prangte, hoch aufgehäuft und schön abgerundet, der duftende,
inländische Reis. Dieser war bedeckt mit einer dicken Schicht
von Palaversauce1), auf der, symmetrisch geordnet, Wildpret,
Schaf- und Ziegenfleisch und etwas Fisch lag. Auch einige Schüsseln
Dessert fehlten nicht, d. i. eine Art Pudding aus geriebenem
Reis und Mais, in zierliche Formen gepresst. Man muss überhaupt
den guten Geschmack bewundern, mit dem diese „Wilden ihre
Speisen zu garniren verstehen. Um jede Schüssel herum setzten
sich durchschnittlich 10 Personen, so dass also für über 400
Gäste der Tisch, oder, um nicht im Bilde zu sprechen, der
Erdboden gedeckt war. Löffel, Gabeln und Messer sind für diese
Leute entbehrlicher Luxus, denn jeder greift der Reihe nach
mit den Händen zu, und währenddem cirkulirt die hölzerne
Trinkschale mit Wasser. Dass dabei auch dem Palmwein und,
soweit die Mittel reichen, dem Branntwein fleissig zugesprochen
wird, braucht kaum erwähnt zu werden.
Gerne wären wir noch eine Weile bei diesem fröhlichen Yölkchen
geblieben, aber schwere Gewitterwolken packten sich im Osten
über dem Lake zusammen und kündeten einen Tornado an, wie
dies im Uebergang von der Regen- zur Trockenzeit nicht selten
vorkommt. Wir beeilten uns daher, den Schauplatz ungebundener
Fröhlichkeit zu verlassen und in unserm Segelboot nach
Robertsport zurückzukehren.
Obschon ich Alles aufbot und keine Anstrengung scheute, um
einmal eine ganze Chimpansenfamilie im Walde zu beobachten
oder wenigstens einen ganz alten Chimpansen zu sehen, so ist
mir dies doch während meines ersten Aufenthalts in Liberia me
gelungen. Alle die von den verschiedensten Stämmen der Emge-
bornen erhaltenen Aussagen aber stimmten dann überein, dass
ganz alte, männliche Chimpansen, die, nebenbei gesagt, mzoologischen
Sammlungen noch kaum bestehen, eine Grosse und Stärke
erreichen müssen, die kaum weit hinter derjenigen des Gorilla Zurückbleiben
dürfte. Einen neuen Grund zu dieser Annahme lieferte
mir eine Begegnung, die J ackson mit einer grossen Chimpansenfamilie
hatte, während ich zu Hause am Fieber darmederlag.
‘) Ein mit Palmöl gekochtes, spinatartiges Gemüse.
Ich habe schon früher gelegentlich erwähnt, dass die Chimpansen
ein ufostätes Wanderleben führen und fast ebenso schnell, wie
sie an einem Orte erscheinen, auch wieder verschwinden.
Gegen Ende November wurde in einer Nacht von den Bewohnern
von Robertsport in den Wäldern des Cape Mount Gebirges ein
fürchterliches Gebrüll gehört, so dass Jedermann glaubte, der
Feind habe die Wachen umgangen, den Cape Mount River überschritten
und sei nun von der Bergseite her im Anmarsche, um
die Ansiedlung im Rücken anzufallen. Die ganze Niederlassung
war dadurch in Allarm gerathen. Es stellte sich jedoch gleich
heraus, dass der vermeintliche Kriegslärm von einem Trupp
Chimpansen herrührte, den wahrscheinlich die herabgefallenen
Früchte der wilden Pflaumenbäume in den Wäldern des Gebirges
angelockt hatten. J ackson, der eine so .günstige Gelegenheit
nicht unbenutzt Vorbeigehen lassen konnte, begab sich in der
nächsten Nacht - auf den Anstand, doch vergebüch. Schon
wollte er, als er die ganze mondhelle Nacht hindurch gewartet
hatte, am Morgen nach Hause zurückkehren, als ein ganzer
Trupp Chimpansen zugleich angeschlichen kam und sich daran
machte, ganze Hände voll der massenhaft herumliegenden,
wilden Pflaumen zusammenzuballen und in das weitgeöflfnete
Maul zu schieben. „Ich suchte mir,” so erzählte mir J ackson
einige Stunden später, „den stämmigsten und behäbigsten von
allen aus und gab Feuer. Das Thier stürzte und blieb, auf den
Bauch hingestreckt, liegen, während die übrigen entsetzt davonliefen.
Hoch erfreut sprang ich von dem bug-a-bug pile (Termitenhaufen),
auf dem ich auf der Lauer gelegen hatte, herunter, um
den geschossenen Affen in Augenschein zu nehmen und dachte
gar nicht daran, mein Gewehr erst wieder zu laden. Wie mich
aber seine weggelaufenen Kameraden erblickten (sie hatten sich
nur auf kurzen Abstand entfernt und dann aus einem Versteck
zurückgesehen), kamen alle bis auf zwei kleine auf mich zu,
stellten sich vor mir auf die Hinterfüsse, fletschten mit den
Zähnen, schlugen mit geballten Fäusten auf die breite Brust
und stimmten ein so furchtbares Wuthgebrüll an, dass ich mein
Gewehr liegen liess und die Flucht ergriff. Sie wissen am besten,
dass mir nicht leicht bange wird; ist es ja nicht das erste Mal,
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