Der Häuptling Clark war so vorsorglich gewesen, mir einen
intelligenten jungen Vey-Mann, J im genannt, als Führer zu senden.
Dieser konnte sich nicht nur mit meinen Yey-Leuten, die weder
der Bassa- noch der Queahsprache *) mächtig waren, sondern auch
mit mir unterhalten, da er ausser seiner Muttersprache auch
ziemlich gut Englisch verstand. Ich begann sofort, mit Hülfe meiner
Bussole und Distanzenschätzung während der Fahrt den FluSslauf
in Karte zu bringen, eine Beschäftigung, die bei den zahlreichen
Krümmungen und Schlingen, welche derselbe macht , meine ganze
Aufmerksamkeit und Zeit in Anspruch nahm. Man dürfte sich
vielleicht verwundern, dass ich zur Berechnung des zurückgelegten
Abstandes nicht die Zeit der Fahrt in Rechnung zog.
Dies ist aber auf dergleichen Wasserfahrten, die man nicht
speciell zum Zwecke einer kartographischen Aufnahme unternimmt,
so gut wie unausführbar, da die Schnelligkeit der Fahrt,
selbst bei gleichmässigem Rudern, durch verschiedene Umstände
in wechselnder Weise beeinflusst wird. Die ersten und eingreifendsten
dieser Faktoren sind Ebbe und Fluth, die, wie schon
früher gesagt, sich sehr weit hinauf fühlbar machen. Tritt man
nun die Fahrt zur Fluthzeit an, so wird man, so lange die Fluth
ihre volle Kraft besitzt, sehr rasch vorwärts kommen. Nach
und nach nimmt sie aber ab , bis schliesslich , nach einem Stillstände
von vielleicht einer halben Stunde Zeit, die Ebbe sich
geltend macht und die soeben noch günstigen. Strömungsverhältnisse
sich in ungünstige verwandeln, während die Kräfte der
Ruderer sich gleich bleiben. Ein anderer Faktor ist der, dass
auch da, wo die Fluth nicht mehr eindringt, das Gefälle nicht
überall dasselbe ist und man übrigens da und dort langsamer
fahren, sogar halten oder zurückfahren lässt, wenn irgend etwas
ein besonderes Interesse erregt. Uebrigens rudern die Neger
selten lange gleichmässig durch, sondern strengen oft ihre Kräfte
übermässig an, um im folgenden Augenblicke sich einem gewissen
Schlendrian hinzugeben. Nach zahlreichen Berechnungen darf ich
annehmen, dass unter normalen Verhältnissen ein Canoe bequem
eine Wegstunde, also 3 miles, in der Zeitstunde zurücklegen
i) Diese letztere ist ein nur wenig abweichender Dialekt der ersteren.
kann. Der Abstand kann aber unter sehr günstigen Verhältnissen
und bei besonderer Kraftanstrengung der Ruderer, die,
wenn guter Laune, Wunderbares zu leisten vermögen, auch das
Doppelte, also 6 miles und sogar noch mehr, per Stunde betragen.
Bei seiner Vereinigung mit dem Junk ist der Du Queah etwa
100 Meter breit und behält diese Breite so weit aufwärts, als er
sich durch Mangrovesumpf hinwindet. Längere Zeit trifft man
nichts an als. trostlosen Mangrovewald, und erst etwas weiter
oben finden sich, ebenfalls noch im Sumpfgebiet, ausgedehnte,
undurchdringliche Weinpalmenbestände, deren riesige Blattwedel
weit über das Wasser hineinragen und den Ufersaum völlig
verhüllen. Nur selten findet man einen einzelnen Pandanus ,
während der Junk River bei der Einmündung des Du Queah
durch ganze, dichte Bestände dieses eigenartigen Baumes wie
durch eine geschlossene Wand flankirt wird. Hie und da trifft
man am Ufer eine Gruppe der schon früher erwähnten, eigen-
thümlichen Aroideen mit den grossen, grasgrünen und braun
getigerten Blumentrichtern an. Zahlreiche, halb mit Gebüsch verwachsene
Creeks münden links und rechts in den Fluss, ohne ihm
jedoch, wenigstens in der trockenen Jahreszeit, viel Wasser zuzuführen.
Weiter oben werden die Ufer höher und sind dann mit Hochwald,
zum Theil aber auch mit ausgedehnten Maniokfarmen bedeckt.
Nach etwas mehr als anderthalb Stunden Fahrens erreichten
wir das Negerdorf J a b ly , allgemeiner unter dem Namen Blow
Town bekannt und so genannt nach dem hier residirenden Häuptling
Blow. Dieser Ort liegt auf dem engsten Theile einer bedeutenden
Schlinge, die der Fluss hier in südöstlicher Richtung von
jenem macht, und hat demnach zwei verschiedene Landungsplätze,
d. i. einen untern und einen obern. Die innerhalb der hufeisenförmigen
Schlinge gelegene Halbinsel ist an ihrer Basis etwa 150
Schritte breit, und bei spätem Flussfahrten benutzte ich meist
diese Landenge, um am ersten Landungsplätze auszusteigen und
zu Fusse durch das Dörfchen Jably nach dem zweiten zu gehen,
wo ich dann das inzwischen um die Halbinsel herumfahrende
Canoe erwartete. Diesmal aber fuhr ich selbst mit, um in meine
Eintragungen keine Unterbrechung zu bringen, worauf wir am
obern Landungsplätze anlegten und eine Viertelstunde auf den