beschrieben in seinem Buche „Narrative ofa Journey to Mmardu.”
Obschon er mir über das Innere, soweit ihm dasselbe bekannt
war, bereitwilligst Auskunft gab, so konnte er mir über das
Gebiet der Golah, die das Innere längs des St.Paul bewohnen,
wenig sagen, da er dasselbe nicht aus eigener Anschauung zu
kennen schien. Sehr werthvoll waren mir dagegen seine Mittheilungen
über die Art des Reisens im Innern 'und über die
vortheilhafteste Weise unserer Verproviantirung.
Schon gleich nach unserer Landung that ich mein Möglichstes,
um über das Innere des Landes am St. Paulsflusse genaue
Erkundigungen einzuziehen. Es stellte sich aber bald heraus,
dass die Gegend nur so weit genauer bekannt war, als sie von
liberianischen Ansiedlern bewohnt wird, und dass die ganze
dahinterliegende Urwaldregion eine terra incognita sei. Wir wurden
denn auch von verschiedenen Seiten ernstlich vor der „tollkühnen
Unternehmung” gewarnt, Hab und Gut, ja-vielleicht selbst unser
Leben unter den räuberischen Eingebornen auf’s Spiel zu setzen.
Ich aber wollte um jeden Preis jene geheimnissvollen Gebiete
untersuchen und kennen lernen, und da die trockene Jahreszeit
schon bedeutend vorgerückt war, so entschloss ich mich, den
Rest dieser für die Jagd in den Urwäldern einzig günstigen
Zeit nicht unbenutzt verstreichen zu lassen und bereitete
darum alles, so rasch es gieng, zu einem möglichst baldigen
Auibruch vor.
Wir hatten aus Europa- vorsichtshalber eine doppelte Ausrüstung
mitgebracht, die wir nun zum grössen Theile in Monrovia
zurücklassen mussten. Mit dem grössten E ife r giengen wir nun
an das Umpacken derselben und an das Zusammenstellen einer
Ausrüstung, wie wir sie für unsern ersten, vorläufig auf drei
Monate berechneten Jagdzug in das Innere nöthig erachteten.
Lebensmittel und. Tauschartikel wurden uns durch die holländische
Faktorei geliefert, und Herr W igman sorgte so gut
wie möglich für gangbare Sachen, wobei uns seine langjährige
Erfahrung ausgezeichnet zu statten kam.
Unsere Art des Reisens musste nothwendigerweise eine andere
sein, als diejenige geographischer Forschungsreisender, die den-
Schwerpunkt ihrer Thätigkeit gewöhnlich' darein verlegen, auf
anhaltenden Tagemärschen mit wenig Zeitverlust möglichst weit
in das Innere unbekannter Gebiete vorzudringen. Auf derartigen
Reisen, bei denen grosse Karawanen von Trägern nöthig sind,
fällt gewöhnlich für den Zoologen sehr wenig ab, da bei dem
unvermeidlichen Lärm und Hailoh der Trägerkolonne alle Thiere
sich scheu zurückziehen und ausserdem die Zeit zum Sammeln
und Zubereiten gänzlich fehlt. Dies ist denn auch der Hauptgrund,
wesswegen so- manche geographische Forschungsreise in Afrika.
auf zoologischem Gebiete erstaunlich wenig Positives geleistet hat.
Von selbst ergab sich uns somit die Aufgabe, grosse Stationen
von einer bis mehreren Tagereisen Entfernung zu machen, d. h.
auf einem zu Jagdausflügen besonders geeigneten Platze für
längere Zeit unser Zelt aufzuschlagen oder eine Hütte von Palmwedeln
zu. bauen und uns dort möglichst bequem und zweckmässig
einzurichten. Der Transport unserer, zu längerm Aufenthalte
im Innern nöthigen Ausrüstung erforderte jeweilen 30-10 schwarze
Träger, die wir dann nach der Ankunft auf dem schon im Voraus
gewählten Platze wieder entliessen, um nur unsere ständige
Dienerschaft zurückzubehalten.
- So viel wie möglich suchten wir zwar die Wasserstrassen zu
benutzen, doch dies war gewöhnlich nur auf kurze Strecken
möglich, da, wie später ausführlicher erwähnt werden wird, der
Unterlauf der Flüsse verhältnissmässig' nur kurz, der Mittellauf
aber von Felsbänken durchsetzt ist, die jedes Vordringen zu
Wasser, selbst, in den dort gebräuchlichen Canoes, unmöglich
machen. Im St. Paul beginnen z. B. die Stromschnellen schon
bei 20 Meilen1) Abstand von der Küste, während wir schon 12
Meilen stromaufwärts zahlreiche unpassirbare Stromschnellen
hinter uns hatten.
Trotz unserer Anstrengung, um baldmöglichst zum Aufbruch
l) loh bediene mich fernerhin hei allen Abstandsangaben der in Liberia
allgemein gebräuchlichen englischen Seemeile, die sich annähernd zu unsern
Längenmaassen verhält wie folgt:
1 Meile = 1 Gradminute;
3 Meilen = 1 Wegstunde;
4 „ = 1 deutsche geographische Meile;
60 „ — 1 Grad-,