saamen,
welche, entweder mit Wasser gekocht, oder an die Sonne gestellt, zerquetscht, und sodann gepresst
werden, um das in grosser Menge in ihnen enthaltene Oel von sich zu geben. Dieses
fette Oel, das Huile de Carapa der französischen Colonien, ist von grosser Bitterkeit-; und kann
deshalb nur zur Beleuchtung und zur Bereitung von Seife verwendet -werden. Man hält es auch
für ein Schutzmittel wider Insecten, und bestreicht daher manche Meubles damit. Die Neger
verwenden es vorzüglich zur Heilung von Wunden des Sandflohes. In dem Gebiete des Flusses
Mony wächst die Andiroba (nach Gayozo a. a. O. S. 102.) in so grosser Menge, dass die
Bewohner der Villa de Hycatü einen nicht unbeträchtlichen Gewerbszweig aus der Bereitung des
Oeles machen, und von Seiten des Magistrats eine Strafe auf <fte Fällung des Baumes gesetzt
worden-ist. Auch in den Wäldern am Amazonenstrome, wie in Cayenne, erscheint dieser Baum
häufig, und die Indianer benützen das Oel zur Bereitung ihrer Schminke mit UruCu-Roth. —
Eine Palme (Oenocarpus distichus, Mart. Palm. t. 22. 23.) liefert die vierte Art von Oel. Dieses
ist klar, fast ohne Geruch und Farbe, und für die Küche geeignet, wenn es mit Sorgfalt
aus den gekochten Früchten ausgepresst worden. Der Baum, im Lande B a cab a .de A z e ite
genannnt, kömmt überall in der Provinz in feuchten Gründen vor, besonders häufig aber im
Districte von Pastös Bons.
Tabacic wird erst in neuester Zeit, und zwar vorzüglich- in den südlichsten maritimen
Districten der Provinz, mit Aufmerksamkeit gebauet. Man säet den Tabacksaamen in schattigen
Plätzen an, und setzt die jungen Pflanzen in kräftigen, ziemlich trocknen, feinen Grund in vier
Spannen von einander entfernte, mit der Haue gemachte, Gruben. Dieses geschieht am Ende
der Regenzeit, in den Monaten-Julius und August, damit die Feuchtigkeit nicht das eigenthüm-
liche Princip von den Tabackblättem abwaschen könne. Die einzige Sorge des Pflanzers ist sodann
die Reinigung vom Unkraute und mehrmaliges Behacken des Bodens, um die Erde am
Grunde der Stengel zu erneuern. Man rechnet, dass vierundzwanzig Blätter ein Pfund Taback
geben. In trocknen Jahren soll dieses Erzeugniss hier eine ausgezeichnete Qualität erhalten,
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Curcuma, Ingwer. Unter dem anregenden Einflüsse der Compagnie war die Cultur der
Curcuma, (G e n g iv r e am a r e lla oder de d o u ra r , Curcuma longa, L.) und des Ingwers
(G e n g iv re b ranca oder am a r g o z a , Zingiber officinale, Rose.) eingeführt, und sosehr gefördert
worden, dass in den Jahren 1760 bis 1771 die beträchtliche Quantität von 21,084 Arrobas
war ausgeführt worden. Allmälig hat aber dieser Agriculturzweig fast gänzlich aufgehört, so
dass man nur hie und da, in den Gärten auf der Insel von Mararihdo und in den Pflanzungen
längs der Ribeira do Itapicurü, einzelne Pflanzen wahmimmt. Diese Gewächse pflanzen sich mit
grosser Leichtigkeit durch Wurzelbruten fort, welche man gegen Ende der Regenzeit reihenweise
in feuchten fruchtbaren Grund legt. Man kann den Ingwer schon nach vier Monaten, die
Curcume nach einem Jahre erndten.
Die geniessbaren Früchte, die entweder dem americanischen Continente eigenthümlich
sind, oder von den Ansiedlern aus Ostindien eingeführt wurden, zeichnen sich insgesammt durch
jene Grösse und jenen Reichthum an Zucker und an eigenthümlichen Stoffen aus, welche die Ioth-
rechte Sonne des Aequatorialklima hervorruft; und überdieses finden sich in den Urwäldern auch
dieser Provinz viele vortreffliche Gewächse wild, welche man in dem grössten Theile Brasiliens
selbst nur als Eigenthum der Provinz von Para kennet. Ich nenne davon: mehrere Arten von S a-
p u c a ja (Lecythis Sapucaya und grandißora, Aull.), den B a c o rf (Symphonia coccinea,L), aus
-dessenBeeren man eine vortreffliche Zuckerconserve bereitet, die Sap u tä (Lucuma mammosum,
Gärtn.), deren Pflaume ein sehr wohlschmeckendes Obst ist, P iq u i (Caryocar buturosus, L.),
deren Saamen, sowie die der S apu ca ja einen mandelartigen Kern einschliessen u. s. f. In den Gärten
nächst der Hai^ptstadt findet man auch den A b iu (Achras Caimito, R.P.), und den americanischen
Apricosenbaum (Mammea americana, L.). Beide sind wahrscheinlich aus Cayenne und Parä eingeführt
worden. — T au irx ist ein häufiger Baum (Couratari gujanensis, Aull.), dessen Rinde, wie
die der Betula papyracea,. im nördlichsten America, in grossen Streifen abgezogen werden tear,nj
und den Indianern zu vielerlei Dingen, unter Andern auch zu Zigarren, dienet. Copaivabalsam
wird in ziemlich bedeutender Quantität (und zwar hier vorzüglich von der Copaifera Jacquini,
D. C.) gesammelt. — Im Innern besitzt dieses Land einen grossen Reichthum an, besonders für
die Zwecke der Marine tauglichem, Bauholz; aber an den Küsten sind die Madeiras de ley bereits
selten geworden, weil bei den ersten Ansiedlungen rücksichtslos Alles niedergebrannt wurde.
Die Anordnungen, welche in der Provinz Minas Geraes bereits im Jahre 1736, wiewohl auch
dort fruchtlos, gemacht worden waren, um den.zwecklosen Zerstörungen der Wälder Einhaltzu
thun, wurden hier erst i. J. 1797 getroffen, da die Krone alle Hochwaldungen an der Seeküste
und an; den Flüssen in unmittelbarer Nähe des Meeres für ihr Eigenthum erklärte; die Verkeilung
derselben in Sesmarias verbot, und die Zerstörung der sogenannten königlichen Holzarten
mit Strafen belegte. Man nennt hier als vorzüglich zweckmässig dieselben Arten von Bauholz,
wie in Bahia (vergl. S. 658.) und ausserdem die P a r ie ü , Gu am an d y, C a r v a lh o , Cama-
pa rü, Marcos G o n s a lv e z , deren botanische Bestimmung künftigen Reisenden empfohlen zu
werden verdient.