von Santa Cruz die Bergmassen von Gran Canaria im Osten vor
uns sich erheben sahen, erreichten wir doch Las Palmas erst nach
zehn Uhr abends, denn ein wüthender Gewittersturm liess uns
längere Zeit kaum vorwärts kommen. Einige spanische Passagiere
giengen noch in der Nacht an Land, wir aber blieben bis
zum nächsten Morgen und fuhren dann nach dem Landungsplätze
von Las Palmas, der sich etwa eine Stunde von der Stadt am
Fusse der bergigen Halbinsel Isleta befindet. Diese Halbinsel ist
ein mit einem Kloster und einem Leuchtthurme gekrönter, hoher
Berg, jedenfalls wie die ganzen kanarischen Inseln vulkanischen
Ursprungs; sie ist nur durch eine sehr schmale und niedrige
Landzunge, eine Art Sandbank, mit der Insel Gran Canaria
verbunden. Am Landungsplätze nahmen wir ein leichtes Cabriolet,
mit zwei kleinen, magern Pferden bespannt, um rascher nach
Las Palmas zu kommen, welche Stadt sich an derselben grossen
Meeresbucht befindet. Wie eine Windsbraut flogen die feurigen
Renner dahin, in einem grossen Bogen der gut unterhaltenen
Fahrstrasse den Strand entlang und durch die breiten, gepflasterten
Strassen von Las Palmas zum Hôtel de l’Europe, wo wir
abstiegen. Die beiden Pferde waren mit Schaum bedeckt, den
der Kutscher nun schweigend und ohne sich weiter um uns zu
kümmern mit einem langen Messer von seinen Thieren herunterschabte.
Yon hier aus besuchten wir die Kathedrale und
stiegen auf den hohen Thurm derselben , von dessen Plattform
aus wir einen prachtvollen Ausblick auf die . rundum zu unsern
Füssen liegende, grosse Stadt mit ihren flachen Cementdächern,
das hinter der Stadt allmälig ansteigende, baum- und vegetationsarme
Gebirge, die Halbinsel Isleta und die grosse Bucht von
Las Palmas hatten. Die Aussicht war so reizend, dass ich durch
unsern Führer den im Hôtel zurückgelassenen photographischen
Apparat heraufholen liess und zwei wohlgelungene Aufnahmen
machte. Nach dem Frühstück besuchten wir das schöne Rathhaus
mit seinen prachtvollen Säälen und dem antiquarischen,
ethnographischen und zoologischen Museum im obersten Stockwerke.
Die antiquarisch-archäologische Abtheilung ist besonders
darum sehenswerth, weil sie grosse Mengen Ausgrabungsmaterial
aus der Zeit der Ureinwohner der kanarischen Inseln, der vor
etwa 400 Jahren durch die Spanier ausgerotten G u an ch en ,
enthält, unter Anderm an die 400 Steinbeile und 75 gut erhaltene,
aus Holz geschnitzte Stempel, wie sie beim Färben von Stoffen
gebraucht wurden, nebst zahlreichen Urnen. Auch sind zahlreiche
Mumien und ganze Stapel von Schädeln und ändern Scelettheilen
der alten Guanchen vorhanden. Das zoologische Museum, in dem
mich' der freundliche Director Dr. Gregorio Chil t Naranjo
herumführte, ist insofern höchst interessant, als es die eigen-
thümliche Fauna der kanarischen Inseln so gut wie vollständig
repräsentirt. Säugethiere waren ursprünglich nicht vorhanden.;
jetzt kommen nebst den verschiedenen Hausthieren Ratten und
Mäuse vor. Dagegen sind zahlreiche Yögel einheimisch, worunter
der schon erwähnte Kanarienvogel; auch werden verschiedene
europäische Yogelarten gefunden, die entweder hier den Winter
zubringen oder durch Stürme hieher verschlagen werden. Unter
den Reptilien sind die Skinken am zahlreichsten vertreten. Einige
derselben leben in unterirdischen Höhlen, an denen diese vulkanischen
Inseln äusserst reich sein sollen. Schlangen hingegen
werden nicht angetroffen, ebensowenig als Süsswasserfische. Yiele
Insekten sind für diese Inseln eigenthümlich.
Andere stattliche, öffentliche Gebäude sind der Bischofspalast,
der, zusammen mit der Kathedrale und dem Rathhaus, die grosse
Place de la Cathédrale von drei Seiten einschliesst, sowie das
schöne und grosse, damals noch nicht ganz vollendete Theater,
welches durch einen Architekten aus Madrid nach dem Muster des
Pariser Opernhauses gebaut wurde. Auch die Wasserleitung ist
erwähnenswerth. Im Allgemeinen macht die Stadt einen sehr
günstigen Eindruck, obschon die schweren, weissgetünchten
Mauern der meist einstöckigen Häuser nach der Strasse hin
wenige und nur kleine Fenster haben. Yon den die Stadt beherrschenden
Anhöhen schauen einige Festungswerke herunter.
Die nächste Umgebung der Stadt ist ziemlich fruchtbar. Man
findet hier zahlreiche Dattel- und Kokospalmen und schöne Drachenbäume
(Dracaena dracö), Olivenbäume, Cypressen und baumartige
Euphorbien. Banqnen, Zuckerrohr, Guaven und Anonen werden
häufig angebaut, ebenso die staohlige Opuntia zum Zwecke der
Cochenillekültur, Diese letztere, die früher mit grossem Erfolge