dem Schiffe, die Kajüte unter dem Hinterdeck,lag, musste der
Koch alles über Deck nach hinten tragen, wobei es trotz seiner
Vorsicht nicht selten geschah, dass er mitten auf dem Wege
von einer Sturzsee überschüttet wurde und wir uns dann mit
kalter Kost behelfen mussten. In der Kajüte sah es ebenfalls
traurig aus. Die Thüre war aus den Angeln geschlagen, und
der Wind, glücklicherweise nun nicht mehr so kalt wie auf
der Nordsee, hatte Tag und Nacht freien Zutritt. Tisch und
Stühle waren auf den Boden festgeschraubt, alles aber, was
nicht niet- und nagelfest oder sonst gut geborgen war, wurde
unaufhörlich hin und her geworfen. Wollte man sich yon seinem
Platze begeben und versäumte den günstigen Augenblick, so
wurde man unsanft gegen die Wand geworfen. Eine unangenehme
Scene, die jedoch auch ihre komische Seite hatte, spielte
sich den 26sten November am Mittagstische ab. Da die Suppe
schon auf der Treppe nach der Kajüte verunglückt war, begannen
wir uns eben an Pöckelfleisch und Kartoffeln gütlich zu
thun, als wir alle — Kapitän, erster Steuermann und wir beiden
Passagiere —■ infolge eines unerwarteten heftigen Stosses
plötzlich auf einem Haufen mitten in der Kajüte lagen, während
unsere Speisen, Schüsseln und Teller, Sauce, Essig und Oel,
Pfeffer und Senf über uns nachstürzte. Als wir uns mühsam
aus- dem Wirrwar von Scherben wieder erhoben hatten, war
kein Stück Geschirr mehr auf dem Tische zu sehen. Kurz darauf
erschien der Koch mit dem Theekessel, doch glitt, sobald er mit
seiner freien Hand die Wand losgelassen, auf einer breitgetre-,
tenen Kartoffel aus und warf Kessel sammt Inhalt über die
andere Brühe hin. Missmuthig sahen wir auf die Beste unserer
Mahlzeit nieder, bis der Steuermann durch eine Partie geräucherter
Bücklinge das Gleichgewicht in unserm Innern wieder
herstellte und uns dann, nachdem wir unsere Thonpfeifen angezündet,
eine seiner alten, uns schon mehrmals vorgerauchten
Schnurren zum Besten gab.
So sehr auch Kapitän und Steuermann sich darauf gefreut
hatten, uns seekrank zu sehen und diese Hoffnung auch bei
jeder Gelegenheit an den Tag legten, zeigte sich weder bei Sala
nach bei mir auch nur die geringste Spur dieser lästigen Erscheinung,
wie denn überhaupt während der ganzen Beise niemand
an Bord darunter zu leiden hatte. Ich muss bei dieser
Gelegenheit noch beifügen, dass wir Beide nicht die einzigen
Passagiere waren. Wir hatten nämlich .noch einige Neger von
der Goldküste an Bord, die in niederländisch indischem Militärdienste
gestanden hatten und nun auf Begierungskosten nach
ihrer Heimat zurückspedirt wurden. Bevor die Goldküste durch
Holland an.England abgetreten wurde (1871), liessen sich nämlich
viele Neger für die indische Armee anwerben und waren
dort als unerschrockene, ausdauernde und genügsame Soldaten
sehr gesucht. Nach Ablauf ihrer Dienstzeit wurden sie kostenfrei
um das Cap der guten Hoffnung, später, nach der Eröffnung
des Suezkanals, über Europa nach ihrer Heimat zurückgebracht.
Viele liessen sich auch, oft zu wiederholten Malen, für eine
neue Dienstperiode anwerben, und so kommt es, dass noch stets
afrikanische Soldaten in der indischen Armee gefunden werden,
obschon das Anwerben von neuen Soldaten seit dem Uebergang
der Goldküste an England aufgehört hat. Alle unsere Neger
waren mit Verdienstmedaillen geschmückt, die sie fleissig polir-
ten und mit Wohlgefallen wieder auf die Brust reihten. Der
Eine, ein Stelzfuss, hatte 250 Gulden jährliche Pension, ein
anderer, mit einem etwas steifen Arm, der ihn jedoch nicht an
der Arbeit hinderte, 75 Gulden. Die Pensionen werden gewissenhaft
durch den holländischen consulären Agenten in Elmina
ausbezahlt. Wir hatten viel Vergnügen an diesen strammen
Schwarzen, die uns für etwas Tabak oder eine Cigarre allerlei
kleine Dienste leisteten, und waren oft empört über die rohe
Behandlung, die sie von Seiten des Kapitäns erdulden mussten.
Dieser Letztere hatte seine ganze Liebenswürdigkeit in Botterdam
zurückgelassen und war während der ganzen Beise ein sehr
unangenehmer Patron. Da dies seine erste Beise als Kapitän an
Bord eines Kauffahrers war, so that er sich nicht wenig darauf
zu Gute und liess seine Autorität nicht nur die Mannschaft,
sondern auch uns Passagiere auf die empörendste Weise fühlen.
Doch verfolgen wir unsere Beise weiter.
Um 6 Uhr abends (26. November) blieb das Barometer, auf
hoher See ein unendlich viel zuverlässigerer Wetterprophet als