mungen von Seiten fast sämmtlicher Frauen der Stadt Abschied.
Clark s Onkel versprach mir, eine Anzahl seiner Leute nach
Oldfield zu senden, um bei meiner Ankunft von Schieffelinsville
die Bagage nach dem Messurado River tragen zu helfen, und
Clark selbst gab einige Ruderer mit, um mich bis Monrovia
zu begleiten. Beinahe sämmtliche • Bewohner der Stadt gaben
mir das^ Geleite bis an der Fluss ■ hinunter. Die gute Jassa
verabschiedete sich schon bevor wir den Landungsplatz erreicht
hatten, indem sie mir plötzlich mitten auf dem Wege an den
Hals sprang, mich heftig erregt in ihre Arme schloss und dann,
ohne sich nochmals umzusehen, laut weinend -wegeilte und im
Walde verschwand. Am Flusse angekommen, nahm ich unter
herzlichem Händedruck und mit dem Versprechen, recht bald
nach meiner Ankunft in Holland etwas von mir hören zu
lassen, von meinem altdn Gastherrn Clark und seinen Leuten
Abschied, und die mir nachgerufenen good ly es hallten noch
in meinem Innern nach, als ich jenen schon längst aus den
Augen entschwunden war. Auch mir gieng, ich will es ehrlich
bekennen, der Abschied auf Nimmerwiedersehen von diesen einfachen
Naturmenschen tief zu Herzen, und während der ganzen
Fahrt den schönen Fluss hinunter war ich nicht im Stande, die
gedrückte Stimmung, welche sich meiner bemächtigt hatte, abzuschütteln.
Um 12 Uhr in Schieffelinsville angekommen, beluden wir sofort
unsere beiden Canoes mit Allem , was ich nach Monrovia mitzunehmen
hatte und wovon die zahlreichen Käfige mit lebenden
Thieren den Hauptbestandteil bildeten. Stampeli Hess es sich
nicht nehmen, mich nach Monrovia zu begleiten und hatte bereits
einen vertrauten Liberianer beauftragt, bis zu seiner Rückkehr
auf der Station Wache zu halten. Um drei Uhr fuhren-wir ab,
und unter furchtbaren Anstrengungen seitens unserer Ruderer'
die stets einander vorbeizufahren strebten, kamen wir gegen
Abend nach Oldfield, wo die Leute des Onkels in Hill Town,
welche den Weg von dort zu Fusse zurückgelegt hatten, uns
schon geraume Zeit erwarteten. Bald darauf setzte sich die lange
Trägerkarawane in Bewegung, und spät nach Einbruch der Dunkelheit
kamen wir bei Mrs. Thomas an, wo wir übernachteten.
Am ändern Morgen früh (24. Mai) setzten wir die Reise fort und
kamen gegen 10 Uhr in Monrovia an.
Inzwischen war mit einem englischen Dampfer die Nachricht
gekommen, dass die „Gertrud Woermann” einige Tage Verspätung
habe, was mir sehr willkommen war', da das Boot mit unsern
Sammlungen zu meiner grossen Besorgniss noch nicht eingelaufen
war. Den 25., 26. und 27. Mai verwandten wir auf das Ordnen
meines Gepäcks und zu verschiedenen Abschiedsbesuchen, Schliesslich
kam auch das Segelboot mit den Sammlungen wohlbehalten
an. Die Brandung vor der Mündung des Junk hatte so drohend
ausgesehen, dass der „Captain” es zwei Tage lang nicht wagen
durfte, in See zu gehen; doch schliesslich kam er hindurch, ohne
Schaden zu nehmen. Sehr gerne hätte ich vor der Heimieise
noch meinen alten Freund Mr. D a t in Mühlenburg Mission besucht,
doch durfte ich aus Furcht, den Dampfer zu verfehlen, solch einen
grossen Ausflug nicht mehr wagen.
Am 27. Mai jedoch fuhr ich mit Freund Stampfli, der den
Stockton Creek und St. Paul’s River noch nicht gesehen hatte,
nach Virginia, am rechten Ufer des Letztem, hinüber und gieng
von dort zu Fusse nach der etwa anderthalb Stunden landeinwärts
gelegenen Mandingostadt Vanswah , von welcher später noch
die Rede sein wird. Auf der Rückfahrt durch den Stockton
■ Creek machte ich eine wohlgelungene Photographie von einem
Mangrove- und eine andere von einem Pandanuswald. In der
folgenden Nacht starb mein schöner Chimpanse, und der mit
vieler Mühe .grossgezogene, inländische Graupapagei (Psittacus
timneh) wurde in der nämlichen Nacht von Ratten getödtet.
Am Abend des 28. Mai (Sonnabend) kam der langerwartete
Dampfer an und blieb den Sonntag über liegen. Ein Ausflug nach
Mr. Dat , den ich nun noch hätte machen könnenI wurde durch
anhaltende Regengüsse vereitelt.
Am Sonntag kehrte Stampeli nach seiner Station zurück,
die'er nicht länger allein lassen durfte. Er wieder hinein in die
Wildniss, aufs Neue sein Glück zu versuchen, aufs Neue den Tücken
des herrlichen, aber eben so verrätherischen Klimas Trotz zu bieten,
ich nach dem alten Europa zurück, um nach kurzem Freiheitstraum
mein altes schablonenhaftes Leben wieder zu beginnen!