fand mich aber wegen vieler an meinen Füssen ausgebrochener
Geschwüre unfähig, grössere Excursionen zu machen. Ueberdies
zerschlugen sich die Friedensunterhandlungen von neuem und
Messen die langweüige Streitfrage ungelöst, obschon die Anstifter
des Krieges, die GalMnas, zum Frieden geneigt waren, weil sie
nun, da das Land der Vey kahlgeraubt war, von ihren befreundeten
Räuberbanden, den Kosso, selbst arg mitgenommen wurden.
Schon vor und während dieser Zeit unternahm ich verschiedene
kleine Streifzüge im Canoe mit Herrn Ah r e n s , dem Agenten der
dortigen Woermann’schen Faktorei, dem bei der gänzlichen Geschäftsstockung
Zeit genug für solche Fahrten zur Verfügung stand.
Wir besuchten zusammen den zwischen Sümpfen hinfüessenden
Sugary River, fuhren jagend weit in den Mahfa River und Glima
Creek hinauf und machten gelegentlich Touren nach verschiedenen
Punkten am Fisherman Lake und Morü River. Ich habe Herrn
Ah r e n s , der ein ebenso guter Schütze als eifriger Naturfreund
war und keinen Strapazen aus dem Wege gieng, manches interessante
Objekt meiner Sammlungen zu verdanken.
Eines grossen, zwei Wochen dauernden Volksfestes, das durch
die Eingebomen in Tosso, einer am untern Ende des Fisherman
Lake hegenden Vey-Stadt, gefeiert wurde, darf ich nicht zu
erwähnen vergessen, weil es eine Illustration zu den Sitten
und Gebräuchen der Eingebomen liefert. Ich besuchte Tosso
mit den Herren V eldkamp, und Ahrens und Rev. Mc.Nabb
am Schlusstage dieser sogenannten Teu f e l s tän z e (devil-dcinces),
den 1. November 1881. Die Stadt war mit Theilnehmern
von Nah und Fern, sowie mit Zuschauern aus dem nahen
Robertsport überfüllt. Es herrschte eine unbändige, zügellose
Fröhlichkeit, und das tolle Leben und Treiben erinnerte mich
lebhaft an ein ländliches Kirchweihfest. Schon auf grossen Abstand
hörten wir den wilden Lärm, bis endlich, als wir auf unserer
Wasserfahrt um eine Ecke gekommen waren, der Festplatz auf
ainmal vor uns lag. Wirres Durcheinanderlaufen in den Pausen,
grosse Umzüge durch die reinlichen, krummen Strassen der
Stadt-, deren in tropischer Ueppigkeit prangende Umgebung jede
künstliche Decoration entbehrlich machte, wilde Tänze und
Reigen von Männern und Frauen, die sich in ihren reichsten
Festschmuck gesteckt hatten, eine betäubende Musik von inländischen
Trommeln, Cymbaln und Castagnetten, vielfach übertönt
von den meist im Recitativ. erschallenden Gesängen der im Tanze
Arme und Beine verrenkenden, schweisstriefenden Schwarzen: das
Alles wurde uns als Augen- und Ohrenweide zugleich geboten.
Als ich aber, mit vielen dieser Leute persönlich bekannt, mich
zwischen eine Gruppe von Tänzern und Tänzerinnen mengte und
einen ihrer wilden Tänze mitmachen half, da wollte der Jubel kein
Epde nehmen. Mit verdoppeltem Eifer wurden die Musikinstrumente
bearbeitet, und einen Augenblick war die ganze festfeiernde
Menge zu einem Knäuel zusammengedrängt so dass man mich im
Freudentaumel fast erdrückte. Ein solcher Schwank, im rechten
Momente angebracht, gewinnt bei einem gutmüthigen, fröhUchen
Völckchen wie die Vey mehr Herzen, als grosse Geschenke, und
ich bin überzeugt, dass die feueräugigen Negerinnen noch lange
von dem weissen Manne sprechen werden, der damals in Tosso
ihre Tänze mitgetanzt. Bei den stolzen, finstern Golah hätte ich
so etwas nie zu thun gewagt.
Der „Festteufel” zeigt sich nur am Abeöd und während der
Nacht — diese Feste dauern freilich Tag und Nacht ununterbrochen
fort | i und erscheint den Tag über, während welcher Zeit er in
einer Hütte zurückgezogen verweilt, nur- sehr ungern. Einer Flasche
Branntwein, die ich ihm anbieten Mess, konnte er jedoch nicht
widerstehen. Er erschien, vom Kinn bis auf den Boden mit
an Schnüre gereihten, trockenen Fiederblättern der Weinpalme
behängen, so dass man nicht gewusst hätte, was vorn oder
hinten wäre, hätte er nicht auf dem Kopfe eine schwarze, hölzerne
Maske, das sogenannte devil’s head, mit hässlichem Fratzengesicht,
getragen. Diese Gestalt machte beim Vortreten allseitig plumpe
Verbeugungen, spazierte bedächtig auf dem freien Platze hin und
her, drehte sich auf einmal wie ein Wirbelwind im Kreise herum,
schüttelte sein rauschendes Blätterkleid und war nach einigen
Bocksprüngen wieder in der Hütte verschwunden.
Gegen Abend wurde zum Schlüsse des Festes eine allgemeine
Mahlzeit veranstaltet, an der alle anwesenden Männer Theil
nahmen und für die in verschiedenen Hütten der Stadt den ganzen
Tag über gekocht worden war. Auf 45 grossen, hölzernen Schüsseln