vorlegte. Er führte uns auf seinen ausgedehnten Kaffee- und
Kassavepflanzungen herum, und hei unserer Rückkehr fanden
wir in seinem Hause eine schmackhafte Mahlzeit, bestehend aus
Antilopenfleisch und tomboy, dem mehr erwähnten, liberianischen
Nationalgericht. In der Nähe seines Hauses steht der grösste
Bambusbusch , den ich bisher in Liberia angetroffen, hatte. Einer
der gefällten Stämme, oder richtiger Halme, hatte eine Länge von
90' bei einer Dicke von 3/4'. Auch dieser Busch schien, wie
derjenige, bei Buluma und der viel grössere bei Gonon, absichtlich
gepflanzt zu sein, umsomehr, als ich dieses nützliche Gewächs
nur in der Nähe bewohnter Plätze, nie aber in unbestreitbar
wildem Zustande angetroffen habe.
Nach einigem Aufenthalt fuhren wir nach der beinahe zwei
miles weiter oben gelegenen zweiten Stromschnelle. Diese konnte
mit unserer Schaluppe nicht passirt werden; für Oanoes aber
befindet sich in der Nähe des rechten Ufers eine Stelle, an der die
Barre einen wenn auch etwas schwierigen Durchgang gewährt.
Einmal oben, soll dann der Fluss meilenweit bis an die Finley
Mountains hinauf ohne Schwierigkeit befahren werden können.
Wir legten nun am Fusse der Schnelle auf dem linken Ufer an
und umgiengen zu Lande die unpassirbare Stelle. Nach oberflächlicher
Schätzung mag die Höhe der Stromschnelle, die eine
lange, vielfach durch Felsen unterbrochene, schiefe Ebene bildet,
ungefähr zehn Fuss betragen. Sie wird durch eine den Fluss quer
durchsetzende Reihe von zum Theil mit Gebüsch bedeckten
Felsinseln und kolossalen Felsblöcken (Gneiss) gebildet, über
die sich das Wasser des noch immer breiten Flusses mit grossem
Getöse hinunterstürzt. Nachdem wir noch ein in der Nähe
liegendes Negerdorf (Bassaneger) besucht hatten, fuhren wir
wieder flussabwärts und langten kurz vor Sonnenuntergang in
Edina an.
Den ganzen nächsten Tag litt ich Wieder an Diarrhoe , so dass
ich es gerathen fand, den Tag über in der Faktorei zu bleiben
und mich nicht in die Sonne hinauszuwagen. Auch während der
folgenden Tage war ich genöthigt, während^ der heissen Tageszeit
zu Hause zu bleiben, so gerne ich auch einige grössere Ausflüge
den Mechlin- und Benson River hinauf gemacht hätte. Da keine
andere Gelegenheit zur Weiterreise in Aussicht war, entschloss
ich mich, in einem Segelboote die Küste entlang nach River
Cess zu fahren und später von dort mit einer ähnlichen Gelegenheit,
die Reise nach Sinoe1) fortzusetzen.
Leider wartete ich einige Tage vergeblich auf eine solche
Gelegenheit, da weder Herr W underlich noch Mr. Attia ein
Boot zur Verfügung hatten. Erst am 27. April traf ein solches
ein, und am folgenden Tage 11 Uhr morgens nahm ich Abschied
von meinem freundlichen Gastherrn W underlich und trat, von
diesem wohl verproviantirt, die Reise an.
Das Boot War mit acht Krunegern bemannt, die auch hier,
wie überall an der Küste, das beinahe ausschliesslich seefahrende
Element: ¡.unter den Negern sind. Mit erstaunlicher Sicherheit
steuerte der „Captain” das schwere Boot zwischen den von der
Brandung umtosten Klippen von Bassa Cove hindurch und um
Bassa Point herum ins offene Meer hinaus. Inzwischen hatte
sich eine frische Seebrise erhoben, und mit geblähtem Segel
glitten wir, ziemlich dicht unter der Küste hin nach Südosten
steuernd , unserem Ziele entgegen.
Yon Bassa Point abwärts2) ist die Küste Liberia’s mit geringen
Ausnahmen sehr felsig, und der schmale Strand ist mit Felstrümmern
besät, an denen das zu Schaum zerpeitschte Wasser oft
haushoch aufspritzt. Einzelne Felsmassen sind sogar weit in die
See vorgeschoben, und zahlreiche Klippen, theils unter Wasser,
theils hoch über dasselbe emporragend, sind ebensoviele Beweise
von dem Einflüsse der ewig an den granitnen Wällen nagenden
Brandung. Die ganze Küste zwischen Bassa und Cap Palmas steht
denn auch bei den Seefahrern schlecht angeschrieben, und manches
Wrack ist der stumme Zeuge irgend einer Katastrophe, manch stolzes
Dampfboot wurde nach unglücklichem Stoss auf eine unter Wasser
verborgene Klippe für immer auf tiefem Meeresgründe gebettet.
') Sprich.Sainoh.
s) Man spricht hier nie von hinüber, sondern hinauf oder hinunter, wobei
man den nordwestlichsten Küstenplatz als den obersten, den südöstlichsten
als den untersten betrachtet. So sagt man z. B. in Monrovia: „Nach Cape
Mount hinauf, nach dem Senegal hinauf,” aber „nach Cape Palmas hinunter,
nach dem Cap (der guten Hoffnung) hinunter.”