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ausübte, dass w ir es im ersten Sehrecken ins Wasser zurückfliehen Hessen.
Der n . Mai brachte uns nach «S. M ig ue l, einem sehr ausgedehnten
Pfarrorte, dessen.Einwohner, meistens farbige Leute, und darunter
etwa dreihundert Indianer von den Stämmen Tupajaros und Cahy-Cahys,
sich durch Fischfang und Schiffahrt nähren. Diese Indianer, zum Theil
selbst vermischt, sind die letzten Reste ihrer Stämme; sie sprechen bereits
nur die Lingua Geral und noch geläufiger portugiesisch. Ihre V e r einigung
und Colonisation unter einem Geistlichen ist W e rk der Jesuiten.
W i r mussten hier die Ebbe erwarten, und setzten deshalb die Reise erst
nach Mitternacht fort. Einige Stunden Fahrt brachten uns nach P a i Si-
mao, einer aus zerstreuten Häusern bestehenden Ortschaft, wo ein Theil
unserer Schiffsladung, wegen zu seichter Stellen im Fahrwasser, abgenommen
wurde. In der Nähe des Waarenhauses, worein man die überflüssigen
Baumwollensäcke niederlegte, besitzt das Kloster der beschuhten
Carmelitaner von Maranhäo einen grosseh Hof, . Fazenda do Carmo
oder Ollaria, worin neunzig Sclaven grösstentheils mit der Verfertigung
von Töpferarbeiten beschäftigt sind. Der in der Nähe vorfindliche sehr
feine graue Thon wird in drei Oefen zu Hohlziegeln, - Backsteinen und
irdenem Geschirre, vorzüglich aber zu grossen runden Töpfen und Schüsseln,
verarbeitet. Man glasirt diese Geschirre nicht, sondern begnügt sich, ihnen
durch das Bestreichen mit Wasser, worin ein ockerhaltiger Thon
abgerieben worden, eine rothe Farbe mitzutheilen. Obgleich das Material
dem des Töpfergeschirres von Rio de Janeiro gleichkömmt, werden
dennoch die kleineren runden Wassertöpfe mit zwei Mündungen von dort
her nach Maranhäo eingeführt. Ausser diesen, sehr einträglichen Erzeugnissen
der Töpferei, bauet man im Hofe etwas Baumwolle, und erziehet
einiges Rindvieh, beides nur für den Bedarf des Hauses. Die Fazenda
wird von einem Klostergeistlichen verwaltet, der naeh drei Jahren von
einem Collegen abgelöst wird. Sie ist nicht das einziges Besitzthum jenes
reichen Klosters, denn eine andere Fazend«^, am Rio, Mearim, mit gleicher
Anzahl von.Sclaven versehen, liefert ihm vorzugsweise das Schlachtvieh,
und bauet Zucker. Ueberdieses haben die Carmeliten, gegenübervon
der Stadt Maranhäo, ein Hospicio de N . S. do Bom Fim, das zwar unabhängig
vom Kloster, aber unter der Oberaufsicht des V igario Provincial
steht, welcher auch für die Carmeliteri in der Provinz Para, die oberste,
vom Provincialen zu Lissabon eingesetzte, Behörde ist. Dem Orden
der Religiösen vom Berge Carmel waren, nach der Vertreibung der Jesuiten,
in den beiden nördlichsten Provinzen Brasiliens viele der Geschäfte
übertragen worden, welche letztem vorher oblagen, und er stehet, wegen
der Thätigkeit, womit er , nach Kräften, dem Bekehrungsgeschäfte
der Indianer obliegt, in allgemeiner Achtung. Die Zahl der Fazendas längs
dem Fluss wird von hier an immer grösser; sie gehören zu dem Kirchspiele
Freguezia de N. S. do Rozario, gemeiniglich Itapicu.ru Grande
genannt, wo ein Commandant die Pässe der Reisenden untersucht. Die
Ufer des Flusses fangen von hier an, sich mit der eigenthümlichen Vegetation
des Mangue (Rhizophora Mangle, L .) zu bedecken, und die
Nähe des Oceans zu beurkunden. In dieser Gegend hatten die Portugiesen
i. J. 1620 am rechten Ufer des Flusses ein kleines Fort, Fortaleza
do Calvario oder da V e ra Cruz, errichtet, das bestimmt w a r , die feindlichen
Indianer von dieser Seite abzuhalten, seit geraumer Zeit jedoch
wieder in Trümmern liegt, Indem w ir , hier an’s Land getreten, nicht
ohne Interesse die siegreiche Gewalt des Pflanzenwuchses betrachteten,
der, gleichsam eifersüchtig, die letzten Spuren menschlicher Thätigkeit zu
zertrümmern oder zu bedecken strebt, war die.Mannschaft beschäftigt, das
hochbeladcne, schwerfällige Fahrzeug durch die Klippen zu geleiten, über
welche sich der Fluss, den Ruinen des Forts gegenüber, weithin verbreitet.
Diese Stelle ist die gefährlichste in der ganzen Schiffahrt desRio
Jtapicurü, und erfordert die grösste Sorgfalt. Gewöhnlich führen die Piloten
(Passadores), welche oberhalb am Ufer wohnen, die Fahrzeuge
während des Hochwassers durch die schmalen, wirbelnden Canäle, und
wagen es kaum, ganz kleinen Kähnen (Cascos) denselben W e g anzuweisen,
wenn die Felsenriffe, die sich etwa auf die Weite eines Flintenschusses
durch den Fluss erstrecken, bei der Ebbe von Wasser waren ent-
blösst worden. W i r waren so glücklich, die gefährliche Stelle (Cacho-
eira, d. h. den Fall) gerade im niedrigsten Wasserstande, um Mittag,
zu überwinden, und am Abend ankerten w ir bei Mangue A lto , zwischen
mehreren, mit dichter Manglewaldung bedeckten Inseln, gewisser-
maassen schon ausserhalb des Flusses, dessen Ausfluss.in den sumpfigen