grösser Mühe auf dem genannten Marktplatze eine photographische
Aufnahme; doch war es mir nicht möglich, eine Gruppe von
Eingebornen aus dem fernen Innern, die ich gerne gehabt hätte,
zusammenzubringen. Bei Einbruch der Nacht kehrten wir an
Bord zurück.
Den folgenden Morgen machten wir einen Ausflug nach Goree,
woselbst es mir durch List gelang, auf dem Marktplatze eine
grosse Gruppe von Wolofs, Männer und viele Knaben von allen
Grössen, leider aber keine Frauen und Mädchen, zusammenzubringen
und zu photographiren. In Hamburg hatte ich nämlich
Der grosse Markt in Dakar.
nebst vielem Ändern auch eine kleine Drehorgel (Clariophon)
gekauft und mit nach Goree gebracht. Mein Freund Stampfli
setzte sich nun hin .und lockte durch sein Spiel eine Menge
Leute herbei, während ich meinen Apparat in Bereitschaft hielt
und, einen günstigen Augenblick benutzend, rasch eine Aufnahme
machte. Eine andere Gruppe, in der einige Mädchen
vorkamen, wurde mir verdorben, indem gerade im Momente des
Exponirens die Mutter eines der Kinder erschien, mir einen
vernichtenden Blick zuwarf, auf die Kinder zustürzte und dieselben
mit einem gewaltigen Rucke aus der Gruppe fortriss.
Gegen Mittag dampften wir weiter und erreichten, ohne fernerhin
irgendwo Land anzulaufen, drei Tage später, Freitag den 26.
November, die Rhede von Monrovia, von wo wir sofort durch
einige alte Freunde, die von unserer Ankunft unterrichtet
waren, in einem grossen Boote an Land geholt wurden.
In der Müller’schen Faktorei, wohin wir zuerst unsere Schritte
lenkten, fand ich meinen alten Freund A. V eldkamp und
nebenan in der Woermann’schen Faktorei Herrn J ä g e r , gegenwärtig
.Hauptagent dieser Firma und deutscher Consul.
Nachdem die grösste Tageshitze vorbei war, begleitete uns
Herr V eldkamp 1-| in die obere Stadt hinauf zu Frau Modderman ,
die uns freundlichst aufhahm und bewirthete. Obschon sie bereits
einige Jahre in Monrovia zugebracht hatte, schien sie nicht unter
dem Einflüsse des Klimas zu leiden und sah sehr gesund aus.
Die Stadt Monrovia fand ich seit 1882 nicht wesentlich, doch
immerhin zu ihrem Vortheil, verändert. Wohl sah man längs
der schnurgeraden Strassen noch zahlreiche ruinenhafte Gebäude
und verwilderte Gärten, doch hatte sich das allgemeine Aussehen
merklich gebessert. Zahlreiche, früher ärmliche Gebäude hatten
inzwischen ein stattliches Aussehen bekommen. Das früher halb
verfallene , dem Einsturz nahe Seminar war restaurirt und beherbergte
eine Missionsschule unter der Leitung von Miss Sh a r p ,
einer weissen, amerikanischen Dame; das grosse Postgebäude war
Mansion des Präsidenten der Republik geworden, und an der
waterside, nahe bei Krootown, hatte man ein neues Postgebäude
errichtet. Viele Strassen waren bedeutend verbessert, und die
vornehmsten derselben sogar mit Laternen versehen. Auch das
Liberia College, abseits von der Stadt am Südwestabhange des
Vorgebirges, war mit Hülfe von amerikanischen Geldmitteln
renovirt und sah nun sehr stattlich aus. Ueberhaupt machte
alles, was ich am Tage unserer Ankunft sah, den Eindruck,
als ob sich während meiner mehr als vierjährigen Abwesenheit
Manches verbessert habe und im Allgemeinen mehr Wohlstand
in Monrovia herrsche als früher.
*) Seit der Rückkehr von Herrn Mo d d erm a n nach Holland Hauptagent
für die Firma H. Mü l l e r & Co. und holländischer Consul geworden.