sich später hei unserm zufällig gleichzeitigen, langen Aufenthalte
in Robertsport zu einer dauernden Freundschaft gestalten würde.
Nachdem wir unsere nassen Kleider gewechselt und uns durch
einen opulenten lunch gestärkt, besahen wir uns vorläufig die
Faktorei, über die ich bei einer spätem Gelegenheit sprechen
werde. Dann machten wir in Begleitung von Herrn W igman
einen Besuch in der nebenan, ebenfalls am Flussufer, gelegenen
Woermann’schen (Hamburger) Faktorei , wo wir den damaligen
Agenten, Herrn R omahn, kennen lernten. Dieser, obwohl noch
jung, hatte sich ganz in die afrikanischen Verhältnisse eingewöhnt,
da er schon seit vielen Jahren sich an verschiedenen Plätzen der
Westküste aufgehalten hatte. Die Woermann’schen Handelsagenten
wohnen nicht, wie die Holländer, in der Faktorei selbst, wo es
wegen der niedrigen Lage und der unmittelbaren Nähe des mit
Sumpfwasser gefüllten Flusses ziemlich ungesund ist, sondern
haben ein sehr freundliches, für dortige Verhältnisse bequem
eingerichtetes Wohnhaus oben in der Stadt, wo es unter dem
Einflüsse der erfrischenden Seebrise, bedeutend gesunder ist.
Da draussen in der Sonne eine versengende Hitze herrschte,
blieben wir auf Anrathen unserer neuen Freunde in den kühlen
Räumen der Faktorei und giengen erst gegen Abend aus , um in
Begleitung • von Herrn W igman einen ersten Gang durch die
Stadt zu machen und unser Logis — man hatte in der Faktorei,
die gerade umgebaut wurde, keinen Platz für uns — kennen
zu lernen.
Monrovia, die Hauptstadt Liberia’s, mit etwa 3000Einwohnern,
liegt in einer Einsattlung des Vorgebirges Messurado , sowie an
dessen Nordabhang, und ist sehr weitläufig und auf echt amerikanische
Weise angelegt.. Breite und geradlinige , parallel in der
Richtung des Hügelrückens laufende Längsstrassen werden von
zahlreichen Querstrassen rechtwinklig gekreuzt. In den' so entstandenen,
grosse Rechtecke bildenden Parzellen aber steht nur
hie und da ein vereinzeltes Haus oder eine Hütte, gewöhnlich
von einem mit üppig wucherndem Gestrüpp und Unkraut bedeckten
ycorcl (einer Art verwildertem Garten) umgeben, aus dem nur
selten einige Kokospalmen, häufiger aber prachtvolle Mangqbäume
emporragen. Je das fünfte oder sechste Haus ist eine Ruine,
denn Liberia ist das Land der Ameisen und Termiten par
excdlence, denen besonders Häuser, die einige Zeit nicht bewohnt
sind, unglaublich rasch zum Opfer fallen1). Aus diesem Grunde
machte die Stadt, so reizend sie mir auch von der Rhede aus
mit ihren im Grün halb verborgenen Häusern erschienen war,
durchaus keinen angenehmen Eindruck, als wir aus der Faktorei
den steilen-, holprigen Weg hinaufgiengen. Da es in Monrovia,
wie überhaupt in ganz Liberia, weder Wagen noch Pferde giebt,
sind alle Strassen, insofern, nicht kahle Blöcke von badeschwammartig
durchlöchertem Laterit aus dem Boden hervorragen, dicht
mit Gras, stellenweise sogar mit Gestrüpp bewachsen, und dienen
einigen schöngebauten Kühen, kurzbeinigen Ziegen, glatthaarigen
Schafen und zahlreichen schwarzen Schweinen als Weidegrund.
Nur die Trottoirs zu beiden Seiten der Strassen werden für den
Verkehr benutzt und stellenweise etwas von Unkraut freigehalten.
Das Traurige dieses verwahrlosten, verfallenen Aussehens wird
jedoch zum grossen Theil aufgewogen durch den malerischen
Eindruck, den gerade die am ruinenhaftesten aussehenden Gebäude
inmitten ihrer grünen Umgebung auf den Neuling machen. Viele
der grössern, theils aus Bruchstein, theils aus Backstein aufgeführten
Gebäude, und die kleinen Holzhäuschen fast sämmtlich,
sind zwischen Gruppen von dichtkronigen, schattenspendenden
Mangobäumen halb verborgen. Kokospalmen, Guaven-, Limonen-
und Orangenbäume stehen vereinzelt oder in Gruppen auf den
verwilderten Gartenplätzen, und aus den Fensterlöchern und
Mauerspalten eingestürzter und dem Einsturze naher Häuser
wächst üppiges Gestrüpp wie in einer Burgruine.
In diesem obern, verhältnissmässig gesunden Stadttheile liegen
sämmtliche öffentlichen Gebäude und die Privatwohnungen der
besser situirten Bürger. Unter den erstem sind die folgenden
besonderer Erwähnung werth: Die sogenannte Governments- oder
‘) Eigenthümlich ist, dass sämmtliche Gebäude auf dem sandigen Ufersaume
des Flusses vollständig von den Termiten verschont werden. Die Ursache ist
wahrscheinlich der Salzgehalt des durch die See und das Brackwasser des
Flusses angeschwemmten Sandbodens. Desto mehr hat man aber hier des
Nachts von den Mosquiten zu leiden, die dagegen in dem obern, dem Winde
ausgesetzten Stadttheile fast gänzlich fehlen.