Kistchen öffnen und holte eine vierkantige Flasche Branntwein
hervor, ohne den man unter dieser Bevölkerung schwerlich
reisen kann. „Lass uns den Freundschaftstrunk trinken,” sagte
ich lächelnd zu ihm, füllte meinen zinnernen Becher voll, nippte
nach Landessitte eben daran, zum Zeichen, dass es nicht Gift
sei, und hielt ihm dann denselben hin zum Friedens- und Freundschaftsschluss.
— Ich brauche hier nur noch beizufügen, dass
in meinem Hause von nun an jeden Tag der Friede aufs Neue
zwischen uns besiegelt wurde, bis wir zuletzt die besten Freunde
waren!
Noch am nämlichen Tage begleitete mich P etee nach der etwa
eine Stunde entfernten HaJftown Tongocoro, um mich mit der
Gegend etwas bekannt zu machen. Wir fanden überall grosse
Strecken Waldes ausgerodet und in Farmen verwandelt, wo
Maniok und Reis gebaut wurde. Eine von P etee’s zahlreichen
Frauen führte in dieser Halftown das Regiment. — Am nächsten
Morgen gieng ich mit Jackson, begleitet von dem bereits erwähnten
Manne nebst einigen Ändern, hinaus, um mir die Stelle zeigen
zu lassen, an der man die Chimpansen gesehen hatte. Wie zu
erwarten war, fanden wir keine Spur von diesen Thieren, denn
die Bäume, die ihnen damals in einer Art wilder Feigen das
Futter geliefert hatten, waren längst aller Früchte beraubt.
Wir bewegten uns bei diesem Marsche in bergigem Terrain mit
Thälern, die von schönen Quellbächen durchrieselt wurden. J ackson
hatte sich, einer Antilopenfährte folgend, von uns Ändern getrennt;
wir aber hatten das Glück, einen Trupp irother Stummelaffen
(Golobus ferrugineus) zu beschleichen, der sich unter grossem Lärm
in den Kronen riesiger Waldbäume herumtrieb. Von ihnen
ungesehen, hatte ich Zeit genug, die klugen Thiere mit Hülfe
meines Feldstechers in aller Ruhe zu beobachten. Welch eine
unglaubliche Elasticität und Behendigkeit, welche Boshaftigkeit
und Verschlagenheit solch ein munteres Affenvolk in diesen
hohen, luftigen Regionen zur Schau stellt! Welch eine ernste
Würde in der Haltung dieses Einen, der, ohne sich in den Streit
der Ändern zu mengen, abseits auf einem Aste sitzt, und welche
Grimassen dagegen und Caprioien jener Fechtenden und Verfolgten,
wenn sie dem Verfolger durch irgend eine List entrinnen können!
Doch der Jäger lebt nicht vom Beobachten allein, und da mir
diese Affenart für meine Sammlungen sehr willkommen war,
so suchte ich ein besonders stattliches Exemplar aus und sandte
ihm aus meiner grossen Affenflinte — Lefaucheux-Doppelflinten
tragen nicht so weit — eine Ladung Fuchsschrot zum Morgen-
grusse hin. Der Rauch liess mich über die Wirkung des Schusses
im Unsichern, doch meine Führer versicherten einstimmig, dass
ich gut getroffen habe und wollten auch nicht dulden, dass
ich nochmals schiesse. Ich wartete wohl 10 Minuten. Alle
übrigen Affen hatten auf meinen Schuss das Weite gesucht,
und noch lange hörte ich sie in der Ferne bellend und kreischend
in wilder Flucht durch die Baumkronen dahinrasen. Der Getroffene
aber sass noch immer unbeweglich auf einem Baumast, mit dem
einen Arm den Stamm umklammernd und den Kopf auf die
Brust niedergebeugt, als ob er sehlefe. Ich kannte jedoch diese
List; giebt es ja doch auch Füchse und selbst Käfer, die sich
todt stellen, um sich im ersten unbewachten Momente auf und
davon zu machen. Ein zweiter Krach, und der langhaarige Akrobat
rutschte ein langes Ende den Stamm hinunter. Meine Begleiter
machten Luftsprünge, doch zu voreilig. Auf ginmal erreichte er
einen neuen Stützpunkt, wo er sitzen blieb. Ein dritter Schuss,
diesmal aus meiner Doppelflinte, warf ihn auch von diesem Platze
herunter, er stürzte und stürzte, um sich plötzlich in einigen
Aesten, die er passirte, mit einer seiner Vorderhände wieder
festzuhalten und so zu verenden. Er hatte sich, wie viele Affen
thun, im Todeskrampfe während des Falles an den Ast festgeklammert,
und wir mussten nun das Vorübergehen der Todten-
starre abwarten, um ihn herunterfallen zu sehen. Das beredte,
tief traurige Mienenspiel eines sterbenden Affen, sein vorwurfsvoller
und doch bittender Blick haben jedesmal einen tiefen
Eindruck auf mich gemacht, einen Eindruck, den ich heute noch
nicht vergessen habe, so dass ich während meiner zweiten Reise,
mit Ausnahme einiger seltener Exemplare, keinen einzigen Affen
schoss, so oft ■ ich auch dazu Gelegenheit gehabt hätteJW; Ich
war daher froh, den Todeskampf des armen Schlachtopfers der
Wissenschaft nicht mit ansehen zu müssen und wartete ruhig den
Moment ab, in dem er von selbst herunterfallen musste. Nach