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nem weissen oder blassröthlichen kalkichten Quadersandstein bestehend.
W i r Hessen diesen anmuthigen Bergrücken zur Rechten, und betraten
eine weite Hochebene, deren Vegetation, aus dem dichten Catingasgebüsche
sich allmälig zu freien Fluren umgestaltend, einen höchst reizenden
Charakter hatte. Feine Gräser und die Blumen der Vegetation des JMi-
moso überziehen den aus weissem Sande bestehenden Boden, und man-
nichfach gruppirte Gebüsche von Cactus, von Acacien, Mimosen, Bauhi-
nien und Combreten gestalten die Gegend in einen wahren englischen Garten
um, den wir, erquickt von dem Abentheuer der Nacht, in heiterer Ge-
müthsstimmung durchzogen.
Die Fazenda da Serra Branca, anmuthig an dem Abhange de3
gleichnamigen Berges gelegen, hatte uns gastfreundlich aufgenömmen, und
die Bewohner, Leute von liebenswürdiger Gutmüthigkeit und schlichter
Sitteneinfalt, wurden nicht müde, die Fremdlinge über ihre Heimath zu
befragen, von der sie die seltsamsten Vorstellungen hegten. Am andern
Morgen half der Hausherr die Maulthiere beladen; als wir. aber bereit
waren, aufzubrechen, vermissten w ir den Arieiro M ig u e l , dessen Abwesenheit
früher nich^ bemerkt worden war. Nach langem Suchen fanden
w ir ihn zunächst der Fazenda unter einem Baume liegend, in einem apathischen
und halb verwirrten Zustande. Auf die Frage, vwas dieses bedeute,
war die Antwort, dass er glaube, während des Aufsuchens der Lastthiere
im hohen Grase von einer Schlange gestochen worden zu seyn. Zu unseren
Schrecken bemerkten w ir auf jeder Seite der grossen Zehe eine
schmale Wunde, welche nach Ausdehnung und Abstand allerdings von
einer Giftschlange herzurühren schien. Augenblicklich reichten w ir grosse
Gaben von Eeau de Luce, einer Verbindung von Aetzammonium mit, in
Kalitinctur aufgelöstem, Bernsteinöle; w ir scarificirten die Wunden, brannten
sie mit Schiespulver und dann mit einem glühenden Drahte aus, und
thaten Alles, um den Leidenden über seinen Zustand zu beruhigen. Die
Zehe war wenig geschwollen, der Puls war ungewöhnlich heftig und
voll; die Augen halb geschlossen und mit Blut unterlaufen, waren unbe-
wegUch, die Stimme war zitternd und schwach; der Kranke klagte über
schmerzhaftes Ziehen in den Gliedern, Schwindel und Rückenweh, und
war im höchsten Grade muthlos. E r schien vom Vorgefühl des Todes
ergriffen, . indem er sich ungeme den, ärztlichen Bemühungen hingab, und
nichts weiter wünschte, als Ruhe. Nach allen Erscheinungen war der
Unglückliche schon einige Stunden früher gebissen worden, und die furchtbaren
Wirkungen des Giftes hatten bereits die Wurzel des Lebens in
dem colossalen und kräftigen Körper erreicht. Dem Rathe der Fazendei-
ros und seinem eigenen Wunsche gemäss, beschlossen wir den Kranken
hier zurückzufsssen, weil das Abwarten seiner vollkommenen Wiederherstellung,
wozu man hier zu Lande vierzig Tage nöthig erachtet, mit un-
sern Reiseplänen unverträglich war. W i r sendeten nach einem Curadei-
ro , hinterliessen die nöthigen Arzneimittel und Regeln der Behandlung,
und empfahlen den Unglücklichen der Menschenliebe des theilnehmenden
Fazendeiro. Leider aber waren alle diese Maasregeln fruchtlos, denn einige
Tage später erhielten w ir die Nachricht von einem, dieselbe Strasse
ziehenden Tropeiro, dass der Unglückliche noch an dem nemlichen Tage
gestorben sey. Dieser traurige Vorfall hatte wahrscheinlich das Gerücht
verursacht, dass Einer von uns selbst ein Opfer geworden wä re, welches
sich in kurzer Zeit nach Bahia und Minas verbreitete, und uns zu Ma-
ranhäo, in zahlreichen Briefen, manchen rührenden Beweis freundschaftlicher
Theilnahme verschaffte.
Nördlich von Serra Branca schien sich allmälig der Charakter
der Vegetation zu verändern, und aus dem lUimoso in das sogenannte
A g r es te umzubilden. W i r zogen durch schöne, frische Wiesen {J^are-
d a s )w e lc h e da, wo sich das Terrain erhebt, noch mit Catingaswäldung
wechselten. Die Fazenda Cachoeira, welche w ir passirten, bot uns den
Anblick einer sehr ausgedehnten Rindviehzucht. Mehrere hundert Kühe
und Kälber wurden so eben aus dem Curral getrieben. Das Gebirge ist
hiér Gneiss von weisser oder gelblichter Farbe, und auf demselben liegen
hie und da Schichten- eines schwärzlichten Hornblendeschiefers, welche bald
von W . nach O ., bald von W . g. N. nach O. g. S. streichen. Nördlich
von der Fazenda Cachoeira traten wir in die schönen Fluren, Cam-
pos de S. Isabella genannt, wo einzelne, weithinschattende Joäbäume,
Gruppen von Carnaüvapalmen und zerstreutes Buschwerk sich zu einer