heiten unterliegen, welche einen Theil ihrer unglücklichen Reisegefährten hinweggerafft haben;
Diese sind: Nervenfieber, Wechselfieber, Brustkrämpfe, blutige Rühren (Mal de Loanda), Entzündung,
Eiterung und Brand des Anus (Bicho do cü, Doenpa do bicho), oft eine Folge der
Nervenfieber, Masern (Sarampo), bisweilen auch die Blattern, chronische Leber- und Milzent-
zündung (Resiccacdo dos bofes), Blindheit, Würmer und die Vena medinensis. Syphilitische Beschwerden
und mancherlei Arten von chronischen und acuten Hautausschlägen kommen ebenfalls
oft vor. Den Blattern suchen vorsichtige Sclavenhändler durch dieVaccination vorzubeugen, welche
sie mit den ausgeschiiften Negern sogleich vornehmen lassen*). In Brasilien erscheinen
diese Uebel bald als Folge der bereits erduldeten Mühseligkeiten, bald verursacht durch Erkältungen,
veränderte Kost, und durch das Heimweh oder andere tiefe Betrübniss (Banzo) , wel-
clier diese Elenden bisweilen so sehr nachhängen, dass alle Hülfe dagegen vergeblich ist, und
sie gewöhnlich freiwillig ausgehungert dahinsterben. Ist der Sclave so glücklich, in dem Hafen
bald einen Herrn zu finden, so endigt sich die Reihe seiner Leiden, und oft in wenigen Monaten
hat er sich in dem neuen Vaterlande einheimisch gemacht. Fällt ihm aber das Loos zu,
von einem der Sclavenhändler gekauft zu werden, welche nach dem Innern handeln, so muss
er oft eine Reise von mehreren hundert Meilen zu Fuss zurücklegen, bis er zum letzten Male
verkauft wird. Auf diesem Marsche gehen übrigens die Sdaven imgefesselt, und man sucht für
ihre Bedeckung während der Nächte und für hinreichende Kost zu sorgen.
Ein Portugiese, mit welchem ich mich während.der Seereise von Pari nach Lissabon auf
demselben Schiffe befand, hatte mehrere Reisen nach Benguela und in dem Rio Zaire gemacht,
um Sdaven einzukaufen, und war im Stande, mir über diesen entehrenden Handel mehrere Notizen
mitzutheilen, welche ich hier um so eher einzuschalten für zweckmässig halte, als seit der
unglücklichen Expedition des Capitän Tuckey das Interesse der Geographen für jenen Theil von
Africa noch immer steigt, und einige von jenen zu dem Bilde beitragen, wdches wir uns, nach
den bisherigen. unvollkommenen Nachrichten, von dem Zustande jener Gegenden zu machen pflegen.
Die Neger, welche von der Mündung des Congo nach Brasilien geführt werden, kamen
früher aus dem Küstenlande Cacongo, nördlich von dem Flusse Congo, an die Küste (Praya)
von Cabinda, wo die portugiesischen Seeschiffe zu ankern pflegen. (Die Negros do Sohho, räuberische
hinterlistige Nomaden, welche auf dem südlichen Ufer des Flusses wohnen, sind in keinen
regelmässigen Handelsverkehr mit den Portugiesen getreten.) Gegenwärtig aber wird der grössere
Theil der Sdaven nicht mehr von dieser Küste, sondern aus dem Innern des Landes an
dem Rio Congo geholt, und zwar durch die Böte (Lauchas) der Negerschiffe selbst,, .welche in-,
zwischen in der Bai von Cabinda vor Anker bleiben. Diesen Ort zieht man der Bai ,von Loan-
go und der sogenannten Enseada do Galego, d. h. der grossen Bucht auf der südlichen Seite
der Mündung des Congo vor, um den Erfolg der Expeditionen abzuwarten. Während dieses Aufenthaltes
ist von der, an Bevölkerung armen Küste von Cabinda keine Zufuhr zu erhalten, weshalb
die Guineafahrer sich- in Voraus in den brasilianischen Häfen, oder, besonders wenn sie
von Rio de Janeiro kommen, in _S. Felipe de Benguela, zu verproviantiren pflegen. Die Mannschaft,
welche in den Lanchas nach dem Innern auf dem Zaire-Flusse (auch Aires nennen ihn
bisweilen die Portugiesen) abreisst, nimmt gewöhnlich auf mehrere Monate Proviant für sich
*) Die Vaccination ist in Bahia bereits mit Erfolg von der Regierung angeordnet. Im Jahre
1817 — 1818 wurden im Gouvernementspallaste 2,241 Personen geimpft. Der Impfstoff kömmt meistens
aus England.
und für die einzuhandelnden Sclaven mit. Bis zu dem äüsserslen Hafen am Zaire, wo die Portugiesen
Sdaven aufiiehmeh, brauchen diese kleinen Böte gewöhnlich einen Monat. Von dort
aus macht die Schiffsmannschaft bisweilen noch Ausflüge von mehreren Tagereisen landeinwärts,
um sich die nöthige Anzahl von Sclaven zu verschaffen. Sie kommen dann wohl bis zu dem
Prezidio de S. Salvador, wo der Oberfürst des Congolandes wohnt (Banza Congo), und eine
portugiesische Factorei besteht. Dieser Fürst ist ganz unabhängig von der Krone Portugal, aber
ein treuer Bundesgenosse derselben. (Er soll bei festlichen Gelegendeiten mit dem Crachat des
Christordens geziert erscheinen.) Die erhandelten Sclaven werden in kleinen Haufen, von acht
bis zwanzig, stromabwärts geführt, und zwar die Männer, von denen man einen Aufstand fürchtet,
in Eisen geschlagen. Da der Strom gegen seine Mündung hin oft sehr hoch geht, und die
Kähne, welche man von den Häuptlingen zu miethen pflegt, sehr schlecht, oft nur aus einem
einzigen Baume gezimmert sind, so” ist es nicht selten, dass die Mannschaft, bei irgend einem
ungünstigen Zufalle ertrinkt. Dieser Transport dauert so lange fort, bis das grosse Schiff auf
der Rhede von Cabinda eine den Wünschen des Unternehmers genügende Menge von Sclaven
aufgenommen hat. In diesem Lande ist Alles für den Sclavenhandel organisirt: der Oberfürst
(Rey de Congo), die Häuptlinge (Tschenüs) , die Vornehmen (Camadores), und die Handelsagenten
und Beamten derselben (Mafuccds) bewahren ihre Sclaven bis zur Ankunft eines Schiffes
auf, und schliessen dann mit ängstlicher Genauigkeit den Handel ab; jedes Stück der Gewebe (Peza
de Fazenda) , welche den Haupttauschartikel aüsmachen, wird mit Sorgfalt geprüft, jeder Dienst
rücksichtlich des Transportes und der Verproviantirung wird verkauft; jeder Hafen oder Station
wirft dem daselbst befehlenden Häuptlinge oder Mafucca bestimmte Ankergebühren ab, auf deren
Einziehung mit eben so eifersüchtiger Strenge gehalten wird, als auf die Erweisung herkömmlicher
Ehrenbezeugungen, z. B. Salutation mit Kanonenschüssen, für welche bei den portugiesischen
Guineafahrern eine éigene Ordnung bis zu eilf Schüssen besteht. Die ganze Bevölkerung
in der Nähe des. Stromes hat, durch den verjährten Verkehr mit Weissen verschiedener
Nationen, Leichtigkeit sich in europäischen Sprachen auszudrückeu erhalten; vorzüglich ist die portugiesische
Sprache sehr verbreitet. Eine fast affenartige Neigung, in allem Aeusserlichen den Europäer
nachzuahmen, erscheint, bei der innem Rohheit dieser Völker, dem Europäer höchst widerlich.
Statt der ehemals häufigen Missionen existirt jetzt nur noch eine zu S. Salvador. —- In S. Felipe de
Benguela und in Angola erhalten die Schiffe ihre Waare durchNegocianten (Commissarios), deren
jeder jährlich oft sechshundert bis tausend Köpfe verhandelt. Da die dortigen Sclaven oft schon längere
Zeit in den Trapiches zusammengesperrt, und mancherlei Mangel Preis gegeben, lebten, so sind sie
im Allgemeinen während der Ueberfahrt einer grösseren Sterblichkeit unterworfen. Uebrigens
ist S. Felipe de Benguela zwar ein äusserst fruchtbarer Hafen, welcher Ueberfluss an Gemüsen,
Bohnen und Hornvieh hat, allein die heisse und feuchte Lage der Stadt und die moderartigen
Ausdünstungen, welche von den benachbarten hohen Bergen herwehen, machen den Aufenthalt
daselbst äusserst gefährlich. Nur wenige Wochen reichen hin, um einen gesunden Europäer ein
bleigraues Ansehen zu geben; keine weisse Frau soll hier ein Kind aufgezogen haben, weil sie alle
entweder abortiren, oder schwächliche Kinder gebähren, welche in den ersten Monaten dahinsterben,
und selbst die in den östlich liegenden'{Hochländern wohnenden Sertanejos, welche den
Sclavenhandel treiben, meiden den Aufenthaltin dieser verpesteten und volkarmen Stadt. Von hier aus
sind die Reisen durch das Innere, wegen der Zajil der portugiesischenPrezidiosundFazendas, am leichtesten;
undvielleichtwärekeinWegsogeeignet, um Aufschlüsse über das räthselhafte Innere jenes Conti-
nentes zu erhalten. Es wäre daher zu wünschen, dass ihn ein muthiger Reisender einschlüge, wel