höchst reizenden .Landschaft vereinigen. Zahlreiche Rindviehheerden im
Schatten der dichten Kronen jenes, der Linde vergleichbaren, Baumes
hingestreckt, und unzählige Reiher, Taucher und Enten in den zerstreuten
Teichen, belebten die liebliche Gegend. Die Gebirgsformation ist hier
wiederum Granit. Am Abende schlugen w ir an einem bebuschten Teiche
unser Nachtquartier auf, neben dem Bivouacq eines Sclavenhändlers, welcher
vierzig junge, in Bahia gekaufte, Schwarze beiderlei Geschlechts nach
Aldeas Altas führte. Diese Rotte junger Aethiopier überlicss sich nach
Landesgebrauch hier auf freiem Felde der ausgelassensten Lustigkeit, welche
bei ihrem wollüstigen Tanze durch gegenseitiges Klatschen, Zischen,
Pfeifen und Singen bis zu einer bacchantischen Wuth erhöht wurde. Erst
spät in der Nacht ward es um uns her ruhig, und w ir lagen im tiefsten
Schlafe, als uns jener Sclavenhändler mit allen Zeichen peinlichster Unruhe
weckte. Es hatte nemlich fast die Hälfte seiner schwarzen Mannschaft
am Abende eine benachbarte Pflanzung von Mandioccawurzeln geplündert,
und war nach dem Genüsse dieser, im rohen Zustande giftigen,
Wurzeln, welche sie für die unschädliche Aypim gehalten hatte,
von allen Zufallen einer Vergiftung ergriffen worden. Ko.pfweh, Schwindel,
Zittern, .Brennen im Unterleibe und mit Krämpfen verbundene Vo-
mituritionen stellten sich fast bei allen Erkrankten mit grosser Heftigkeit
ein. Auf unseren Rath wendete der Sclavenhändler bei Einigen Brechmittel,
bei Andern Tabaksklystiere, grosse Gaben von Oel und von dem
ausgepressten Safte des Krautes der Mandioccapflanze an, welches, gewiss
ein seltner Fall in der Natur, das Gegenmittel gegen die verderbliche
Kraft der Wurzel enthält. Als die Sonne aufging', sahen w ir zwar
die grösste Verwirrung in dem Lager der Neger, und Viele stellten durch
aufgetriebenen Leib und Fieber noch einen bedeutenden Krankheitszustand
dar 5 doch wurde kein Einziger Opfer seiner Unvorsichtigkeit.
Bei der Fazenda Pogoes de Cima, in einem hügelichten, dichtbebuschten
Terrain, fanden w ir auf dem Gneisse Uebergangskalkstein gelagert.
Das Urgebirge, selbst von gelblichter oder blaulicht-grauer Farbe
und bisweilen Granaten eingesprengt enthaltend, hie und da mit Lagern
von Hornblendeschiefer wechselnd, streicht im Allgemeinen von O. n .W .
Weil w ir die Fazenda do Bom Jardim nicht erreichen konnten, brachten
w ir auch diese Nacht im Freien zu. Der Charakter dieser Gegend
schien uns vorzugsweise durch häufige Wäldchen der Carnaüva (Carnaü-
vaes) bestimrttt, und erinnerte an die Buritisaes in Minas Geraes. Auch
hier nimmt die Palme den niedrigsten sumpfigen Grund und die Ufer der
Bäche und Teiche ein, sie tritt aber nicht so majestätisch, wie die Buri-
tfpalme über die benachbarten Gebüsche und Bäume hervor, welche dichter
beisammen stehen, und vielmehr eine niedrige Waldung, als das
Taboleiro des Minenlandes darstellen. V o r der Fazenda do Bom Jardim
fanden w ir abermals die Formation eines feinkörnigen, kalkigen
Quadersandsteines, der zerstreute Hügelketten und einzelne höhere, massige
Berge von viereckigen Formen bildet, zwischen welchen sich der
Rio Caninde hinwindet. Dieser Fluss entspringt mit dem einen Aste in
der Serra Topa {na Topa), und mit dem andern in den Abhängen der
Serra dos dois Irmaos. Mehrere kleine, während der Dürre versiegende,
Bäche schlängeln sich zwischen grünenden Hügeln durch, deren bald
dicht belaubte, bald kahle weisse oder röthliche Abhänge eine, wenn auch
nicht grossartige, doch durch ihren vielartigen Wechsel anmuthige Landschaft
darstellen. Als ich einen dieser Bäche verfolgte, trat ich plötzlich
in eine freie Aussicht über ein weites sumpfiges Palmenthal heraus, welches,
mit dem Hintergründe der eigenthümlichen Sandsteingebirge, ein bezeichnendes
Bild von diesen Gegenden lieferte. (Vergl. die „Landschaft in
Piauhy“ im Atlas). Am i . Mai gelangten wir, nach mehrfachem Ueberse-
tzen über die mäandrischen Krümmungen des Rio Caninde, zu der Fazenda
Pogöes de baixo. Dies war die erste der drei und dreissig Fazendas
in Piauhy, die auf öffentliche Kosten verwaltet werden. Domingos
Affongo, aus Mafra bei Lissabon, hatte gegen das Ende des siebzehnten
Jahrhunderts eine grosse Menge Meierhöfe in allen Theilen der Provinz
Piauhy errichtet, nachdem ihm zahlreiche Streifzüge gegen die Indianer
Pimenteiras, Geicos und Acroäs die Tauglichkeit dieses ausgedehnten
Landstriches für die Viehzucht kennen gelehrt hatten. Nach seinem Tode
wurden die Jesuiten von Bahia Erben von dreissig seiner Güter, mit der
Bestimmung, den Erlös für mildthätige Zwecke und für die Gründung
neuer Meierhöfe zu verwenden. Nach Vertreibung der Jesuiten fiel die-
II. Theil. qq