derniss war ein Baum, der, wahrscheinlich während des Gewitters
in der letzten Nacht, mit seiner gewaltigen Krone quer in den
Fluss gefallen war und in welche wir mitten hineinfuhren. Erst
glaubte ich, dass ich nicht gut Ausschau gehalten hätte und
wir im Ufergebüsch festsässen, doch hatte ich mich durch
Licht bald vom wahren Sachverhalt überzeugt. Wohl eine halbe
Stunde dauerte es, bis wir uns aus dem Labyrinth von Aesten
wieder herausgearbeitet und eine enge Passage am ändern Ufer
entdeckt hatten, wo es endlich gelang, uns hindurchzuzwängen.
Noch eine Biegung, und dann mussten wir in der Nähe von Go
Town sein, deren Lage ich mir früher genau gemerkt hatte. Ich
suchte darum meinen todmüden Ruderern Muth einzuflössen, indem
ich ihnen eine reichliche Abendmahlzeit in Go Town versprach.
Endlich hatten wir die Biegung erreicht, und bald darauf zeigten
'sich auch am linken Ufer die gigantischen Gestalten der Woll-
bäume, hinter welchen das gesuchte Dorf liegen musste. Da wir
in der Finsterniss unter den überhängenden Bäumen den Landungsplatz
nicht finden konnten — der Fluss war infolge des
gestrigen Gewitters wenigstens um zwei Fuss gestiegen — schoss
ich mein Gewehr ab, und die beiden boys riefen aus Leibeskräften,
während sie sich mit den Händen an den überhängenden Zweigen
festhielten. Es dauerte nicht lange, bis wir Antwort erhielten,
und bald darauf kamen einige Männer aus dem Dorfe mit Feuerbränden
an und halfen uns die Landung bewerkstelligen, worauf
das Canoe festgebunden und wir selbst mit unserer Habe nachv
Go Town gebracht wurden. Hier wies mir der Häuptling Go |
seine Hütte als Schlafplatz an. Das Feuer in derselben wurde
aufgeschürt, und meine wackern Leute erhielten einige rohe
Kassaven, die wir uns, nachdem dieselben im Feuer geröstet
waren, trefflich schmecken liessen. Obwohl Mitternacht nicht
mehr fern war, kam doch die ganze Bevölkerung des kleinen
Dorfes in und vor der Hütte zusammen, um den späten, weissen
Gast anzustaunen. Der Häuptling sprach ziemlich gewandt Englisch
und konnte sich mit meinen boys auch in der Vey-Sprache unterhalten
, da er früher längere Zeit in der Nähe von Robertsport
gelebt hatte. Als schliesslich die Leute keine Miene machen
wollten, sich zurückzuziehen, erklärte ich dem Häuptling, dass
ich müde sei und schlafen wolle, worauf er sie sofort Alle weg-
schiekte und sich selbst in eine benachbarte Hütte zurückzog.
Der Eine meiner boys legte sich nun auf die aneinandergereihten
Kisten, der Andere hinter der Thüre auf die Erde zur Ruhe
nieder, und ich selbst 'streckte mich auf das harte Bett des Häuptlings
aus und fiel, müde wie ich war, bald in tiefen Schlaf,
aus dem ich leider wiederholt durch ein weithinschallendes ka-ka-
Jcarrf, den Paarungsruf von Francolinus lathami, einem rebhuhnartigen
Vogel, geweckt wurde.
Schon ziemlich früh am nächsten Morgen setzten wir nüchtern
unsere Reise fort und kamen ohne weitere Abenteuer gegen
acht Uhr in Hill Town an.
Hier hörte man mit grösser Theilnahme von dem Verlust des
schönen, vielbewunderten Gewehres, dessen sämmtliche Eisen-
theile, mit Ausnahme der Läufe, vernickelt waren und die man
daher stets für Silber gehalten hatte. Sofort erklärte Mr. Claek,
gleich am nächsten Tage mit zwei Canoes und einigen guten
Tauchern den Fluss hinunterfahren zu wollen, um unter meiner
Leitung das Gewehr aufzusuchen. Da ich dessen Verlust noch
immer nicht verschmerzen konnte, so willigte ich gerne ein,
und so fuhren wir denn am Sonntag (16. Januar) mit zahlreichen
Leuten in zwei Canoes ab. In dem einen derselben sass Clabk
mit acht, im ändern ich selbst mit fünf Ruderern. Es entspann
sich sofort ein heisser Wettkampf, in welchem Claek’s etwas
schadhaftes Canoe, obschon besser bemannt, bald weit zurückblieb.
Ich liess an drei'verschiedenen Stellen, wo das Gewehr nach
meiner Vermuthung hegen konnte, tauchen und half selbst
getreulich mit, indem ich mit einem schweren, an einer langen
Leine befestigten Stein den Boden des Flusses sondirte. Aber
alles war vergeblich. An der einen Stelle war das Wasser 17,
an der zweiten 20 und an der dritten sogar 23—24 Fuss tief,
und obwohl die Taucher ihr Möglichstes thaten und aus dieser
Tiefe noch Baumäste und Hände voll Schlamm mit heraufbrachten
— das Gewehr fanden sie nicht. Inzwischen war es
Abend geworden, und die Leute, die bekanntlich das Sprichwort
time is money noch nicht kennen, waren nicht zu bewegen,
weiter als bis Jably zu fahren. Dort blieben wir während der