Ufergehölzes einigermassen zu erkennen, jedoch ohne Pandanus,
Mangrove und Weinpalmendickicht von einander unterscheiden
zu können. Da wir die Fahrt mit eintretender Fluth begannen
und die beiden kräftigen Diener B ob und P etee in der Morgen-
irische energisch' ruderten, so kamen wir rasch vorwärts, was
übrigens nöthig war, weil J ackson mich vor Tagesanbruch in
Upper Blow Town erwartete.
An einigen Stellen sah ich während der Fahrt riesige Flughunde
(Epomophorus monstrosus) herumschwärmen, welche weithin
hörbare, quackende Töne erschallen liessen. Da sie sich jedoch
stets über dem Dickicht hielten und sich nicht auf das Wasser
hinauswagten, uns aber zum Stilleliegen die Zeit fehlte, liess ich
sie in Ruhe, denn man hätte sie, wenn geschossen, bei Nacht
in dem unzugänglichen Ufergebüsch doch nicht finden können.
Ohne Schwierigkeiten erreichten wir beim ersten Morgengrauen
den sogenannten Blow Creek und gelangten, in diesen einbiegend
und zwischen waldbewachsenen, hohen Uferbänken durchfahrend,
eine halbe Stunde später an unser Reiseziel, wo J ackson schon
am Landungsplätze bereit stand.
In dem kleinen Dorfe lag noch Alles in tiefer Ruhe. Nur
die Hühner, die sich zum Schutze vor Raubthieren auf die
Dächer der Wohnungen zurückgezogen hatten, reckten die
Flügel, und die Hähne krähten, als wir stillschweigend zwischen
den ärmlichen Lehmhütten dahingiengen und durch die thautrie-
fenden, hohen Kassavepflanzungen unsere Schritte dem nahen
Hochwalde zulenkten. Inzwischen war es Tag geworden, und
wir konnten ohne viel Mühe den durch eingeknickte Zweige be-
zeichneten Weg finden, den J ackson am vorigen Tage mit Stampeli
gegangen war. Das Terrain war ziemlich hügelig, die tiefergelegenen
Stellen noch voll Wasser oder eine beinahe unzugängliche
Schlammasse, und die Wälder nebst allerlei lästigem Unterholze
reich an Rotangpalmen, an deren mit scharfen Widerhaken
versehenen Blättern man jeden Augenblick hängen blieb. Nach
langem Suchen bezogen wir unsere Posten, doch wollte sich
kein Wild zeigen, obwohl wir zahlreiche Spuren von Büffeln,
grossen Antilopen und Pinselschweinen fanden. Ohne einen Schuss
gethan zu haben, kehrten wir gegen Mittag nach Blow Town
zurück, wo man uns mit tomboy, einem Brei von gestampften
Kassaven, und einer Suppe von schmackhaften, während der
letzten Nacht bei Fackelschein gefangenen Fischen (Notopterus
afer) bewirthete. Nachdem wir etwas ausgeruht, fuhr ich mit
meinen boys den Blow Creek weiter hinauf. Derselbe behält
ein paar miles weit, mancherlei Krümmungen beschreibend,
dieselbe Breite (durchschnittlich etwa 10 — 20 Schritt) und verliert
sich schliesslich in ein weites Sumpfgebiet, das zur Regenzeit
höchst wahrscheinlich ein grosses Wasserbecken bildet. Da ich
nun gerne mir den Du Queah bei Tage genauer ansehen wollte,
so traten wir schon früh am Nachmittage bei abfliessendem
Wasser die Rückreise an, welche ich hier mit Stillschweigen
übergehe, weil ich den Unterlauf des Flusses bei einer ändern
Gelegenheit zu beschreiben gedenke.
Am folgenden Tage war Weihnachten, und schon früh kamen
Kinder und grosse- Leute, uns zu beglückwünschen und nach
liberianischem Landesbrauche um eine Weihnachtsgabe (Christmas-
gift) zu bitten. Auch der zweite Weihnachtstag wird in Liberia
als Feiertag betrachtet, so dass wir auch an diesem Tage nichts
ausrichten konnten. Jede Arbeit, also auch hie Jagd, wird von
den Gemeindebehörden mit Busse belegt, von welcher auch wir
nicht ausgeschlossen worden wären.
Während dieser Tage lernte ich einen eingebornen Häuptling
kennen, dessen Bekanntschaft mir später von höchster Bedeutung
werden sollte. Er war ein verschmitzt aber intelligent
aussehender Mann aus dem Queah-Stamme, weit oben am Du
Queah, der nach Schiefifelinsville gekommen war, um als guter
Christ hier Weihnachten zu feiern, d.h. während dieser Tage
dem Gottesdienste beizuwohnen. Sein inländischer Name war
U e l l e , sein christlicher Name H eney Calvin Cl a e k , und
unter diesem letztem war er allgemein bekannt. Er sprach ein
vorzügliches Englisch und war auf europäische Weise gekleidet,
mit weissem Hemd ohne Kragen, aber vorn mit einer grossen
Damenbrustnadel versehen, die ihm Mrs. Day geschenkt hatte,
ferner mit einer karrirten Tuchhose, schwarzer Tuchjacke, einem
schwarzen Filzhut und guten Lederschuhen. Er hatte kurzgeschnittenes,
graues Haupthaar und ebensolchen Bart und mochte
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