Jagd weit besser geeignet, als der finstere Urwald, die halbver-
dorrte Grassteppe oder gar die ausgedehnten, bodenlosen Mangrovesümpfe.
Wie später ausführlicher dargelegt werden soll, befolgen
die Eingebornen bei ihrer Bodenkultur eine Art Raubwirthschafb,
indem sie den einmal urbar gemachten Waldboden nur während
einer kleinen Reihe von Jahren benutzen und ihn dann wieder
sich selbst überlassen. Eine solche verlassene Farm ist schon
nach ein paar Jahren wieder mit dem üppigsten Buschwald
bedeckt, der nach einigen weitern Jahren zu stattlichem Hochwald
herangewachsen ist. Dieser Buschwald und die Säume des
Hochwaldes haben mich oft an den Zauberwald vom Dornröschen
erinnert. Es ist buchstäblich eine Unmöglichkeit, ohne Hackmesser
in solch einen, wie von einer Pflanzenmauer umschlossenen
Buschwald einzudringen. Das sparrige Astwerk ist wie
ineinander verfilzt und dabei von einer üppig wuchernden - Selaginelle
(Selaginèlla scandms Spring.) durchwachsen, die hoch durch
alle Büsche hinaufkriecht und diese mit einer moosgrünen
Decke überzieht. Etwas freiere Plätze sind mit schönen Lyco-
podien (Lycopodium scandms Swartz) bedeckt, und auch der
Guru- oder Kolanussbaum (Sterculia acuminata Beauv.), welcher die
vielbegehrte Kolanuss liefert, wird hier, wenn auch weniger oft
als im Innern, angetroffen.
Häufiger noch als auf der Grassteppe findet man in diesen
Uebergangsgebieten herrliche Palmen, worunter die O elpalme
(Elaeis guineensis) den ersten Rang einnimmt. Sie ist die höchste
und schlankste unter allen Palmen Liberia’s , nimmt mit beinahe
jedem Boden vorlieb und wird daher überall, auf sonnigen Hügeln,
in der Steppe und oft sogar im Sumpfe angetroffen ; am häufigsten
aber findet sie sich in offenen Gegenden, gemischt mit anderm
Gehölz, selten in reinen Palmenbeständen, niemals aber im
eigentlichen Urwalde, so dass man, wenn irgendwo im Hochwalde
diese Palme auftritt, mit vollem Recht vermuthen darf,
dass solch ein Wald jüngem Ursprungs ist. Sehr häufig erscheinen
sie dagegen in den untern Gegenden der Mandingo-Ebene, wo der
Urwald sich lichtet und kleine Gehölze wieder mit Grassteppen
abwechseln. Weiter im Innern dieser Ebene verschwindet mit
sämmtlichem Holzwuchs auch die Oelpalme.
Wie immer auch und unter welchen Umständen man dieselbe
antrifffc, überall macht sie durch das Zierliche in ihrem ganzen
Habitus einen wohlthuenden, angenehmen Eindruck. Auf dem
kaum mannsdicken, meist kerzengeraden, bis 20 M. hohen Stamme
wiegt sich die stattliche, nicht allzuschwere Fiederkrone graziös
im Winde hin und her. Ist die Palme sich selbst überlassen,
so erhält der Stamm durch die sitzenbleibenden Wedelstümpfe
ein verwildertes, struppiges .Aussehen und ist dann gewöhnlich
bekleidet mit in den Blattachseln sich ansiedelnden, epiphytischen
Farnen, Selaginellen und Schlingpflanzen, die oft in bis zur Erde
niederhangenden, natürlichen Festons ganze Baumgruppen verbinden.
In der Regel aber werden die Stämme von den Einge-
bornen der Blattstümpfe entledigt, um sie erklimmen und die
Fruchtstände herunterholen zu können, und dann bilden die tiefen
Narben der Fiederschäfte auf der Rinde eine zierliche, regelmässige
Zeichnung. Die Fruchtstände, meist drei bis vier zugleich,
sitzen auf kurzen Stielen in den Blattwinkeln der Wedelkrone.
Sie sind, was ihre Gestalt anbetrifft, am besten mit einer Ananas
zu vergleichen, werden bis 50 Cm. lang und über 30 Cm. dick
und haben dann ein Gewicht von 10—50 Kg. Die Früchte sitzen
einzeln, aber dichtgedrängt und nur durch die vorstehenden,
stacheligen Deckblätter von einander getrennt, um die Achse
des Fruchtstandes herum, wie die Schuppen an einem Tannzapfen.
Sie haben die Grösse und Form einer mittelgrossen
Pflaume, sind etwas kantig und gegen die Basis hin verjüngt.
Unter der fettglänzenden, mennigrothen, lederartigen Oberhaut
der Frucht (Palmnuss) liegt das gleichfarbige, sehr ölhaltige
Fleisch, das seinerseits wieder den Stein umschliesst. Dieser
Letztere enthält schliesslich den ebenfalls stark ölhaltigen Kern.
Nach der Oelpalme ist die W e in p a lm e (Baphia vinifera)1),
die hervorragendste Palmenart. Diese liebt entschieden sumpfigen
Boden, fehlt an trockenen Stellen gänzlich und entwickelt ihre
volle Ueppigkeit und Pracht an den Ufern der Flüsse und
i) Ich glaube mit Sicherheit, zwei verschiedene Arten von Raphia angetroffen
zu haben, und zwar nicht etwa je eine Art auf einem gewissen
Standplatze, sondern beide neben einander vorkommend. Die Eine zeichnet
sich durch graugrüne, die Andere durch rothgelbe Fiedersehäfte aus.