mich dem Leben auf der sogenannten „grossen Station” eine
angenehme Seite abgewinnen Hessen. Es möge daher genügen,
diese Lichtseiten hervorzuheben, ohne die Schattenseiten gänzlich
mit Stillschweigen zu übergehen, welche mir im Laufe des
nun zu besprechenden Zeitabschnittes in reichem Maasse be-
schieden waren.
Es war von ■ jeher einer meiner Lieblingswünsche gewesen,
eine Menagerie von lebenden Thieren zu halten, und da nun
ScügffeHnsville für einige Wochen mein Hauptquartier werden
sollte, so hoffte ich, während dieser Zeit mich mehr als bisher
in dieser Richtung beschäftigen zu können. Die Thiere, welche
ich lebend den Du Queah River herunterbrachte mitgerechnet,
besass -ich nun eine Callithriche (Gercopithecus cattithrichus) , einen
Affen, den ich von Grand Cape Mount mitgebracht hatte, ferner
eine niedHche Wühlmanguste (Crossarchus obscurus), eine Baum-
genette (Gmetta pardina), zwei gefleckte Palmenmarder (Nandinia
binotata), zwei Baumdachse (Dendrohyrax dorsalis), ein sehr schönes
und zahmes, junges Moschusthier (Eyaemoschus aguaticus) , einige
frei im Hause herumlaufende, zahme Hamsterratten (Gricetomys
gambensis), einen prachtvollen, sehr seltenen Raubvogel (Dryo-
triorchis spedabilis), eine junge, beinahe rein weisse Ohreule (Bubo
leucostictus) , einen jungen, liberianischen Graupapagei (Psittacus
timneh), zwei Nashornvögel (Buceros elatus und Tockus semifas-
ciatus), einen kahlköpfigen, schwarzen Storch (Ciconia episcopus),
einige Frankoline (Francolinus lathami), eine junge Hornviper
(Vipera rhinoceros), zahlreiche, zum Theil sehr grosse Landschildkröten
(Ginixys erosa), zwei Krokodile (Grocodilus vulgaris und
0. frontatus) und ausserdem noch Bello, einen jungen Hühnerhund.
Bisher war es in unserer Menagerie sehr roh hergegangen. Es
war ein fortwährendes Kommen und Gehen; denn während
immerfort Neues ankam, starb Vieles aus Mangel an passender
Verpflegung. Wieder andere Thiere entflohen, und nur eine sehr
geringe Zahl derjenigen, die wir in Liberia längere Zeit besassen,
haben später Europa lebend erreicht. Es wäre mir kaum möglich,
alle Arten aufzuzählen, die im Laufe der Zeit, oft für sehr hohe
Preise, in unsern Besitz gelangten.
Am 10. Februar reiste Stampfli mit einigen boys nach Hill
Town ab, um die dortige sehr einträgliche Station zu übernehmbn,
während ich in Schieffelinsvifle blieb, um die daselbst deponirten
Sammlungen durchzusehen und zur Versendung nach Europa
bereit zu machen. Ueberdies durchstreifte ich jeden Morgen die
Umgegend, um mich etwas mehr dem Beobachten und Sammeln
von Vögeln zu widmen, einem Zweige unserer Thätigkeit, der
leider bis dahin durch die überwiegende Beschäftigung mit Säuge-
thieren viel zu sehr in den Hintergrund gedrängt worden war.
Ich hatte mich dabei recht schöner Resultate zu erfreuen, obwohl
mir Tna.nr.hma.1 auch Enttäuschungen nicht erspart blieben. So
hatte ich eines Morgens die Brutkolonie einer Art gesellig lebender,
schwarzer Webervögel (.Bloceus nigerrimus) entdeckt, von deren
Vorkommen in Liberia ich früher keine Ahnung gehabt hatte.
Ich schoss drei Exemplare davon, die ich am Nachmittage
präparirte. In der Nacht wurde aber die Station von Wanderameisen
(drivers) überfallen, welche mir diese Vögel nebst ändern
frisch präparirten Sachen vernichteten und sogar verschiedene
lebende Thiere, welche die Käfige nicht verlassen konnten,
tödteten oder so übel zurichteten, dass sie den Folgen dieses
Ueberfalles später erlagen.
Ein andermal befand sich unter meiner Beute ein kleiner
Vogel (Chloropeta) , den ich früher noch nie gesehen und von dem
ich auch nirgends eine Beschreibung finden konnte. Um der
Behandlung dieses wahrscheinhch einer neuen Art angehörenden
Vogels nachher die nöthige Sorge widmen zu können, sparte ich
ihn für zuletzt und präparirte erst die Bälge der Uebrigen, die
ich dann in der Piazza des Hauses zum Trocknen aufhing.
Während der Arbeit flogen einige Federn zur Thüre herein, und
als ich aufsah, erblickte ich den vorn erwähnten Affen, welcher
sich einen prachtvollen, eben präparirten Honigvogel (Nectarinea)
von der Stange heruntergeholt hatte und nun mit einem Ernste,
der einer bessern Sache würdig gewesen wäre, Feder um Feder
auszupfte, als ob er wie Gretchen in Goethes Faust dabei sagen
wollte: „Er liebt mich, er liebt mich nicht.” Sobald er mich
nach einem Stocke greifen sah, schnitt er hämische Gesichter
und kletterte auf das Dach, so dass ich ihn weder an die Kette
legen noch anderweitig strafen konnte! Kaum hatte ich den mir