Consuls, Herrn M o d d e b m a n , und seiner Gemahlin, einer liebenswürdigen
Holländerin, die in der obern Stadt an der Broadstreet
ein schönes, geräumiges Haus bewohnten und sich auf europäische
Weise eingerichtet hatten, soweit sich dies mit den dortigen
Verhältnissen in Uebereinstimmung bringen liess.
Herr M o d d e e m a n hatte, mit verschiedenen Unterbrechungen,
schon seit der Gründung der holländischen Faktoreien, also
nahezu zwanzig Jahre, in Liberia zugebracht1). Erkannte Land
und Leute wohl besser als sonst ein Europäer , und manche
werthvolle Mittheilung politischer und wirtschaftlicher Art habe
ich ihm zu danken. Seine Gemahlin, die übrigens noch nicht
so lange an der Küste war, schien das liberianische: Klima gut
ertragen zu können und verstand es, dem dortigen Leben, das
nicht gerade reich an Abwechslungen ist , eine angenehme Seite
abzugewinnen.
Sofort nach meiner Ankunft stellte ich mich unter Behandlung
von Pater N. Stoll , einem äusserst jovialen und liebenswürdigen
Mann, der für einen Geistlichen bedeutende medizinische Kenntnisse
besass und diese durch langjährige Erfahrungen über die den Tropenländern
eigenthümlichen Krankheiten unterstützte. Er war früher
als Missionär in China, in Südamerika und auch lange Jahre in Sierra
Leone gewesen und stand nun als Superior an der Spitze der einzigen
katholischen Mission in Liberia, die vor einigen Jahren durch eine
französische Gesellschaft2) gegründet worden war.
Während der ersten Tage gieng es mit mir eher schlimmer,
als besser; doch sehr bald stellten sich die wohlthätigen Folgen
einer zweckmässigen Kost, Ruhe und guter Behandlung von
Seiten des freundlichen Paters ein, so dass, nachdem einmal
eine Wendung zum Guten eingetreten war, die Genesung rasche
Fortschritte machte. Da mich Pater Stoll , der einen Rückschlag
befürchtete, vor einer baldigen Rückkehr naeh Schieffelinsville
warnte, so entschloss ich mich, einen schon lange gehegten Plan
auszuführen und einige Küstenplätze des östlichen Liberia und
deren Umgebung zu besuchen, um mir einen klarem Begriff
1) Seither ist er mit seiner Frau für immer nach Europa zurückgekehrt.
2) Die Congrégation du Saint-Esprit et du Saint-Coeur-de-Marie.
über die dortigen Verhältnisse bilden zu können. Da gerade ein von
Hamburg kommender WoEBMANn’scher Dampfer fällig war, so bot
sich mir dazu eine vortreffliche Gelegenheit, besonders da derselbe
von Monrovia direkt nach Cap Palmas gehen sollte, von wo
aus ich dann, mit einem damals dort liegenden Segelschiffe der
Firma Mülleb & Co. der Küste entlang zurückfahrend, die vornehmsten
Hafenplätze hätte besuchen können.
Am 21. April Abends; kam die „Ella Woermann”, Kapitän
Dittmeb , an. Um 10 Uhr gieng ich, begleitet von meinem Leibdiener
Bob, an Bord, und um Mitternacht fuhren wir ab. Anstatt
aber direkt nach Cap Pa'lmas; zu gehen, hatte der Kapitän Ordre
erhal tenum in Grand Bassa den deutschen Angestellten Sa-
witzky an Land züisetzen, weshalb er, um die dadurch versäumte
Zeit einzuholen, beschloss, Cap Palmas nun nicht anzulaufen.
S® gieng ich denn in Lower Buchanan oder Fishtown, dem
Ankerplätze von Grand Bassa, wo wir am nächsten Morgen bei
Tagesanbruch zur Rhede kamen, an Land und wurde von dem
deutschen Hauptagenten, Herrn Jaegeb , und dem Agenten in der
dortigen deutschen Faktorei, Herrn W undeelich, aufs freundlichste
aufgenommen und eingeladen, bei ihnen für die paar Tage
meines Aufenthalts in Bassa Quartier zu nehmen.
Schon der Blick von der Rhede aus auf das ausgedehnte
Gebiet von Grand Bassa mit den zahlreichen, sich scharf am
Horizont abzeichnenden blauen Bergen im Hintergründe ist ungemein
interessant.
Im N.N. W. erblickte ich die sogenannte Table Mountain,
einen breiten und jedenfalls sehr hohen Bergrücken, der entweder
mit einem Berge am linken Ufer des Farmington River
oder aber mit dem einen oder ändern der von mir angetroffenen
Höhenzüge am Du Queah identisch sein dürfte. Oestlich
von dieser Table Mountain (Tafelberg), so genannt wegen, seiner
steil abfallenden Hänge und des gänzlich horizontalen Rückens,
und etwas mehr in den Vordergrund gerückt, erheben sich die
niedrigen, langen Bassa Hi l ls, eine grosse Anzahl vonisolirten
Anhöhen, die von der See aus wie ein vielbuckliger Bergrücken
aussehen. Im Osten wird die lange Kette von Berggipfeln durch
eine bedeutend höhere und zudem mehr im Hintergründe stehende
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