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worin man sich frfiherhin fast ausschliesslich mit Viehzucht beschäftigte,
wird gegenwärtig viel Baumwolle erzeuget. Der Strom kömmt mit ziemlich
schnellem Laufe, doch ohne Wasserfalle, aus dem südwestlichsten Theile
der Provinz J’iauhy herab. meistens durch ein niedriges, sumpfiges, mit
Urwäldern und dichtem Gebüsche, oder mit Hainen der Carnaüva- und der
Buritipaime bedecktes Land. Er ist den Brasilianern nur bis zur Einmündung
des Rio das Balsas genau bekannt, indem die oberen Gegenden
fast ohne alle Ansiedlungen, und nur von nomadischen Indianerhorden vom
Stamme der Acroäs und Gogues bewohnt sind. Aufwärts wird er mit
Hähnen, abwärts vorzüglich mit Flössen (Balsas) aus den Stämmen der
Buritipaime beschult. Sein Bette ist regelmässig , und der Schiffahrt für
Fahrzeuge, die drei- bis fünfhundert Centner geladen haben, günstig. Den
Hqi-iptüftndfil auf demselben, mit Rindshäuten, Leder, gesalzenem Fleische,
Taback und Baumwolle, treibt die, vier Stunden von seiner Mündung ins
Meer gelegene, Villa de S. Joäo do Parnahyba, der einzige" Seehafen
der Provinz P ia u h y , ein Platz, der noch .grössere Wichtigkeit für den
Handel erhalten würde, wenn er einen bessern HaiHi besässü. Der Strom
ergiesst sich aber mit sechs Mündungen, ins Meer, und bildet ein sehr
ungleiches, zwei bis vier Faden tiefes Fahiwasser, in dem selbst Sumacas
und andere kleine Fahrzeuge nur bei Hochwasser bis zur Villa gelangen
können.
Die Passage des B ioP am a hy b a ist hier, wie zu Joäzeiro, vonder
Regierung verpachtet Man zahlt nur eine geringe Summe, und das Gepä-
cke des Reisenden, welches auf einer Fähre über den Strom gesetzt wird,
unterliegt keiner Verzollung. Auf dem nördlichen Ufer angelangt, befanden
w ir uns in der Provinz Maranhäo, aber erst sechs Legoas weiter, in der
Fazenda Sacuriuh, trafen w ir eine amtliche Behörde in der Person des
Commandanten, der uns, gerührt von unserer Hülflosigkeit, auf das menschenfreundlichste
pflegte. Doch hätte sein guter Wille meinem Gefährten
fast zum Verderben gereicht. E r empfahl nämlich zur Linderung der
Schmerzen, welche ihm durch die Entzündung der Beulen verursacht
wurden, eine Salbe, die, in einem Zustande von halbem Bewusstseyn,
sorglos angewendet wurde. Gegen Mittag verliessen w ir das gastfreie
Haus, und setzten die Reise bis zu einem offenen Schoppen, Perdido,
drei Legoas weiter fort, von wo aus die gemietheten Sclaven am andern
Tage zurückkehren sollten« Der Abend dunkelte, als wir hier ankamen,
und wir hatten eben unsere Netze aufgehängt, als ein furchtbares Ungewitter
losbrach. Der Regen drang in Strömen durch das leichte Blätterdach,
' der Sturmwind bliess unsere Feuer aus, und schien das morsche
Gebälke über uns zusammenwerfen zu wollen. Ich hing apathisch in meinem
durchnässten Lager, als gegen Mitternacht der französische Diener, die
einzige treue Hülfe in dieser schauervollen Nacht, mich mit dem . Angstruf
zu mir selbst brachte, es schiene ihm, als sey Dr. Spix im Sterben.
Als ich voll Entsetzen zu seinem Lager wankte, fand ich ihn von tödtli-
cher Blässe umzogen, bewegungslos, mit harten Stellen auf der Haut,
und von fürchterlichen Krämpfen im Unterleibe ergriffen. Auf einmal
wurde es mir klar, er sey durch den übermässigen Gebrauch einer Bleisalbe
vergiftet! Hier galt es schleunige Hülfe; aber wo sie finden in dieser Einöde,
während um uns die empörten Elemente im höchsten Aufruhr wüthe-
ten ? — Doch die Noth ist erfinderisch ; einige Neger wurden in die nächste
Fazenda zurückgesendet, um eine Badwanne zu hohlen; ich pülverte eine
Menge Schwefel, welche zur Erstickung von Insecten bestimmt, noch von
Rio her mitgeführt wurde, und gab das Pulver mit grossen Gaben von
Opiumtinctur ein. Durch dieses Mittel und durch anhaltendes Reiben mit
erwärmten Tüchern gelang es , den Freund zum Bewusstseyn zu bringen,
und, als gegen Morgen warme Waschungen vorgenommen werden konnten,
hatte ich die unaussprechliche Freude, , die inneren Krämpfe schwinden,
und die Krankheit auf der Haut wieder hergestellt zu sehen» W i r
waren hier neun Legoas von der t^illa de Cachias entfernt, aber, da
keine Sclaven für den Transport des Schwererkrankten zu erhalten waren,
ohne Mittel dahin zu kommen. Es blieb also nichts übrig * als voraus
zu eilen, um von dort Hülfe zu hohlen. Mit schwerem Herzen versprach
ich dem Freunde, bald Wieder zu kommen, liess mich, doppelt entkräftet
von den Anstrengungen der vorigen Nacht,, auf das Pferd heben, und
eilte die einsame Strasse fürder. Unter den Strahlen der tropischen Sonne
von innerer Fieberglut verzehrt, ritt ich erst durch weitläuftige Palmenwälder,
die jetzt voll Wasser standen , dann über mehrere bebuschte
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