eine halbe Meile weiter östlich sackartig endigt. Die ganze Gegend
ist mit dichtem Mangrovewald bedeckt.
Da wir gerade Ebbe hatten, so sass das Boot bald fest, und ich
musste eine lange Strecke durch untiefes Wasser mit schlammigem
Untergründe getragen werden, bevor wir festen, trockenen Boden
erreichten. Zahllose Krabben (G-elasimus perlatus und Sesarma.
africana) rannten bei unserer Ankunft auf dem schlammigen
Grunde herum und zogen sich in ihre in den Boden gebohrten,
runden Schlupfröhren zurück. Weiter landeinwärts war der Boden
sandig, ganz flach und mit niedrigem Strauchwerk und Gras
bedeckt; doch bald stiegen wir einen vom Regen ausgewaschenen'
Fusspfad hinan und befanden uns kurz darauf in der Stadt des
reichen, aber dennoch den Faktoreien in Bassa schwer verschuldeten
Häuptlings Tom W ill.
Sofort wurde ich nach dem Fremdenhause gebracht, das mir
Tom durch einen seiner Leute als Wohnung anweisen liess.
Dieses Haus hatte einen halb inländischen, halb americo-liberi-
anischen Baustyl. Es war ein rechteckiges Gebäude mit einer
Art Veranda auf jeder Längsseite, die man von unten mittelst
leiterartiger Treppen erreichte. Die grössere Hälfte des Hauses
war als Wohnraum, die andere als Schlafraum eingerichtet, und
beide waren von der Veranda aus durch verschliessbare Thüren
zugänglich. Das. Wohnzimmer war bequemer eingerichtet als
dasjenige manches liberianischen Ansiedlers. An der hintern
Wand standen auf einem Hängebrett allerlei Nippsachen, schöne
Trinkgläser und zwei Photographien von weissep Kaufleuten in
Grand Bassa, an jeder Längswand lange, bequeme, aus Weidengeflecht
construirte und mit inländischem Baumwollstoff überzogene
Ruhebänke, und vom an der Fensteröffnung ein einfacher,
hölzerner Tisch, worauf ein Ständer mit sechs Trinkgläsern und
einem sogenannten water-coöler *), der sofort mit irischem Trinkwasser
gefüllt wufde. An den aus Thon erbauten, weissgetünchten
Mauern hingen einige Bilder in Rahmen, worunter eine Kreuzabnahme,
die sich wohl von einer Faktorei aus zu diesem Heiden
verirrt haben mochte.
i) Ein VeitbaucMger und enghalsiger, poröser Wasserkrug, dessen Inhalt
infolge der fortwährenden Verdunstung an der Oberfläche kühl bleibt.
Einen Augenblick später erschien Tom W ill selbst, der schwerste,
korpulenteste Eingeborne, der mir je zu Gesichte gekommen. Er
trug eine kurze, blaue Hose, die bis kurz unter die Kniee
reichte, und darüber niederhängend ein weisses Hemd von impor-
tirtem Kattunzeug, das seinerseits wieder mit einem contry
gown (Mandingo-Hemd) von schwerem, inländischem Baumwollstoff
bedeckt war, dazu einen feinen, breitrandigen Panamahut, auf
dessen Besitz er' sich nicht wenig einzubilden schien. Sofort
bewirthete er mich mit einigen Flaschen importirtem Ingwerbier,
das er durch einen Diener aus seinem Hause holen liess und
das mir nach der grossen Hitze, die ich den Tag über im Boote
ausgestanden, vortrefflich schmeckte. Auch an einem modernen
Korkzieher fehlte es nicht. In der Regel wissen sich die Einge-
bornen auch ohne Korkzieher sehr gut zu helfen, indem sie
zwei zähe, aus der Rinde von Palmblattstielen geschnittene
Stäbchen zwischen Kork und Flaschenhals einschieben und diese
so lange drehen, bis der Kork herauskommt.
Nachher machte ich mit dem Häuptling einen Spaziergang
durch die Stadt, welche auf einer kleinen Anhöhe liegt und mit
grossen Kassavepflanzungen umgeben ist. Nach oberflächlicher
Zählung besass die Stadt gegen-100 meist gut unterhaltene,
theils rechteckige, theils runde, mit Palmblattdächern versehene
Thonhäuser; Sie war denn auch die grösste Wohnstätte von Einge-
bornen, die ich bis dahin unter dem Bassastamme angetroffen hatte.
Rund um die Stadt zog sich eine Barrikade von lebenden Akazien;
die Abstände zwischen den letztem waren mit hohen Staketenwänden
angefüllt; doch war diese sogenannte fence mehr eine
gewöhnliche Einfriedigung, als eine Befestigung, da die Eingänge
nicht mit Thoren versehen waren.
Ein ähnlicher, aber etwas niedrigerer Zaun umgab auch die
Wohngebäude des Häuptlings und ihre Dependenzen, die wir
nun besuchten und die nichts von den Bequemlichkeiten besassen,
mit denen er sein Fremdenhaus ausgestattet hatte. Es waren
vielmehr niedrige, fensterlose Hütten, .wie ich sie bisher bei den
Bassa überall angetroffen, nur mit dem Unterschiede, dass sein
eigenes Wohnhaus einen kleinen, offenen Vorraum besass, in
dem zahlreiche Gegenstände standen, welche als Fetisch betrachtet