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und treiben ihrerseits oben in der Astregion neue Zweige, die
sich über das Wasser hinauswölben, um dann wiederum ihre
Luftwurzeln hinabzusenden. Zwischen diesen im Wasser wurzelnden
Schösslingen nun setzt sich nach und nach Schlamm
an, der sich mit der Zeit immer mehr consolidirt, endlich Sumpfgebiet
bildet und, je mehr die Mangrovebildung an der Wasserseite
fortschreitet, allmälig zu festem Lande wird.
Erst nachdem der auf diese Weise dem Wasser abgewonnene
Boden eine gewisse Festigkeit erlangt hat und grössere Lasten
tragen kann, fangen die Aeste an, zu erstarken und baumartig
bis zu einer Höhe von 20—30' emporzuwachsen. Unter der
erhöhten Last des Qberholzes beugen sich dann die elastischen,
ursprünglich senkrechten Stützen und bilden das erwähnte Bogenlabyrinth.
Es ist ausser aller Frage, dass die Mangrove einen bedeutenden
Faktor bei der Bildung von neuem Lande ausmacht, namentlich
in den Mündungsgebieten der Flüsse, die viel Schlamm mit sich
fuhren, welcher durch die Fluth in das Wurzelgewirr hineingedrängt
und dort durch die Ebbe zurückgelassen wird. Diese den
Verhältnissen vorzüglich angepassten Pflanzen können, zusammen
mit, dem Pandanus, mit Recht als die Amphibien der Pflanzenwelt
bezeichnet werden, da sie abwechselnd bald bis an die
Aeste hinauf im Wasser stehen, bald mit dem ganzen Wurzel-
labyrinth über Wasser und Schlamm emporragen.
Eine besonders merkwürdige Erscheinung dieser Rhizophoren1)
ist die, dass die Saatkeime sich entwickeln, bevor die Frucht
von der Mutterpflanze abfällt. Die junge Pflanze zeigt sich am
Ende der ziemlich kleinen Frucht erst als ein zapfenartiger
’) Obschon ich keine Beweise beibringen kann, glaube ich doch sicher
zu sein, dass in den von mir besuchten Gegenden wenigstens zwei verschiedene
Bhizophoren-Arten Vorkommen. Die zweite Art wächst weiter oben
an den Flüssen und bildet ziemlich hohe Bäume mit starken bis 50' hohen
Stämmen und gut entwickelten Kronen, aus welchen die schlanken Luftwurzeln
gleich langen Tauen ins Wasser herabhangen. Auch diese Bäume
stehen auf einem weitverästeten Wurzelgerüst. — Die in den Sümpfen des
Küstengebietes von Grand Bassa angetroffenen Mangrove-Arten hält Dr. V ogel
(Niger Flora, .p. 35 und 341) für Rhizqphora mangle L. und Rh. racemosa
Meyer, welche Arten auch in Amerika einheimisch sind.