Leprosenhauses (Quinta dos Lazarentos'), nicht weit von Tapagipe.
Es ist keinem Zweifel unterworfen, dass alle diese Arten von Gewürz in
Brasilien nicht einheimisch, sondern unter den P h il ip p en und Johann IV.
aus Ostindien dahin eingeführt worden sind.
Ueber den Bau des Zuckerrohrs glaube ich das Wichtigste in Kürze
sagen zu müssen, so wie dies über den Kaffe bei Rio de Janeiro geschehen
ist. Bekanntlich wird das Zuckerrohr (Canna de Assusar, Sac-
chorixm officinarum, L .) durch Stecklinge fortgepflanzt, die meistens
wagerecht, seltner auch senkrecht oder paarweise nach oben convergi-
rend in den Grund gebracht werden. Die erstere Methode ist hier bei
weitem häufiger. Die wagerechten Stecklinge werden von zwei bis drei
Fuss Länge genommen, und so gelegt, dass sie sich mit den Enden
berühren; die senkrechten sind gemeiniglich eine Spanne oder einen Fuss
lang. In hügelichtem und etwas trocknerem Lande pflegt man diese Ableger
im Monate März, während der letzten Regen, zu legen; in feuchterem
Wiesengrunde dagegen im Monate August und September. Schon
nach, vierzehn Tagen beginnen die Ableger aus den Knoten auszutreiben,
und binnen Jahresfrist wachsen sie zu vollkommnen Rohren aus, welche
entweder dann, oder später, in einem Alter von achtzehn bis zwanzig
Monaten, geschnitten werden können. Bei noch höherem Alter verlieren
sie den Saft, oder werden sauer. Man lässt aber auch die Canna selten
älter, als ein Jahr werden, und pflegt als einen Vorzug des hiesigen
Landes, vor den westindischen Colonien, zu rühmen, dass die Rohre in
einem Jahre vollkommen ausreifen (näo passäo de dous IMargos). Es
wird daher in den Engenhos Rohr von verschiedenem Alter verarbeitet,
je nachdem die Zeit der Pflanzung, die Beschäftigung der Mühle und die
Oertlichkeit es mit sich bringt. Ein zweckmässig angelegtes Zuckerfeld
dauert hier, in günstigen Lagen, wie im Massape, besonders wenn es
in der Dürre bewässert werden kann, und keinen anhaltenden Ueber-
schwemmungen ausgesetzt ist, viele Jahre, indem sich aus den vorhandenen
Knoten alljährlich neue Triebe entwickeln. In diesem Falle werden
nur die sich ergebenden Lücken mit neuem Zuckerrohre belegt. Doch
pflegen die Pflanzer in manchen Engenhos nach einigen Jahren neue
Stecklinge zu nehmen ; diese werden nicht so, wie es in den Antillen
gewöhnlich ist, aus dem saftloseren, noch mit Blättern besetzten Ende des
Halmes (Tète), sondern aus der Mitte desselben geschnitten. Die Tiefe,
in welcher man die Stecklinge mit Erde bedeckt, hängt von der Oertlichkeit
und der Zeit ab; in trocknerem Boden, und wenn die trockne Jahreszeit
näher bevorsteht, legt man sie tiefer. Man pflanzt in Bahia vorzugsweise
die kleinere, zuerst eingeführte Varietät, welche, weil sie aus
den portugiesischen Colonien in Ostindien und Madeira übersiedelt worden
ist, Canna da T e r ra , Canna creola genannt wird; gegen die4 sogenannte
Canna de Cajenna, welche aus der Südsee stammt, und auf den
Antillen Canne de Taiti, oder de Bourbon heisst, ist man auch hier eben
so eingenommen, wie am Rio de S. Francisco, und vorzüglich behaupten
die Zuckerfabrikanten, dass der Zucker aus ihrer Guarapa schwierig darzustellen
sey, und eine bei weitem grössere Neigung zum Zerfliessen habe,
und daher sich zur Ausfuhr als Rohzucker weniger eigne. ( 6 .) Uebri-
gens hört der Fremde in vielen Engenhos Klagen über das grosse Be-
triebscapital, welches zu der Führung einer Zuckerfabrik nöthig sey, und
über die geringe Rente, welche es, erst nach zwei bis drei Jahren umgelegt,
abwirft. Die Zunahme der Zuckerproduction in der englischen Gujane, den
kleinen Antillen und in Africa, wohin sonst Zucker von Bahia versendet
wurde, verringert den Markt und den Werth der hiesigen Zucker. Aus
diesen Gründen haben neuerlich viele Senhores de Engenhos ihre disponiblen
Capitalien in den Handel gegeben; wo sie einen schnelleren Umschwung
erwarten; andere haben sich veranlasst gesehen, den Aufwand
zu beschränken, mit welchem sie von Zeit zu Zeit in der Stadt erschienen.
Kömmt aber ein Gast in die Engenhos des Reconcavo, so findet
er überall solide Bequemlichkeit in den ausgedehnten Wühnungen, und
den Ausdruck von Wohlhabenheit in der Lebensweise und in der Zahl
der Dienerschaft. E r darf einer offenen Gastfreundschaft gewiss seyn ;
namentlich hatten wir als Naturforscher uns oft eines recht freundlichen
Empfanges zu erfreuen, da man hie und da durch die naturhistorischen
Bemühungen des Senhor A n ton io G om e s , eines Correspondenten unseres
gelehrten Landsmannes, des Hrn. Grafen von H offm ansegg, auf den Reichthum
der Gegend aufmerksam gemacht worden war.
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