wir am 15. November in einem Kutter, den uns Herr M o dd eb m an
zur Verfügung stellte, nach Robertsport, einem 45 miles nordwestlich
von Monrovia gelegenen Küstenplatze, den wir zum
Ausgangspunkte für unsere Streifzüge durch die dortige Gegend
ausersehen hatten *). Infolge ungünstigen Windes kamen wir erst
nach zweitägiger Seereise daselbst an und wurden von Herrn
V e l d k a m p , dem Agenten der dortigen holländischen Faktorei, den
wir schon bei unserer ersten Ankunft in Monrovia kennen gelernt
hatten, aufs wohlwollendste empfangen. Um uns vorläufig etwas
zu orientiren, hielten wir uns zwei Tage in dieser liberianischen
Niederlassung auf, die als einziger Hafenplatz zugleich auch das
Handelscentrum des ganzen Cape Mount-Distrikts bildet.
Ro b e r t sp o r t , sehr günstig am Nord- und Westabhange des
Cape Mount-Gebirges und der von letzterem gebildeten Meeresbucht
gelegen, ist ein Platz von zahlreichen, über ein weites
Areal zerstreuten und meist aus Holz gebauten Farmerwohnungen,
die grösstentheils auf Pfählen oder steinernen Pfeilern stehen.
Es ist der westlichste der sechs von liberianischen Colonisten
bewohnten Küstenplätze, wurde-in den fünfziger Jahren-gegründet
und nach dem ersten Präsidenten der Republik benannt , welcher
dieses grosse Gebiet am 26. December 1850 durch Kauf von den
Eingebornen für die Republik erworben hatte. Die Ansiedlung ist
der Sitz eines Superintendenten der Regierung , hat zwei Kirchen,
eine für Baptisten und eine für Methodisten, und am Ufer des
dort ausmündenden Cape Mount River-befinden, sich die holländische
und die deutsche Faktorei2). Hoch über der Ansiedlung
stehen auf einem Vorsprunge des Gebirges, inmitten der dazu
gehörigen Kaffeepflanzungen, die Gebäude der amerikanischen,
protestantisch-bischöflichen Mission, damals der Sitz des Bischofs
von Cape Palmas, welcher über die vielen in Liberia gegründeten
Stationen dieser Missionsgesellschafb die Oberaufsicht führt.
Jene Terrasse, in Robertsport unter dem Namen Mission-Hill
i) Wir hatten von Holland eine doppelte Ausrüstung mitgenommen, so dass
wir durch die erlittene Beraubung nicht in Verlegenheit geriethen.
?) im Jahre 1882 wurde die zweiterwähnte Faktorei infolge des Krieges
aufgehoben.
bekannt und ohne Zweifel einer der reizendsten Plätze des ganzen
Landes, bietet eine prachtvolle Aussicht auf das weite Meer,
sowie auf das sumpfige, grösstentheils mit Mangrove, Wein-
und Oelpalmen bedeckte und von zahlreichen Creeks durchzogene
Mündungsgebiet des Sugary-, Mahfa- und Cape Mount-Flusses.
Auch erblickt man noch einen grossen Theil des diesen Letztem
speisenden Fisherman Lake und die weiten Urwälder des ziemlich
hügelreichen Innern, zu dem in blauer Ferne einige Gruppen
waldbedeckter Berge einen malerischen Hintergrund bilden. Wendet
man sich aber rückwärts, so trifft das Auge auf die steil zur
Mission abfallenden, mit dichtem Urwald bedeckten Hänge der
„Mountain”, wie das Cape Mount-Gebirge dort kurzweg genannt
wird, wo in reizender Staffage Baumkrone über.Baumkrone sich
aufthürmt und die herrlichsten Nüancen in der Farbe des Blätterschmuckes
sich zeigen.
Wer sollte glauben, dass an diesem wunderschönsten aller Orte,
die ich je gesehen, zu dessen Füssen eine paradiesische Landschaft
ausgebreitet: liegt, an einem Orte, wo man tagüber beständig
durch die frische Seebrise erquickt wird, das Sumpffieber sich
einnisten könnte? Und doch ist es so und gilt dies in noch
höherm Masse für den in der Tiefe liegenden Theil der Ansiedlung.
Hinter der etwas erhabenen Strandlinie liegt nämlich ein schmaler
Sumpfstrich, der sich eng an den westlichen Fuss des Vorgebirges
anlehnt, und dessen Ausdünstung am Tage-durch die von morgens
10 Uhr an wehende Seebrise gerade in die Niederlassung hineingetragen
wird, während der zur Nachtzeit wehende und von den
Ausdünstungen der weiten Mangrovesümpfe des Hinterlandes
geschwängerte Landwind einen eben so schädlichen, wenn nicht
gar noch schlimmem Einfluss ausübt.
Eine der herrlichsten Zierden der Umgebung von Robertsport
ist der schöne, grosse F i s h e rma n Lake. Er ist ungefähr 10
miles (3| Stunden) lang, und seine grösste Breite mag etwas
über 3 miles erreichen. In fast genau ost-westlicher Richtung
sich ausdehnend, verengert er sich eine kleine Stunde östlich
von Robertsport, wo er einen Archipel von kleinen, mit Mangrove
bedeckten Inseln bildet, allmälig in den breiten Cape Mount
River. Sein klares, blaues Wasser ist zur Regenzeit, in Folge der