damit anfüllen; überdies theilten w ir , dem Rathe der Einwohner gemäss,
den Trupp in zwei Abtheilungeii, damit die später ankommenden Last-
thiere neu angesammeltes Wasser in den fast versiegten' Quellen finden
möchten. Dr. S p ix ging mit dem grösseren Theile des Trupps voraus;
ich folgte erst nach Sonnenuntergang, indem ich bei Sternenlicht die Reise
fünf und eine halbe Legoa fortsetzte. Zwei Legoas nordwestlich von der
Fe ira de S. Anna fanden w ir das kleine A r ra y a l de S. Joze wegen
Wassermangels fast von allen Bewohnern verlassen, und eben so die folgenden
Fazendas: F ormigas, <S. Barbara und Gravatä, wo sich beide
Trupps wieder vereinigten. Nicht ohne Bangigkeit überliessen w ir uns
hier einiger Ruhe, denn es war zu fürchten, dass.wir bei Fortdauer
ähnlicher Dürre nur mit der Hälfte der Lästthiere das Ende dieser furchtbaren
Einöde erreichen würden. Das salzige Wasser, welches w ir in
den Cisternen von Gravatä (unreinen Gruben in dem Granitsande) fanden,
ward, mit Zuckerbroden versüsst, den Maulthieren in einer Kürbisschaale
ausgetheilt; die armen Thiere schienen aber unbefriedigt, und blieben, mit
gesenktem Kopfe umherschnöbernd, den Rest der Nacht über bei unsern
Wachtfeuern stehen. Am folgenden Tage wurde der Marsch sechs Legoas
weit fortgesetzt. Die Waldung, zwar gross entheils blattlos, aber
höher und dichter als bisher, und ganz den Catingas von Maracas ähnlich,
milderte durch den Schatten, welchen sie gewährte, einigermassen
die Qual der Hitze; Wasser jedoch,war nirgends zu finden. Mehrere Bewohner
begegneten uns, ängstlich beschäftigt, das Wasser aus der Höhlung
zwischen den Blättern der wilden Ananasstauden zusammen zu giessen.
Dies Wasser w a r , obgleich von Insecten und von Froschlaich verunreinigt,
dennoch ein Labsal für diese armseligen Sertanejos. ln der Fazenda
Umbäuva kauften w ir einen Krug Wassers um einen Gulden, allein,
unter die Equipage vertheilt, schien diese kleine Quantität den Durst nicht
zu löschen, sondern, nur unerträglicher zu machen. Unsere Leute gerie-
then in Erbitterung gegen die Einwohner, von denen sie behaupteten,
dass sie weder ihren Vorrath mittheilen, noch die Quellen und Cisternen
angeben wollten. In Genipapo, einem andern kleinen Meierhofe, drangen
sie, unserer Vorstellungen ungeachtet, in das Haus eines alten Mannes,
und bemächtigten sich eines Topfes mit Wasser, den er unter dem
Bette versteckt hatte. Vergeblich war seine Versicherung, dass er fast
blind sey, dass sein einziger Sohn das Wasser täglich drei Stunden weit
herbeihole, — unser Arieiro und seine Gehülfen leerten das Gefäss, ohne
zu achten, dass es von Würmern wimmelte. Doch schon am Abende
stellten sich die Folgen ihrer sträflichen Gewaltthat ein, indem sie insge-
sammt von einem heftigen Fieberanfalle ergriffen wurden. In der Fazenda
P a to s , wo w ir die Nacht zubrachten, fanden die Thiere eine kleine
Pfütze grünen Wassers, über welche sie mit Gier herfielen. Man vertröstete
uns, dass jetzt die grösste Noth überstanden sey, da in der. kleinen
Ortschaft Coite, sechs Legoas' von P o/os, eine reichliche Quelle aus
dem Felsen springe. Am Abende des Zf. Mai erreichten w ir diesen Ort
der Verheissung, aber wie gross war unser Schrecken, als w ir ihn besichtigt
hatten'. Eine Kluft in dem Granitfelsen war durch eine zwölf Fuss
tiefe Grube zugängig gemacht worden, und darin stand eine Person, um
das tropfenweise fallende Wasser in eine Cuja aufzufangen. Mehr als
dreissig Menschen waren um diesen Born der Wüste versammelt, W e iber
und Mädchen, um, wie es der anwesende Ortsrichter befahl, der
Ordnung nach zur Quelle hinabzusteigen,, und die Männer mit Flinten in
den Händen, um'die Ansprüche der Ihrigen nöthigen Falls mit gewaffne-
ter Hand geltend zu machen; Auf hinreichende Tränke für die ermatteten
Thiere war hier nicht zu rechnen, ja , als ich für die Menschen um
einen Labetrunk bat, war die trotzige Antwort: „hier giebt es nur Wasser
für uns, aber nicht für hergelaufene Engländer'.“ Ein abgedankter
Soldat verschaffte uns um Geld einige Pinten Wassers, und rieth, hoch
in dieser Nacht weiter zu reisen, theils weil er uns hier keine Sicherheit
geben könne, theils weil nordwestlich von CoiVe, und vielleicht nahe an
der Strasse, vor Kurzem ein Gewitter niedergegangen sey. W i r beschlossen
diesen Rath zu befolgen, denn obgleich mehrere Lästthiere bereits
den Dienst verweigerten, und überdies zwei unserer Leute von dem heftigsten
Fieber ergriffen waren, so schien uns doch, bei längerem V e r weilen,
ein allgemeineres Unglück zu bedrohen. In der Ungeduld der
Verzweiflung trieben w ir den Trupp vorwärts, und machten endlich bei
Cisterna, vier Legoas von Coite, um ein Uhr nach Mitternacht, Halt.
Menschen und Thiere waren von der ungeheueren Anstrengung eines so
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