und zeigte ihm auch, bei weiterem Ungestüm, den königlichen Reisepass;
der Fazendeiro antwortete jedoch ganz erbosst: der König gebietet
in seinem Hause und ich in dem meinigen; indessen waren die Neger-
sclaven mit Flinten in der Hand im Dickicht des Grases herbeigeschlichen,
und schienen nur des Winkes ihres Herrn gewärtig, um auf den Fremden
abzuschiessen. In dieser gefährlichen Umgebung galt schleuniger
Entschluss und Muth; der Reisende Hess in der Stille Kugeln in die Flintenläufe
fallen, und trat hierauf, da nun alles gütliche Vertheidigen nichts
half, seinem Feinde mit gespanntem Gewehre entgegen, worauf dieser
sammt seinen bewaffneten Sclaven schleunigst die Flucht ergriff; ein treffendes
Beispiel von der Poltronerie der Mulatten, und der Herrschaft eines
Europäers über viele Neger und Mulatten.
Von unserm Standquartiere lag die V illa do Principe noch acht
Legoas entfernt. Der W e g führt immer noch durch Bergschluchten,
Wildniss und unfruchtbare Strecken von Farrenkräutern, über Onga,
Bom successo und Taparoca nach dem Arraial Tapanhoacanga, einer
Ortschaft von tausend Einwohnern, welche Gold waschen. Nach der
Fazenda der Donna Roza gewann die Gegend, bei der Fazenda Rio do
P e ix e , eine gefälligere Ansicht von Wiesenfluren.
Villa do Pr inc ip e, der Hauptort der Comarca do Serro F r io ,
liegt 3200 Fuss hoch, zwei und dreissig Legoas von V illa R ica 3 acht
und zwanzig von Sahara, neun von Tejuco und einhundert und sechs
von Rio de Janeiro entfernt, auf einem langgestreckten Hügel, in einem
von höheren grasigen Bergen gebildeten Kessel. Die Strassen sind hüg-
licht, krumm, und schlecht gepflastert, die Häuser klein und ärmlich.
Zur Zeit unserer Anwesenheit war man eben mit dem Baue einer neuen
Kirche beschäftigt. Die Zahl der Einwohner hat seit mehreren Decennien
mit dem geringeren Ertrage der Goldminen immer mehr abgenommen,
so dass man gegenwärtig nur zw e i' tausend Einwohner zählt, und in
diesem ehemaligen Lande des Reichthums überall nur Spuren von Dürftigkeit
antrifft. W i r wurden von dem hier residirenden Ouvidor, einem
gebildeten Manne, und dem Pfarrer aufs freundschaftlichste empfangen.
Letzterer nahm uns in sein Haus auf, dessen Inneres mit französischen
und englischen Kupferstichen geziert w a r, und ihn zu unserer Freude als
einen Kunstfreund offenbarte. Sein Pfarramt erstreckt sich über den
grössten Theil der Comarca, namentlich auch über den Diamantendistrict,
zählt 28,000 Seelen, und wird durch ihn und einige von ihm besoldete
Coadjutoren versehen. Der Ouvidor ist zugleich Intendant der Goldschmelze,
welche an seine Amtswohnung angebaut, im Vergleiche mit
jener von Villa Rica sehr unbedeutend ist, und nur einen einzigen
Schmelzofen, ein Zimmer zum Wiegen und Probiren der Barren, und
ein anderes zum Stempeln und zur Abscheidung des königlichen Fünftheiles
enthält. Das im Diamantendistricte aufgefundene Gold muss ebenfalls
hier ausgeschmolzen werden. Die Summe des in den letzteren
Jahren gewonnenen Goldes beläuft sich im Durchschnitte jährlich nicht über
zwanzig bis vier und zwanzig Contos de Reis (gegen fünf und siebzig tausend
Gulden). Das hier aufgefundene Metall ist von besonderer Reinheit, gewöhnlich
von zwei und zwanzig bis drei und zwanzig drei Viertel Karat und
von schöner Farbe. In dem rothen Letten, welcher die herrschende Formation
des Quarzschiefers in grossen Strecken deckt, hat man früher einige grosse
Massen gediegenen Goldes bis zur Schwere von mehreren Pfunden gefunden,
und auch jetzt bemerkt man besonders viele Goldkrystalle darin.
Ehemals soll man bei dem Goldwäschen auch Diamanten entdeckt haben.
Leider fehlt aber zur Bearbeitung der meisten Lavras hinreichendes
Wasser, welches selbst in der Nähe des Fleckens auf der Anhöhe durch
einige' künstliche Gräben gesammelt wird. Man .nahm uns hier als Aerzte
•sehr in Anspruch, und w ir mussten eine Menge Kranker besichtigen,
welche besonders an chronischen Brustübeln, an W assersucht u. s. w . litten.
Da ein ausdrücklicher königlicher Befehl den Eintritt in den Diamantendistrict,
welcher vier bis fünf Legoas vón hier beginnt, nur dann
gestattet, wenn dér Generalintendant desselben den Grenzposten durch
einen schriftlichen Vorweiss ermächtigt, so hatte der Ouvidor die Gefälligkeit,
einen eigenen Amtsboten {Pedestre) mit unserm Gesuche und
dem Beischlusse der königlichenErlaubniss von hier nach Tejuco abzusenden.
W i r verfolgten indessen den W e g , in der Richtung von N. W .,
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