wandtheit durch das G-ewirr von Anklage und Vertheidigung
hindurchzuarheiten um entweder den Nagel auf den Kopf zu
treffen oder auf salomonische Weise den Knoten durchzuhacken,
so dass seihst Häuptlinge aus der Ferne herkamen-um sich bei
etwaigen Differenzen seinem Urtheilsspruch zu unterwerfen. Er
erhob in der Regel Gebühren sowohl von der verlierenden als
der- gewinnenden Partei und hielt sich obendrein das bereits
erwähnte Magazin mit den zum Rang von Münze erhobenen
Handelsartikeln. Hatte nun, um einen Betrag zu nennen, die
verlierende Partei der gewinnenden drei kupferne Kessel zu
bezahlen, so musste sie anstandshalber dieselben von Claek
kaufen; doch da auch die gewinnende Partei ihren Antheil
an die Gerichtskosten zu bezahlen hatte, so gieng z. B. einer
der Kessel wieder in das Magazin zurück. Mr. Claek erzählte
mir, dass verschiedene dieser Artikel wohl dreissig Mal schon
ihren Besitzer gewechselt hätten, ohne aus seinen Händen gekommen
zu sein, und dass er an den abgehenden ebenfalls
schönes Geld verdiene. Ich machte dabei die Bemerkung, dass
bei uns in Europa nur die verlierende Partei Gerichtskosten
bezahlen müsse, worauf er lakonisch erwiderte, dass, wer Lust
habe, Palaver zu machen, d.h. Prozesse zu führen, auch bezahlen
müsse, denn sonst würde er gar keinen freien Augenblick mehr
haben. Wer weiss, ob nicht auch bei uns dieses Prinzip vielerorts
gute Früchte tragen würde!
Am Abend des ersten Tages gieng es in Hill Town ungemein
lebhaft her. Zahlreiche Leute waren aus der Umgegend herge-
kommen, um mit dem weissen Manne, ausser Mr. Day dem
Ersten, den sie hier zu sehen bekamen, Bekanntschaft zu machen.
So wimmelte es denn in dem kleinen Platze geradezu von Leuten
jeden Alters und Geschlechts, und ich hatte fast nicht Hände
genug, um ihre Grüsse zu erwiedern. Auch einige Jäger aus
ändern Orten hatten sich eingefunden, und diese sowohl als
die verschiedenen Dorfoberhäupter erhielten Jeder ein Schlückchen
Branntwein oder etwas Tabak. Nach Einbruch der Nacht begann
ein grosses Fest, zu dem ich eine grosse' Flasche Branntwein
spendete. Es wurde viel gesungen und nach dem Takte der
grossen Kriegstrommel und einer kleinern, die ich selbst von
Cape Mount mitgebracht, getanzt. Mr. Claek hatte sich bereit
erklärt, mir eine Haushälterin zu geben, ein Anerbieten, das
ich, ohne unhöflich zu sein, nicht wohl abschlagen konnte. Er
liess mir die Wahl zwischen seiner Tochter Tokfo und der
jüngsten seiner in Hill Town anwesenden Frauen. Da die Tochter
einen beinahe zweijährigen Säugling hatte, der ein fürchterlicher
Schreihals war, so wählte ich zum grossen Vergnügen Jackson’s
und meiner boys die kinderlose Jassa, die eben erwähnte Frau
Claek’s , und füge gerne- gleich hier bei, dass ich später diese
Wahl nie zu bereuen gehabt habe. Jassa mochte gegen 25 Jahre
alt sein und war also* keine blühende Schönheit mehr, doch
bemühte sie sieh .gleich vom ersten Tage an so sehr, um es mir,
soweit es in ihren Kräften stand, an nichts fehlen zu lassen,
dass ich wirklich kaum eine bessere Wahl hätte treffen können.
Sie war eine Vey-Negerin aus der Nähe von Robertsport und freute
sich uäher ungemein, als sie Jackson, den sie von "früher her
noch kannte, auf einmal vor sich sah. Wie sie sagte, fiel es ihr
sehr schwer, sich in die neuen Verhältnisse einzugewöhnen, und
die Queah-Sprache hatte sie wohl verstehen, aber noch nicht
sprechen gelernt, weil nicht nur Claek selbst, sondern auch
seine head-woman (älteste Frau und Gebieterin über den Hausstand),
letztere ebenfalls eine geborene Vey-Negerin, sich mit ihr
in der Vey-Sprache unterhielten. Sie schloss sich daher mit
grossem Vergnügen an meine Vey-Leute an, kochte für mich
und gieng des Abends an den bereits genannten Waldbach
hinunter, um für mich von jenen grossen Garneelen (Palaemon
macrobrachion) zu fangen, die mir noch vom St.Paulsflusse her
in angenehmer Erinnerung gebheben waren.
Die Vergrösserung meines Hausstandes durch Jassa war ebenfalls
ein Ereigniss, welches bei diesem Abendfeste nach Gebühr gefeiert
werden musste, und einen ändern Anlass gaben die Geschenke,
die ich für Claek und seine head-woman mitgebracht. Selbstverständlich
gieng auch meine Haushälterin nicht leer aus und war
denn auch durch all das Glück, das heute bei ihr eingekehrt,
sehr fröhlich gestimmt, so dass sie den ganzen Abend sa.ng
und tanzte, wie eine jugendliche Bajadere. So gerne ich auch
dergleichen Festen sonst beiwohnte, zog ich mich doch verhält-
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