und war uns, als wir mit Einbruch der Nacht auf unserm Landungsplätze
bei Millsburg endlich anlangten, nach der Mission
bereits vorangeeilt. Sofort liessen wir unsere Bagage aus dem
Boot in ein nahegelegenes, einem liberianischen Ansiedler gehöriges
Farmerhäuschen bringen. Der Parlor dieser Behausung war
zu einem öffentlichen Betlokale eingerichtet. Eine alte, gesprungene
Schiffsglocke in der baufälligen Piazza hatte die Aufgabe, die
frommen Christen der Umgebung zur Andacht zusammenzurufen.
Unter solchen Umständen erachteten wir unsere Habe, die in
derselben Nacht ohnehin nicht mehr nach der eine Stunde
weiter flussaufwärts gelegenen Missionsstation geschafft werden
konnte, als dort wohl geborgen, zumal Mr. Day selbst uns
jenen Platz empfohlen hatte. Darauf entliessen wir unsere
Ruderer, die bei dem niedrigen Wasser Stande das Boot doch
nicht weiter flussaufwärts gebracht haben würden, und kamen
zu Fusse, geführt von unsern stämmigen Bedienten, erst spät
nach Einbruch der Nacht auf der Mission an, wo wir von
Mr. Day und seiner Frau, einer liebenswürdigen, weissen Amerikanerin,
herzlich aufgenommen wurden.
Nachdem wir uns etwas erfrischt und am gutbesetzten Abendtische
gestärkt hatten, sassen wir, mit vollen Zügen die tropische
Nachtluft einathmend, noch lange mit unserm Gastherrn und
seiner Gemahlin auf der geräumigen Piazza des Wohnhauses
zusammen und sprachen über unsere weitem Reisepläne und
die geheimnissvollen Waldgebiete des Innern, an deren Schwelle
wir nun angekommen waren, bis sich endlich denn die müden
Augenlider senkten und wir uns zur Ruhe begaben. Dieser erste
Abend, den wir bei unsern neuen Freunden zubrachten, machte
auf mich einen sehr wohlthuenden Eindruck. Eine angenehme
Ruhe und Stille herrschte rings umher; fast war es, als ob ein
Engel des Friedens durch die Räume schwebe. Ueberall, im
Speisezimmer wie in den einfach und doch bequem eingerichteten
Wohn- und Schlafräumen fühlte man das stille Walten der
sorgsamen Hausfrau, welches allein einem Hauswesen jenen
eigenthümlichen Zauber verleiht, den man in den Junggesellen-
wirthschaften der Weissen an der Küste entbehrt. Das volle
Vertrauen, mit dem unbere Gastfreunde uns Wildfremden entgegenkamen,
das lebhafte Interesse, das sie an unserer Unternehmung
zeigten, der. ungezwungene, herzliche Ton, der vom
ersten Augenblick an unsere Unterhaltung beherrschte und sie
so gemüthlich machte - das Alles liess.mich ganz vergessen,
dass wir uns an diesem Tage zum erstenmale sahen; ja es war
mir, als sässen wir bei lieben Freunden, die wir nach langen
Jahren der Trennung endlich wiedergefunden.
Der nächste Morgen lockte uns schon früh in’s Freie. Es war
ein wunderschöner Sonntagmorgen. Die rings umher herrschende
Ruhe, die Reinlichkeit auf den zwischen den Gebäuden der
Mission liegenden Plätzen, die muntern, krausköpfigen Negerkinder,
welche in ihren- säubern, leichten Sonntagskleidern in
kleinen Gruppen umherstanden, uns beim Herankommen freundlich
guten Morgen wünschten und mit ihren schönen, grossen
Augen in den offenen Gesichtern uns verwundert anschauten -
Alles dies schien dazu beizutragen, jenem Morgen einen feierlichen
Charakter zu verleihen. In den thautriefenden Mango-
und Melonenbäumen hörte man aus vielerlei Vogelstimmen das
fröhliche tschi-tschiga des drosselartigen Pycnonotus barbatus heraus,
und in den vor dem Wohnhause des Missionärs stehenden drei
Kokospalmen, deren lange Fiederblätter sich unter der Last
der an ihnen befestigten beutelartigen Vogelnester niederbogen,
begann mit dem ersten Sonnenstrahl das ohrbetäubende Gezeter
der darin gesellig lebenden Webervögel (Ploceus cucullatus), das
man am besten mit dem Geschrei einer sich zankenden Spatzenbande
vergleichen könnte.
Tief unten im Thal, aus dem das dumpfe Rauschen des St. Paul
heraufdrang, wogte ein weites Nebelmeer. Grosse Nebelmassen
lösten sich allmälig ab, ballten sich zusammen und zerflossen
endlich, an den mit Kaffee- und Limonenbäumen, Bänanenbü-
schen und Strauchwerk bedeckten Abhängen höher und höher
emporsteigend, in eine feine Dunstmasse, die im blauen Aether
sich verlor. Inzwischen war unser freundlicher Gastherr zu uns
herangetreten und führte uns in seinen hübschen Garten, wo,
unter der sorgfältigen Pflege von Mrs. Day aufgewachsen, allerlei
einheimische und fremde Zierpflanzen unser Auge erfreuten.
Bald darauf rief uns die Glocke zur Frühstückstafel, welche mich