Rührigkeit und fröhliches Leben. Die Frau des Häuptlings, die
von meiner Ankunft gehört hatte, liess uns ein reichliches Frühstück
mit Hippopotamusfleisch vorsetzen. Letzteres war aber
furchtbar zähe und geschmacklos, so dass ich mit ebensoviel
Vergnügen ein Stück Kautschuk gekaut hätte. Leider bekam ich
die gute Frau selbst nicht zu sehen, denn sie war während der
letzten Nacht Mutter geworden und durfte sich nach dortiger
Landessitte während der ersten Tage- vor keinem Männerauge
sehen-lassen. Ein ganz mit weissem Thon bestrichenes Mädchen
hielt an der Thüre Wache. Diesem übergab ich für die Frau ein
schwarzseidenes Foulard als Gastgeschenk, worauf Letztere mir
hoch erfreut aus der Hütte thanky, thanky zurief. Die Reise
flussabwärts verlief sehr rasch und ohne nennenswerthe Besonderheiten,
so dass wir schon um 6 Uhr abends wohlbehalten
in Hill Town ankamen. Auch der Häuptling Clabk war inzwischen
zurückgekehrt und bereitete mir einen angenehmen Empfang
mit obligatem, nächtlichem Kriegstanz, dem ich jedoch nur kurze
Zeit zusah; denn ermüdet durch das lange Krummsitzen im
Canoe, verlangte ich nach Ruhe und zog mich früh in meine
Hütte zurück.
Am Morgen des 9. Februar erledigte ich allerlei Geschäfte und
rechnete mit Clabk ab, um dann nach Schieffelinsvllle hinunter
zu • fahren und Freund Stampfli abzulösen, der für einige Zeit
meine Stelle in Hill Town einnehmen sollte. Man sah mich
nur ungern wegziehen, denn Viele fürchteten, das« ich nicht
mehr zurückkehren würde. Besonders Jassa, meine gute Haushälterin,
war über diesen Wegzug untröstlich. Sie hatte sich
in Hill Town nie gut heimisch gefühlt und war, wie es mir
schien, von Clabk stets roh behandelt und stark vernachlässigt
worden, so dass sie mich denn auch flehentlich bat, nach Schief-
felinsville mitkommen zu dürfen, eine Bitte, welche ich ihr
jedoch abschlagen zu müssen glaubte.
Mein Verhältniss zu Clabk selbst war stets ein sehr angenehmes
geblieben, und wenn ich an die reichen Sammlungen dachte,
die ich zum grossen Theil seiner Initiative zu danken hatte, so
durfte ich herzlich froh sein, diesen Monat bei ihm zugebracht
zu haben, Hätte ich den Warnungen der Leute, besonders der
Liberianer, Gehör geschenkt, dann wäre ich jedenfalls nie nach
TTill Town gekommen. Ueberall wurde mir nämlich C lab k als
der grösste Gaudieb dargestellt, dem es nur darum zu thun sei,
mich nach Hill Town zu locken, um mich so lange wie möglich
aussaugen und schliesslich plündern zu können. Es wurden
überhaupt wunderbare Dinge von ihm erzählt, so z. B., dass er
die Kunst kenne, um Jemanden in todähnlichen Schlaf zu versetzen,
und diese Kunst anwende, um sein Schlachtopfer desto sicherer
bestehlen zu können, oder dass er dasselbe durch Helfershelfer
plündern lasse, während er auf Reisen sei, um auf diese Weise
jeden Schein von Verantwortlichkeit von sich abschütteln zu
können. Auch fürchtete man, dass er mir irgend einen Fallstrick
legen werde, um mich in allerlei Verlegenheiten zu bringen,
aus welchen niemand besser als er selbst, unter dem Scheine
treuer Freundschaft, Kapital zu schlagen verstehe. Ueberall,
sagte man, sitze er tief in Schulden und dürfe nicht mehr nach
Monrovia kommen, ohne gefangen genommen zu werden. Die
beste Charakterzeichnung von ihm gab m i r a b e r der mehrerwähnte
Mr. W a b n e e , Bürgermeister von Schieffelinsville, der ihn genau
kannte und sich' gedrungen fühlte, mir am Abend vor meiner
Uebersiedlung nach Hül Town brieflich einige wohlgemeinte
Rathschläge zu ertheilen. Die betreffenden Stellen in seinem
Briefe lauten in der Uebersetzung wie folgt:
„Alles was Ich Ihnen zu sagen habe ist: Seien Sie sehr vorsichtig
und schauen Sie überall scharf zu, denn.ich bin mit dem
Herrn gut bekannt. Er weiss sich sehr gut überall anzupassen,
ist in hohem Grade gesellig und freundlich und rechnet es sich
zur besondern Ehre, mit Weissen auf freundschaftlichem Fusse
zu stehen. Andererseits aber ist er ungemein listig und verschmitzt,
und voll Ränke, aber nicht immer voll Wahrheit. Er wird
trachten, aus Ihnen möglichst viel herauszupressen. Besonders
warne ich Sie, den Eingebornen, die unter ihm stehen, keine
Gewehre zu leihen, denn dieselben möchten, wenn später zurückverlangt,
spurlos verschwunden sein. Das ist alles, was ich
Ihnen hierüber zu sagen habe, während Sie noch unter uns
weilen. Sie kennen übrigens den Charakter der Eingebornen aus
langer Erfahrung und wissen, so viel ich gemerkt habe, sehr