Wanderung gezwungen*)« Wenn ich es. hier versucht habe, ein Bild von
der physischer! Beschaffenheit und dem Klima eines so ausgedehnten Landstriches
zu entwerfen, von welchem ich selbst nur einen kleinen Theil zu
sehen Gelegenheit hatte, so wird der Leser mit Recht Gewährsmänner
für diese Nachrichten fordern. Die Hauptquelle, aus welcher ich schöpfte,
waren die einfältigen Berichte mehrerer Vaqueiros, die Viehheerden aus
Piauhy nach der Hauptstadt vonPernambuco geführt, und also einen grossen
Theil dieses Gebiets durchwandert hatten. Nächst diesen benützte ich
die . Bemerkungen, | welche der Cap. M athias J oze’ d a S il v a P e r e ir a ,
Architect in Oeiras, mittheilte, ein Mann, der sich durch viele Preisen in
alle Theile dieses Landes grosse Ortskenntniss erworben hatte.
Die Serra dos dois Irmaos selbst bestehet aus einem ungeschichteten,
gr obkörnichten, weisslichten Granite, dessen Glimmer gewöhnlich in
grossen silberweissenBlättern erscheint. Auf ihm liegen Lager von schwärzlichgrauem
und graulichblauem, oft sehr quarzreichem und äusserst hartem
Glimmerschiefer, bald von O. g. N. nachW. g. S ., bald von N. O. nach
S. W . streichend. Als w ir von dieser Wasserscheide in die Provinz Piauhy
fortschritten, fanden wir zwar in soferne unsere Erwartung unerfüllt,
als w ir hier eine verschiedenartige Vegetation zu finden geglaubt
hatten, doch schien Mehreres einen Wechsel der geognostiächen Verhälnis-
se vorzudeuten. An vielen Stellen bemerkten w ir eine feste, thonichte
Erde, oft von ziegelrother Farbe, als wenn sie gebrannt worden wäre,
und zugleich mit ihr, wie in Minas Geraes, Quarztrümmer, zwar nicht,
wie dort, von klarer Färbung, sondern vielmehr bläulichgrau, schwärzlich
und röthlich, und im Anbruche mürbe und löchericht. Der Führer
versicherte uns, dass solche Steine in Goyaz, wo man sie Batatas nenne,
für bestimmte Anzeichen von Gold gehalten würden, und dass auch hier
dieses Metall, wenn gleich in geringer Menge, schon ausgewaschen worden
sey. Im ferneren Verlaufe zeigten sich uns grosse Lager eines kalk-
*) Im Jahre 1792 begann in der Provinz Searä eine Dürre, die bis 1796 fortdauerte, afle
Hausthiere und viele Menschen aufrieb. Honig war lange Zeit das einzige Nahrungsmittel, und
Ursache mehrerer Epidemien, die Tausende hinwegrafffen. Sieben Pfarreien wanderten aus, so dass
auch nicht eine Person zurückblieb. Cazal, Gorogr. braz. II. S. 221.
ichten, helllilafarbigen Schieferthones, welcher gemeiniglich in der Quadersandsteinformation
vorzukommen pflegt. Hinter dem Joche von dois Irmaos
war uns ein anderer, zu derselben Kette gehöriger, in der Richtung
von O. nach W . sich erstreckender Berg erschienen, welchen wir
umgingen, um tiefer in die Catingas, zu der Fazenda Serrinha, herabzusteigen,
wo w ir unter einem grossen, dichtbelaubten Joäbaume unseren
Bivouacq aufschlugen, weil man uns im Hause nicht beherbergen konnte.
W i r hatten uns eben, in fröhlicher Gemüthsstimmung, dem Schlafe überlassen,
als uns das Brüllen des fernen Donners weckte. Mit Erstaunen fanden
w ir statt des im hellen Sternenglanze schimmernden. Firmamentes, das
uns zur Ruhe geleuchtet hatte, die schwärzeste Finsterniss üm uns ausgegossen.
Häufige Blitze Hessen uns eine heftige Bewegung in der Luft erkennen,
wenn sie von Zeit zu Zeit die Ränder der wildgejagten Wolken
erhellten, und auf einmal fiel der wüthendste Sturmwind auf die umgebende
Waldung nieder. Als sollte im Nu das dichte Gesträuch und das
Gehäge uralter Bäume ausgerissen werden, tobte der Orkan um uns her.
Die Erde schien unter uns zu beben; laut krachten die entwurzelten und
zerrissenen Stämme; das brausende Wülflen des Windes in dem Laube,
das ächzende Geschrei der Affen und flatternder Vögdschaaren, das Rauschen
des stromweise fallenden Regens, erfüllte uns Alle mit Entsetzen.
Ein gewaltigerWindstoss riss das Dach des benachbarten Hauses ab, und
w a r f es auf einen niedrigen Schoppen, der als Küche diente, und noch
Feuer enthielt; in einem Augenblicke loderte eine hohe Flamme auf,
und beleuchtete die grauenvolle Scene. W i r hatten an den Schutz unseres
Gepäckes gedacht, allein in der Verwirrung eines so plötzlichen
Aufruhrs der Elemente war Nichts zu thun; doch hatte diesmal der Zufall
selbst am besten für uns gesorgt, denn der gastliche Joäbaum, unter
dem w ir die Kisten aufgestellt hatten, war ebenfalls umgebrochen worden,
und hatte sie so dicht mit seiner Krone bedeckt, dass wir sie am Morgen
fast unversehrt hervorziehen konnten. Auf die Gesundheit unserer Diener
wirkte jedoch die heftige Erkältung durch den Regensehr nachtheilig, und das
kalte Fieber stellte sich wieder bei ihnen ein. Nördlich von Serrinha
erhebt sich, in der Hauptrichtung von O. nach W ., das Gebirg, die 7b-
pa genannt, terrassenförmig ansteigend, mit flachem Rücken, und aus ei