Methode war auf die tägliche Wiederkehr der Anfälle, nur
jeweilen eine Stunde früher als am vorigen Tage, berechnet.
Ich liess dann gewöhnlich den ersten Anfall vorübergehen und
sorgte dafür, dass ich fünf Stunden vor dem zu erwartenden
zweiten Anfalle, und zwar innerhalb einer Stunde, zwei Gramm
Chinin eingenommen hatte. Jetzt aber wollte es mir einige Male
nicht gelingen, das Chinin frühzeitig genug einzunehmen, indem
das Fieber sich 4—5 Stunden früher einstellte, als ich erwartet
hatte. Der erste Anfall, 14.'Februar 11 Uhr morgens, war
ziemlich leicht, ohne vorhergehenden Schüttelfrost, mit einer
Körpertemperatur von 39,9° C., der zweite am folgenden Morgen
um 6 Uhr, mit den drei sehr deutlich ausgesprochenen Stadien
Frost, Hitze und Schweiss und einer Temperatur von 41,2°, der
dritte am Abend des nämlichen Tages, mit 41,6°. Um einem
weitern Anfalle, von dem ich meiner grossen Schwäche wegen
das Schlimmste fürchtete, vorzubeugen, nahm ich nach je zwei
Stunden ein Gramm, das jedoch bald durch Erbrechen wieder
entfernt wurde. Bessern Erfolg hatte ich mit einigen Dosen Liquor
Fowleri, die das Fieber nicht mehr zum Ausbruch kommen
liessen. Die Körpertemperatur war am folgenden Tage auf 38°
gesunken und hatte bald wieder ihren normalen Stand erreicht.
Die wieder ausgebrochene Diarrhoe reducirte meine Kräfte aber
noch mehr, und die drückende Hitze war auch nicht geeignet, den
Zustand zu verbessern. Zur Charakteristik der Temperaturverhältnisse
jener Tage lasse ich einige der im Tagebuche verzeichneten
Thermometerablesungen hier folgen1):
6 Uhr Morgens. 1 Uhr Mittags. 6. Uhr Abends.
10 März 25,5° C. 32,2° C. 29,4° C.
11 77 — 32,2 29,2
12 77 25,3 32 29,5
13 77 25,5 32,8 29,8
14 77 25,7 32,6 29,3
15 77 33 29,8
16 77 | H 33,2 25,3
17 77 24,8 32,2
i Das Thermometer hatte ich in der schattigen Veranda an der Nordseite
des Hauses aufgehängt.
Am 16. März erhob sich, nachdem die Temperatur bis 2 Uhr
auf 33° geblieben und um drei Uhr noch kaum merklich gesunken
war um halb vier ein heftiger, kalter Wmd aus Norden, der
das Quecksilber sehr rasch auf 26° herunterbrachte. Der Wechsel
war so rasch, dass ich mich - es wird bei unsern europäischen
Temperaturverhältnissen Manchem sonderbar genug, ja selbst
unglaublich Vorkommen - in einen schweren Mantel hüllte,-um
die sich fühlbar machende „Kälte” besser ertragen zu können.
Darauf folgte ein furchtbares Gewitter, das bis m die Nacht
hinein dauerte und von einer Heftigkeit war, von der man sich
in Europa kaum einen Begriff machen kann. Obschon fast jeder der
folgenden Abende ein Gewitter brachte, stieg die Temperatur ei-
nahe täglich auf 32° und sogar darüber, u n d erst gegen Ende März
schwankte sie wieder zwischen 30 und 31 . . ^
Da mein Zustand trotz des gewichenen Fiebers dem alten C la rk
noch immer bedenklich vorkam, gab ich endlich seinem Drängen
nach und nahm einen Absud von Kräutern ein, die er zu diesem
Zwecke gesammelt hatte. Beim Einnehmen befahl er mir , die
Augen zu schliessen, da ich den Trank nicht sehen dürfe. Das
sei, sagte er, eine Vorschrift, die zu dieser Medizin gehöre (ß law
upon that mededne). Mr. C la rk gab sich überhaupt viel Muhe,
um mir als Arzt zu imponiren. Er sei leaf-äoctor (Blätter-oder
Kräuterdoktor), sagte er, und auf meine Frage, was dieser Name
bedeute, erhielt ich zur Antwort, dass dies em Ausdruck zum
Unterschiede von American doctor sei. Schade, dass auch dieses
Mittel nicht die gewünschte Wirkung hatte. Es lässt sich übrigens
nicht läugnen, dass die Eingebornen, und besonders deren Aerzte
und Zauberer, eine Menge vegetabilischer Heilmittel kennen und
.als Specifica gegen die eine oder ändere Krankheit mit Erfolg
in Anwendung bringen. Ich kenne sogar Beispiele, dass Weisse,
die für gewisse Krankheiten, z.B. den sogenannten crow-crow,
selbst bei europäischen Aerzten keine Heilung fanden, zu inländischen
Aerzten ihre Zuflucht nahmen und von diesen kunrt
wurden. Selbstverständlich sind die Heilmittel dieser Leute auf
empirischem Wege gefunden. Aber ist dasselbe ursprünglich mcht
auch mit dem Chinin und noch so vielen ändern eminenten Heilmitteln
der Fall gewesen? Es wird wohl Niemanden befremden,