war daher mit dieser Wahl durchaus nicht einverstanden und
liess durch meinen Führer den Häuptling herheirufen. Das Gepäck
hatte ich vor der Hütte aufstapeln lassen und mich seihst,
anscheinend voll Unmuth den Blick auf die Erde geheftet, auf
eine der Kisten niedergelassen. So erwartete ich den Häuptling.
Als dieser, wahrscheinlich neugierig, was ich ihm als Gastgeschenk
mitgebracht habe, nach langem Warten endlich erschien, stellte
ich mich stolz, so lang ich war, vor ihn hin und redete ihn
ungefähr mit folgenden Worten an :
„König Petee, ich habe dich rufen lassen ! Sieh mir einmal
dieses Haus an. Ist es wirklich dein Ernst, mich in diesem
finstern Loche ohne Fenster wohnen zu lassen? Wenn du mich
beleidigen willst, warum dann nicht noch eine schlechtere Ecke
für mich ausgesucht? Ich bin hieher gekommen von weit weg
an der Küste. Ich bin gekommen, um dich zu sehen und deine
Stadt, denn ich habe viel von dir erzählen hören. Ich bin zu
dir gekommen und habe mich zu deinem Fremdling gemacht.
Du hast mich angenommen und meinen Jacky , den du ja schon
lange kennst. Wir sind nun deine Fremdlinge (Gäste). Schämst
du dich nun nicht, mich in dieses Loch zu stecken? Ich bin
schon weit herum gewesen, bei den Golah, Busy und den kriegerischen
Pessy; ich habe die Mandingo besucht. Aber überall,
wo ich auch hinkam, wurde ich freundlich empfangen; das beste
Haus in der Stadt wurde mir eingeräumt. Man gab mir zu
essen; das Beste, das man hatte, brachte man mir. Alle jene
Leute sind meine lieben Freunde geworden. Was muss aber diese
Handelsweise bedeuten? Hat dir König John nicht, einen Boten
gesandt, um dir zu sagen, dass der weisse Jäger kommt? Hast du
mich nicht selbst kommen sehen, und haben wir nicht zusammen
am Thore geschnalzt1)? Ich bin solche Behandlung nicht gewohnt!
Machen Wir darum die Sache kurz. Entweder giebst du mir ein
gutes, helles Haus und schickst mir etwas zu essen, oder ich
lasse noch diesen Augenblick meine Sachen aufpacken und gehe
weiter nach C a n g a , wo ich weiss, dass ich mehr Gastfreundschaft
*) Ueber das Schnalzen mit den Fingern beim Händedruck siehe den
Abschnitt über die Eingebornen im zweiten Band.
finden werde, und dort werde ich dem Könige Dauwana sagen,
wie man hier in Fäli die Gesetze des Landes1) zu handhaben
versteht!”
Darauf erwiederte der Häuptling in ziemlich gutem Englisch:
„Weisser Mann, sei nicht böse auf mich! Sei mir nicht böse,
wenn meine Sinne mich verlassen haben! Mein Herz liegt nicht
gut, mein Kopf ist müde und meine Augen sehen trübe. — Hast
du nicht gesehen, wo ich sass, als du durch das Thor tratest?
Das ist das Grab meiner Mutter. Seit meine Mutter todt ist,
habe ich nur halbe Gedanken. 0, sie war so gut, so gut!” Da
ich wusste, wie sehr die Neger, und zwar nicht nur Kinder,
sondern auch Erwachsene, an ihren Müttern hängen, hütete ich
mich wohl, ihn zu unterbrechen, und nach einer kleinen Pause
fuhr er fort: „Glaube du aber nicht, dass ich dich nicht gerne
als Fremdling bei mir sehe, oder dass ich die Gesetze der
Gastfreundschaft nicht kenne oder nicht handhaben will. Ich
habe dich gekannt, lange bevor ich dich sah, denn Aller Mund
ist voll von dir! Ich habe dich aber nachlässig behandelt, ich
habe dir nicht selbst ein Haus gesucht. Komm nun mit; ich
gehe mit dir, und das Haus, das dir am Besten gefällt, das sollst
du haben!” Hiemit setzte er sich in Bewegung, und wir machten
einen Gang durch die Stadt. Plötzlich blieb ich stehen, und auf
ein Haus mit geräumiger Veranda und verschliessbaren Fensterläden
und Thüren weisend, sagte ich: „Dieses Haus passt für
mich, das möchte ich haben.” — „Es ist das Haus meiner Mutter,”
entgegnete er, „seit ihrem Tode hat noch niemand darin gewohnt.
Du aber bist, der grösste Fremdling, den ich je in meiner Stadt
begrüsst, und der erste weisse Mann von gross Amerika, den
ich hier gesehen; du hast geglaubt, ich sei dein Gastfreund nicht:
du sollst es haben!”
Beim Weggehen warf er einen langen, verliebten Blick auf
mein Gepäck, das eben herbeigeschafft wurde, und worunter
ein rothes Kistchens) seine besondere Aufmerksamkeit zu fesseln
schien. Ich verstand diesen Blick noch von Bavia her, liess das
h Ueberlieferungen, die Gastfreundschaft betreffend.
s) Alle holländischen Branntweinkisten sind roth gefärbt.