von 80 und mehr Fuss gleich dick, dann erst ihre gewaltige
Krone aushreiteten mit Aesten, die, nach europäischen Begriffen,
gewaltigen Stämmen an Dicke gleichkamen.
Unter dem Blätterdache dieses grossartigen Hochwaldes, in
dessen Kronen die Thiere meist vor einem gewöhnlichen Schrot-
schusse sicher sind, steht ein Hochwald zweiten Ranges«*!'ein
Wald im Walde! Dieser Letztere lässt sich etwa mit einem
mächtigen Eichwalde vergleichen. Auch diese Bäume wölben ihre
Kronen zusammen, doch sind dieselben, weil unaufhaltsam dem
Lichte zustrebend, nicht so massig und weniger abgerundet.
Einige dieser Bäume zweiten Ranges erinnern lebhaft an die
Rhizophoren, insofern ihr Stamm, statt direkt auf dem Boden,
auf einem bis über Mannshöhe sich erhebenden Gewirr von Wurzeln
steht oder, wenn er wirklich auf dem Boden ruht, bis auf jene
Höhe ringsum Luftwurzeln aussendet, um mehr Halt zu gewinnen.
Auch die Riesenbäume vermehren den Halt, den sie bereits in
den Wurzeln besitzen, durch nach Art einer T-Schiene gebildete
Strebepfeiler, die sich vom Boden aus, wo sie am weitesten
abstehen, den Stamm hinauf allgemach verjüngen, und deren
Zwischenräume tiefe Nischen bilden. Unter diesen Waldriesen
ist der Bombax oder W o llb aum (Eriodmdron anfractuosum)
schon von Weitem an seiner gewaltigen Dicke und an seiner
weissen, glatten Rinde kenntlich D- Er wird gerne zum Bau der
grossen Canoes verwandt, die wegen des weichen, schwammigen
Holzes zwar leicht anzufertigen, aber aus demselben Grunde nur
von kurzer Dauer sind. Die Wollbäume- werden bei vielen Neger-
dörfem einzelnstehend angetroffen, da die für Naturschönheiten
im Allgemeinen ziemlich gefühllosen Neger vor ihnen immerhin
einen gewissen Respekt zu haben scheinen und sie bei der
Ausrodung des Waldes stehen lassen.
Zwischen den Stämmen des Hochwaldes nun hat sich ein
undurchdringliches Gewirre von Unterholz entwickelt, durch-
schlungen und zusammengehalten von starken Lianen und
■) Junge Bäume dagegen sind mit einer solchen Menge von stacheligen
Auswüchsen bedeckt, dass man sie eher für alles Andere, als für Wollbäume
ansehen würde.
Rotangpalmen (Calamus secundiflorus?)1), die dem Menschen jede
freie Bewegung dort unmöglich machen. Alles wächst in wilder
Ordnungslosigkeit hier durcheinander, und nur selten ist ein
gerades Stämmchen zu finden, das für einen Flaggenstock oder
einen Bootsmast geeignet wäre. Nur mit dem Hackmesser in
der Hand ist man im Stande, sich durch solch ein Labyrinth
seinen Weg zu bahnen, doch lässt sich an den umgeknickten
Zweigen und den durch Abhacken eines Stücks Rinde kenntlich
gemachten Baumstämmen der Rückweg meist ziemlich leicht
finden.
Auch unter den niedrigeren Pflanzenarten trägt Alles den
Charakter fesselloser Ueppigkeit. Kräuter, die in unserm Klima
kaum die Länge einer Hand überschreiten, haben dort ihre
mannshohen Vertreter. Die Blätter erreichen oft eine für unser
Auge übernatürliche Grösse und prangen in den überraschendsten
Farbennüancen vom lichtesten Grün bis zu den dunkelsten
Schatten, wobei jedoch die dunkeln Farbentöne entschieden
das Uebergewicht haben. Vergeblich sucht das Auge nach dem
wohlthuenden Grün unserer Wiesen — überall stösst es auf
glänzende, wie lackirt aussehende, lederartige Blätter, die mit
wenigen Ausnahmen allein im Stande zu sein scheinen, den
heissen Strahlen der Tropensonne den nöthigen Widerstand
zu bieten.
Viele Pflanzen scheinen gänzlich von der-Luft, wieder andere
allein von Wasser leben zu können. Auf den in den wunderlichsten
Krümmungen verlaufenden Stämmen und Aesten hat
sich ein Heer von parasitischen Pflanzen, namentlich von zier-
') Diese nützliche Schlingpalme kann, bei der Dicke eines Handgelenkes,
eine Länge von über 100 M. erreichen, klettert in die höchsten Baumkronen
hinauf, windet sich guirlandenartig von Baum zu Baum und breitet, wenn
sie irgendwo Luft und Licht erreicht, ihre prachtvollen, bis an die Basis
befiederten Wedel aus. Sie blüht in der Trockenzeit und trägt gegen das
Ende derselben kolossale Eruchttrauben, die kleine, mennigrothe, beerenartige
Früchte haben. Oft bilden sich auch am Waldesboden ganze Dickichte
von Rotangpalmen (vielleicht eine besondere Art), unter denen sich gerne
wilde Schweine (ßws pemcillatus) aufhalten. Diese Dickichte sind aber wegen
der nadelscharfen Widerhaken, die unter dem gemeinschaftlichen Blattstiele
sich befinden, beinahe undurchdringlich.