Die ganze Stadt hat jetzt ein anderes Aussehen. Die Häuschen
sind schöner und solider wieder aufgebaut, aber • nicht mehr
in der frühem malerischen Unordnung, sondern nach einem
bestimmten Plane in langen, geraden Reihen, zwischen denen
sich breite Gassen hinziehen. So ist die Krootown nun wirklich
ein Städtchen geworden, das durch den Neubau viel gewonnen
h a t; aber ein gewisser Zauber, der malerische Reiz, hat darunter
gar sehr gelitten, obschon die Leute dieselben geblieben sind
und nach wie vor ein Reben voll paradiesischer Unschuld zu
fuhren scheinen,
Haus in Krootown bei Monrovia.
Ein ähnliches Krudorf, das ich an einem der folgenden Tage
zu "besichtigen die Gelegenheit hatte, liegt gegenüber Monrovia
am ändern Ufer des Messuradoflusses, wo auch das W oekmann’-
sche Kohlenmagazin sich befindet. Während die Krootown bèi
Monrovia die holländische Faktorei mit Arbeitern und Bootsleuten
versieht, bezieht die WoERMA.Nn’sche die ihrigen fast
ausschliesslich aus der ändern, die darum auch wohl die deutsche
Krootown genannt wird. Sie ist jedoch weniger gross und jetzt
ebenfalls neu gebaut , da sie mit dem dazu gehörigen Grund und
Boden — sie lag ganz nahe an der Mündung des Flusses, auf dem
sogenannten Kroo-point — vor ein paar Jahren durch eine Sturm-
fluth, welche die Barre vor der Flussmündung durchbrochen, weggeschlagen
wurde. Nahe bei diesem zweiten Krudorfe, etwas mehr
landeinwärts bei der Mündung des Stockton Creek, liegt Veytown,
die Residenz des einflussreichen Königs V ey-John (sein englischer
Name ist J ohn. Geav). Dieses Dorf macht jedoch durchaus nicht
den Eindruck einer fürstlichen Residenz, sondern ist ein recht
armseliges Nest von einigen kleinen, meist kreisrunden und
ovalen Hütten, deren Wände entweder aus Palmblattschäften
oder mit Thon beschmiertem Flechtwerk (sogenanntem Wickelwerk)
bestehen, auf denen das konische, aus Palmblättern construirte
Dach sitzt. Da die Bauart und innere Einrichtung der Häuser des
Veystammes im ethnographischen Theile ausführlicher behandelt
werden wird, so unterlasse ich an dieser Stelle eine eingehende
Schilderung. König V ey-John , den wir bereits früher in Monrovia
kennen gelernt hatten, ist ein grösser, starker Mann von mittlerem
Alter, der trotz seinem süsslich einfältigen, nichtssagenden
Gesichte ein sehr geriebener Schlaukopf ist, den man sich
seines bedeutenden Einflusses wegen (er ist ein Glied der später
zu erwähnenden, grossen Familie Gbay) gern zum Freunde hält.
Er trug.als Zeichen seiner Würde einen rothen Fez, wie sie in
den Faktoreien verkauft werden, und über seine Schultern ein
talarartig bis zu den Knieen herabhängendes, ärmelloses Hemd
von inländischem, gestreiftem Baumwollzeug, den sogenannten
Country-gown, und nahm schmunzelnd die zwei Flaschen Bier
in Empfang, die ich ihm als Geschenk aus der Faktorei mitgebracht.
Seine Kleidung ausgenommen, zeichnete er sich äusserlich
in nichts vor seinen halbnackten Unterthanen aus, und auch
sein Palast stach nicht von den ihn umgebenden , armseligen
Hütten ab. Sein Reichthum und sein Stolz sind seine zahlreichen
Frauen und Kinder, von denen erstere im ganzen Gebiete des
Veystammes zerstreut sind und ab und zu auf einer Rundreise
besucht werden. Von ihm hatte. Herr W igman drei seiner Söhne,
grosse, starke Kerle von 18—24 Jahren, von denen der eine