Wasser anhaltend am Bug aufplätschert und das Kielwasser wie
ein langgezogenes Band noch auf grossen Ahstand hinter dem
Boote sichtbar ist.
Auf einer Kiste voll Sand am Boden des Bootes brennt Tag
und Nacht ein Holzfeuer, über welchem der Reis, der nebst
gesalzenen Makrelen gewöhnlich die ausschliessliche Kost der
Bemannung bildet, gekocht wird. Ein eiserner Kochtopf, aus
dem in den meisten Fällen auch gegessen wird, und, wenn es
gut geht, ein eiserner oder hölzerner Löffel für den. Chef sind
die einzigen Küchen- und Tischgeräthe, die man in einem solchen
Boote antrifft. Die Mannschaft, die sich beim Essen rund um
den Topf hinsetzt, greift mit den Händen zu, und dabei cirkulirt
eine alte Conservebüchse als Trinkgefäss, das an dem mitgenommenen
Wasserfasse stets wieder gefüllt wird. Als Passagier hat
man natürlich seinen eigenen Proviant bei sich, bestehend in Conserven,
sowie auch eine besondere Korbflasche oder einen Steinkrug
mit gutem Trinkwasser. Eine Flasche Branntwein darf
man nicht mitzunehmen vergessen, denn dieses Getränk ist das
einzige wirksame Mittel, womit man den Widerwillen der Neger
gegen etwaiges Rudern einigermassen überwinden kann.
Nachdem wir in der zweiten Hälfte der Nacht gut vorwärts
gekommen, befanden wir uns bei Tagesanbruch vor der Mündung
des Junk River. Die Brandung war aber zufällig sehr schlecht,
so dass wir bis 10 Uhr vor dem Eingänge in den Fluss lagen
und einen günstigen Augenblick abwarteten, bis es uns gelang,
mit dem schwerbeladenen Boote unter verzweifelter Kraftanstrengung
von Seiten der Ruderer durch die hohen, über einander hinstürzenden
Wogenwände in den Fluss hinein zu gelangen. Hoch athmete
ich auf, als wir den letzten Brecher hinter uns hatten und
wieder in ruhigem Fahrwasser lagen; denn wenn das Boot gekentert
wäre, wäre zugleich unsere ganze Unternehmung ins
Wasser gefallen, da wir uns so rasch nicht aufs Neue hätten
ausrüsten können. Einige Augenblicke später legten wir in
Marshall, einer kleinen liberianischen Niederlassung auf dem
wohl fünf Meter hohen, rechten Ufer des Junk River, an. Hier
fanden wir das belgische Boot, das einen Tag früher unter dem
Geleite von J ackson von Monrovia abgegangen und am vorigen
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Abend hier eingelaufen war. Durch Mr. Cooper, einen farbigen
Liberianer, welcher der hier errichteten deutschen Faktorei
Vorstand, wurden wir, dank eines Empfehlungsschreibens von
Herrn U lrichs in Monrovia, gastfreundlich aufgenommen. Wie
bereits erwähnt ,■ ist diese Faktorei nur eine Filiale derjenigen in
Monrovia. Marshall gehört zwar zu den für den Handel mit der
Aussenwelt geöffneten Küstenplätzen, doch trotzdem es sehr
günstig an der Mündung des vereinigten Junk- und Farmington
River gelegen is t, hat es nie vermocht, sich zu einem Handelsplätze
von einiger Bedeutung aufzuschwingen. Die aus dem
Innern kommenden Landesprodukte gehen alle mit Segelböten
nach Monrovia, so dass niemals ein Seeschiff dort vor Anker
kommt. Die Ursache dieses Zurückbleibens ist zumeist in der
grossen Nähe von Monrovia zu suchen, das durch seine zahlreichen,
grossen Faktoreien und allerlei andere Vorzüge vor dem
ärmlichen Marshall die Eingebornen anzieht und letztere die
Unannehmlichkeiten einer etwas längern Reise leicht überwinden
lässt, zumal der bedeutendere Zeitaufwand selten oder nie in
Rechnung gezogen wird. Wir fanden hier auch eine belgische
Faktorei, ebenfalls unter der Aufsicht eines farbigen Liberianers,
doch schien mir auch diese keine glänzenden Geschäfte zu machen.
Beide genannten Faktoreien sind denn seither auch wieder aufgehoben
worden.
Marshall ist allgemein Unter dem Namen Junk bekannt. Dieser
letztere und jedenfalls ältere Name rührt sehr wahrscheinlich
von seiner Lage direkt unterhalb der Vereinigung zweier bedeutender
Flüsse, des Junk River und Farmington River, her.
Der Erstere kommt von Westen, fliesst ziemlich parallel mit
der Küste und biegt dann etwa fünf Minuten oberhalb Ma.rsba.ll
nach Süden ab, nimmt direkt unterhalb dieser Biegung den weit
aus dem Innern von Nordosten herkommenden, ebenso breiten
F a rm i n g t o n R i v e r und vor dem Ausfluss in die See,
gegenüber Marshall, den von Südosten einfallenden Bar guay
Rive r auf.
Da der Junk River im Verein mit dem Farmington River ein
Gebiet von wenigstens 50 geographischen' Quadratmeilen entwässert,
das fast gänzlich mit Wald und Sumpf bedeckt ist, so
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