Dr i t t e s Kapi tel .
Reise von Oeiras über Cachias nach S. Luiz, der
Hauptstadt von Dlaranhao.
D i e gastfreien Bewohner von Oeiras hatten sich bemüht, uns ihre Theil-
nähme durch reiche Geschenke von Mundvorrath zu beurkunden, so dass
ein doppelt so grosser Trupp von Maulthieren nothwendig gewesen wäre,
um alle Vorräthe an frischem und gesalztem Fleische mitzuführen. Bei
dem grossen Reichthume des Landes von Rindvieh ist die Sitte erklärlich,
dem Reisenden einen schönen Ochsen vor die Thüre zu führen, und ihm
zu überlassen, viel oder wenig von dem dargebotenen Geschenke zu benützen.
W i r brachten die erste Nacht nur eine Legoa von- der Stadt,
auf der Höhe von Olho cCAgoa hin. Dieser B e rg, auf den eine steile,
schlechtgebahntc Strasse führt, soll in den, den Sandstein durchsetzenden,
Quarzgängen ziemlich viel Gold enthalten; die Einwohner haben jedoch
seit vielen Jahren jeden Versuchbau eingestellt. Auch alle übrigen Goldminen
in der Provinz, dié von abentheuemden Paulisten zur Zeit der
Eroberung dieses Landes aufgefunden worden waren, sind seitdem nicht
mehr betrieben worden. Uebrigens dürfte vielleicht die Aèhnlichkeit der
Pflanzenformen mit denen von Minas Geraës allerdings darauf hindeuten,
dass auch in diesen Gegenden das geschätzte Metall, wenn schon inf viel
geringeren Verhältnissen, vorhanden sey. Am 12. Mai setzten w ir bei
Jnhizma, sieben Legoas von Oeiras, über den Rio Canindê, der auch hier
noch unbedeutend ist. Die Gegend hat denselben Charakter, wie bisher,
jedoch werden Teiche in den Niederungen immer häufiger, und neben der
Carnaüvapalme treten die Buritfs und die Uricurfs (Mauritia flex u o sa , L .
und Attalea compta, in weit ausgedehnte Wälder zusammen, wodurch
die Landschaft bisweilen einen eben . so eigentümlichen als majestätischen
Ausdruck erhält. So fanden wir vorzüglich die Gegend zwischen
den königlichen Fazendas Gamelleira und Mocambo, wo terrassenförmige
Sandsteinberge, mehr oder weniger cubisch, steil sich erhebend
und oben in breite Hochebenen ausgeflächt, weite Thäler beherrschen,
deren graues Grün gegen die rothe Färbung des Gesteines auf das
frappanteste absticht. Auf diesem Weg e ward es mehr und mehr deutlich,
wie der obere, höher liegende Theil \<m P ia uh y sich durch die Vegetation
des Ulimoso von \Jnter-P iauhy unterscheidet, in welchem überall
die Vegetation des A g r es te herrscht. W i r umgingen links die isolirte
Serra de Mocambo, und zogen durch mehrere Niederungen und Abhänge
dieses Berges, wo w ir krystallhelle Bäche durchwaten, und uns öfter
mit Mühe auf den versumpften Wegen durch frische Wälder Bahn machen
mussten. Auf dem Sandsteine erschienen nicht selten grosse Fünd-
linge von sehr schönen Festungsachaten. Nicht immer trafen w ir gegen
Abend auf einen Meierhof, so dass w ir gezwungen wurden, unter freiem
Himmel ,zu übernachten. Da es seit vierzehn Tagen fast jeden Abend oder
noch spät, vor Mitternacht, gewitterte, so wurde unsere fieberhafte Disposition
durch die häufigen Erkältungen des Regens mehr und mehr gesteigert.
Am i 5. Mai überstiegen w ir das Sandsteingebirge, die Serra
de S. Gongalo, die sich etwa vierhundert Fuss erhebt; jenseits derselben
fanden w ir das kleine Arrayal gleiches Namens, ein Quadrat von niedrigen
Lehmhütten um eine baufällige Capelle,: den Wohnsitz einer Colonie
von Indianern. Vo r fünfzig Jahren, unter dem Gouvernement von Joäo
P ereira Caldas, hatte der Grossvater des Capitäo Mör von Oeiras, Joäo
do R ego Castello B ranco, mehrere Stämme bekriegt, welche damals in
den westlichsten Gegenden der Provinz den einzelnen Ansiedlern durch
häufige Ueberfalle * gefährlich geworden waren. Die Besiegten, welche
man wegzuführen vermochte, fünfzehnhundert an dex*Zahl, waren, nach der
allgemein üblichen Sitte, entfernt von ihrer Heimath in Dörfer (Aldeas)
vereinigt worden. Die Geicös erhielten als Aufenthaltsort die Freguezia