ausgerüstet hatten, traten wir, neun Tage nach unserer Ankunft
in Monrovia, und begleitet von den Glückwünschen der holländischen
und deutschen Handelsagenten, unsere Reise in’s Innere
an. Die Agenten der holländischen Firma hatten uns während
unseres Aufenthaltes in Monrovia mit Freundschaftsbeweisen
überhäuft, und ihrer fortwährenden Fürsorge hatten wir es hauptsächlich
zu danken, dass wir in verhältnissmässig kurzer Zeit
zum Aufbruch nach dem Innern bereit waren. Herr W igman
krönte nun alle jene Dienste noch, indem er uns ein. mit neun
kräftigen Krunegern bemanntes Ruderboot für die Fahrt nach
der besagten Missionsstation zur Verfügung stellte. Wie bereits
erwähnt, hatten wir Tags zuvor in einem Canoe zwei unserer
boys mit einem Briefe an Mr. Day gesandt, um denselben von
unserer Ankunft zu benachrichtigen und ihn mit unserm Reiseplane
bekannt zu machen. Wir fuhren dann am Sonnabend, 17. Januar,
morgens 8 Uhr von dem Landungsplätze der Faktorei ab, durchkreuzten
unterhalb Perseverance Island den Messurado River und
bogen in den ungefähr acht miles langen Stockton Creek ein,
der innerhalb der Küstenlinie den Messurado- mit dem St. Paul’s
River verbindet.
Der Stock t o n Creek ist eine stille, 20—50 Schritt breite
Wasserstrasse, die sich hie und da beckenartig erweitert und
von üppig wucherndem, mit Pandanus durchsetztem Mangrovegebüsch
umrahmt wird. Hin und wieder lichten sich diese
verschlungenen und monotonen, doch für den Neuling zugleich
so interessanten Buschpartien, und es zeigt sich unter einem
riesigen Bombax oder einer breitkronigen Tamarinde die ärmliche
Hütte eines Eingebornen, der hier während der trockenen Jahreszeit
auf einem urbar gemachten Grundstück eine Reis- oder
Cassavepflanzung angelegt hat und nebenbei dem Fischfänge
obliegt. Ueppige Palmen und Bananenbüsche geben diesem Landschaftsbilde,
das sich in der schwarzen Wasserfläche spiegelt,
einen eigenthümlichen, malerischen Reiz, der durch den halb
an’s Ufer gezogenen Einbaum, das einzige Verkehrsmittel in
diesen beinahe bodenlosen Sumpfgebieten, noch erhöht wird.
Unter den eintönigen, stets denselben Refrain wiederholenden
Gesängen der schwarzen Ruderer zogen wir die stille Wasserstrasse
entlang. Die gesammte Natur schien in Schlaf versunken.
Nur selten hörten wir das schrille Kreischen eines Eisvogels
oder sahen in der Ferne ein Krokodil von einer Schlammbank
langsam sich in’s Wasser zurückziehen. Halbwegs im Creek
begegneten wir unsern boys, die einen freundlichen Brief von
Mr. Day überbrachten, in welchem uns derselbe auf seiner
Station herzlich willkommen hiess. Wir nahmen die beiden boys
in unser Boot auf und sandten dann das leere Canoe mit einem
unserer Kruneger nach-Monrovia zurück. Etwas später begegnete
uns Mr. Day selbst, der nach Monrovia fuhr, um dort einige
Geschäfte zu erledigen. In seinem von neun boys geruderten,
langen, schmalen und mit einem Sonnenzelt versehenen Canoe
gelangte er so schnell vorwärts, dass er uns auf seiner Rückfahrt
schon lange vor Abend auf dem St. Paul überholte.
-Um 11 Uhr morgens, nach dreistündigem Rudern, wurden
wir durch den grossartigen Anblick des St. Paul’sflusses überrascht,
in den wir nun einfuhren. Ich schätzte seine Breite an
dieser Stelle auf I englische Meile. Bei der trüben, zitternden
Luft-war es kaum möglich, etwas am ändern Ufer mit Sicherheit
zu unterscheiden.
Bis jetzt hatte ich einiger schwarzer Passagiere zu erwähnen
vergessen, die wir von Monrovia mitgebracht. Schon bei unserer
Ankunft daselbst wurde uns von einer Gesandtschaft des
Königs Sis s y , eines mächtigen Negerfürsten aus der Mandinga-
ebene erzählt, der in Freundschaftsbeziehungen zu dem Präsidenten
von Liberia zu treten wünsche. Der eigentliche Botschafter
war ein langer, hagerer Mann in mittlerem Alter mit einem
verschmitzten Gesichte. Er sprach ebensowenig Englisch wie sein
Begleiter, so dass die Verhandlungen mit der Regierung in
arabischer Sprache geführt werden mussten. Ausser einigen
Dienern hatte er einen schöngebauten, kräftigen Jüngling bei
sich, den er als den Sohn des Königs von Boporo ausgab. Sein
ganzes Benehmen in Monrovia erregte Argwohn, und Viele
glaubten, man habe es einfach mit einem Betrüger zu thun, der
nach den fürstlichen Geschenken lüstern sei, die man solchen
Gesandten an ihre Auftraggeber mitzugeben pflegt; ja man
behauptete sogar, dass der Mann des Engüschen mächtig sei, sich