dass bei den Kuren dieser Leute allerlei Hokus Pokus mit
unterläuft, ja dass häufig einer gewissen Zauberformel geradezu
die Hauptwirkung zugeschrieben wird.
Mein Zustand blieb bis gegen Ende März ungefähr derselbe
wie zuvor. Bei strenger Diät und absoluter Ruhe wurde derselbe
etwas besser, verschlimmerte sich jedoch, sobald ich mich etwas
ermüdete, der heissen Sonne aussetzte oder von einem Gewitterregen
überfallen wurde. Je länger je mehr kam ich dabei zu
der Ueberzeugung, dass in Schieffelinsville keine Genesung zu
erwarten sei, und da ich mich früher in Hill Town fast ausnahmslos
sehr wohl befunden hatte, so verlangte ich wieder
dorthin zurückzukehren.
Auf meinen Wunsch kam am Sonnabend 26. März Stampfli
den Fluss herunter um mich abzulösen, und am Montag darauf
kehrte ich nach Hill Town zurück. Der Fluss war infolge der
letzten Regengüsse wohl um 4' gestiegen, so dass wir nun bequem
über Baumstämme wegfuhren, unter welchen wir uns früher
mit grösser Mühe durchdrängen mussten. Das Wasser war
trübe und gelb und das Gefälle so stark, dass es die Ruderer
ausserordentlich viel Mühe kostete, um bei der starken Strömung
überhaupt noch vorwärts zu kommen.
Der Empfang in Hill Town war überaus herzlich. Die Leute,
welche durch Clark von meinem traurigen Zustande unterrichtet
worden waren, eilten mir bei der Ankunft entgegen; die Männer
reichten mir die Hand; die head-woman Clark’s schloss mich sogar
in die Arme, und J assa , die etwas hysterischer Natur war, wurde
durch mein elendes Aussehen einerseits und andererseits durch
die Freude des Wiedersehens so gerührt, dass sie in einen Strom
von Thränen ausbrach und in ihre Hütte eilte, um sich nach
Herzenslust auszuweinen.
Von allen Seiten trachtete man nun, mir das Leben so angenehm
wie möglich zu machen. Meine Bedienten hielten sich musterhaft,
und durch die Frauen der Stadt wurde ich halb zu Tode gefüttert.
Die guten Leute wussten mir freilich wenig anderes anzubieten
als tomboy, ihr Leibgericht, mit etwas Fleisch- oder Fischsuppe
übergossen und mit einem Büschel spanischer Pfefferschoten
verziert. J assa aber hatte während meiner Abwesenheit einen
kleinen Vorrath von inländischem Reis, geräuchertem Fleisch von
Gott weiss welchen Thieren, die man Stampfli von allen Seiten
hergebracht hatte, und getrockneten Fischen angelegt und war
jedesmal sehr erzürnt, wenn sie hei ihrer Heimkehr vom Felde
sah dass ihr eine Andere mit dem Bereiten einer Mahlzeit zuvorgekommen
war. Dass diese inländische Kost für mich sehr zuträglich
gewesen sei, wäre freilich eine sehr gewagte Behauptung.
Einige Tage nach Ankunft in Hill Town war ich, wahrscheinlich
infolge der Flussfahrt, wieder sehr schwach, doch verbesserte
sich mein Appetit, und kräftige Suppen von frischem Antilopenfleisch
mit Reis hoben meine Kräfte zusehends, so dass ich
zu Anfang April wieder einige Schritte gehen konnte. Doch kaum
regte sich wieder einige Hofihung, dass nun alles gut gehen werde,
kaum war mit Clark verabredet, nach vierzehn Tagen unsere
lang geplante Fussreise durch das Land der Pessy , Bar l ine
und Golah zu machen und auf dem Rückwege Mr. Dav am
St.Paul zu besuchen, als eine Reüie von schweren Fieberanföllen
mich wieder gänzlich entkräftete.
Am 8 April war ich schon nicht mehr im Stande, meine
Hütte zu verlassen. Zudem litt ich seit einigen Tagen an einem
Zahngeschwür, welches mir die Aufnahme von festen SpoisjeB
unmöglich und das Trinken äusserst beschwerlich machte, wohl
dachte ich nun ernstlich daran, baldmöglichst nach Monrovia
überzusiedeln und mich unter Behandlung des französischen
Missionärs, Pater Stoll, zu stellen oder eventuell nach Europa
zurückzukehren; doch war ich viel zu schwach, um die beschwerliche
Reise wagen zu dürfen. Ueberdies that es mir in der
Seele leid, schon von Hill Town und seinen einfachen Bewohnern
Abschied zu nehmen. Je mehr ich mich an die Denkweise, das
Thun und Treiben dieser Eingebornen gewöhnte, je mehr ich
dieselben begreifen lernte, desto besser verstand ich ihre guten
Seiten zu würdigen. Es gab in Hill Town ausser dem Häuptling
Clark noch verschiedene eigenthümliche, ja einzelne recht sonderbare
Individuen, und ich bedaure sehr, kein besserer Charakterzeichner
zu sein, um wenigstens einige derselben mit scharfen
Strichen skizziren zu können. Dessenungeachtet kann ich mcht
umhin, einzelne dieser Leutchen meinen Lesern vorzustellen,