werden muss, dass wir uns nicht durch beschwerliche Jagdtouren
oder sonstige Strapazen üheranstrengten. Nur litten wir fast
fortwährend angeschwollenen Beinen, und die lästigen Geschwüre
an meinen Füssen wurden trotz der grössten Reinlichkeit und
sorgfältigen Pflege immer grösser. Jedenfalls war an diesem
Zustande der nasse Boden in der Hütte nicht wenig Schuld.
Um uns dagegen einigermassen zu schützen, verfertigten wir
während der Abendwachen solide Holzschuhe mit dicken Sohlen.
Anfänglich erhielten wir noch ab und zu Besuch aus der
nahen Stadt, und zwar meist zur Essenszeit. Als die Leute
aber sahen, dass wir genug zu leben hatten, wurden sie es bei
den fast unbegehbaren Wegen allgemach müde, uns ferner zu
besuchen, und_ so sahen wir denn oft eine ganze Woche lang
keinen Menschen und brauchten somit auch nicht zu fürchten
bestohlen zu werden. Während der genannten zwei Monat§
waren durch die Verfügungen Sickly’s sowohl als durch den
hohen Wasserstand alle unsere Verbindungen mit der Aussen weit
abgebrochen, so dass man an der Küste anfing, ernstlich für uns
besorgt zu sein.
Der October fing eben so schön an, wie der September
regnerisch geendet hatte. Der Fluss begann rasch zu feilen,
und infolgedessen verlief auch das Wasser in den Wäldern
schneller, als wir hätten ahnen können.
Durch einen Pessy-Neger, der auf seinem Wege nach Monrovia
unsere Station berührte, gelang es mir endlich, nebst unseren
Postsachen einen Brief an Mr. D a y durchzuschmuggeln, worin ich
diesem unsere Nothlage mit kurzen Worten schilderte und ihn
dringend b a t, uns so bald wie möglich Träger zu senden, um
dem unfreiwilligen Aufenthalt ein Ende machen zu können. Mit
dem zurückkehrenden Manne trafen zugleich zwei Boten von
Mr. D a y ein, die uns allerlei Lebensmittel überbrachten, sowie
einen Brief, worin der gute Missionär versprach, möglichst bald
eine genügende Zahl von Trägern zu senden, um uns auf einmal
fortzuholen. Einige Tage, nachdem wir die beiden Boten mit
zwei Kisten zurückgesandt hatten, kamen dieselben aufs Neue
mit sechs ändern Leuten an, um einen weiteren Theil unserer
Habe mitzunehmen.
Als nun der Häuptling sah, dass wir auch ohne ihn abziehen
konnten, eilte er zu Mr. D a y und sagte, er habe uns während
unseres Aufenthaltes bei ihm so viel Gutes gethan, dass es
nicht : billig sei, wenn wir ihn, der doch Leute genug zur
Verfügung habe; bei dem geplanten Rückzuge nicht auch etwas
verdienen liessen. Mr. D a y , der grosse Mühe hatte, so viele
Leute zusammenzubringen, fand dies Ansinnen nicht ungerechtfertigt
und machte mit Sickly sofort einen Contrakt, nach dem
derselbe so viele Träger liefern sollte, als Mr. D a y zu wenig
haben- würde, um den Rest unserer Bagage auf einmal wegzubringen.
Auch übernahm der Missionär die Ausbezahlung von
Siokly’s Trägern. Dieser Contrakt wurde mir durch einen Boten
zugestellt. Obschon wir den Häuptling durchschauten, giengen
wir nothgedrungen auf die Verabredung ein. Mr. D a y hatte aufs
Neue .12 Träger gesandt und der Häuptling sollte den Rest
stellen. Da die Füsse der von der Mission gekommenen Träger
auf den ausgewaschenen Pfaden sehr gelitten hatten , gaben wir
ihnen einen Tag Rast und versorgten sie hinlänglich mit Lebensmitteln.
Zugleich giengen wir eifrig ans Einpacken, um am
ändern Tage früh unsern Rückzug antreten zu können. Noch an
demselben - Tage aber wurden wir durch Sickly und seine Leute
zur Stadt gebracht, um in der Frühe des nächsten Morgens zum
Aufbruch bereit zu sein. Alles, was den Transport nicht werth
war, wurde zurüökgelassen oder verschenkt.
Ein hitziges Handgemenge, ein Reissen, Stossen und Schlagen,
ein Rufen und Schreien um die verschiedenen Bekleidungsfragmente
und Gegenstände aller A rt, sowie um die leichtesten Kisten
bildete den Schlussakt unseres Aufenthaltes auf dieser Station.
Diejenigen, die so glücklich waren, ein Stück aus unserer preisgegebenen
Garderobe zu erkämpfen, begannen sofort, sich damit
bestmöglich aufzuputzen. Hier stolzirte Einer auf einem Paar
Holzschuhen umher, die er verkehrt, ' den linken am rechten
und den rechten am linken Fusse, angezogen hatte und verbiss
heroisch den Schmerz den ihm dieselben verursachten. Dort sah
man ihrer zwei, von denen Jeder mit der Hälfte einer Hose
bekleidet war, in die sie sich in wüthendem Kampfe getheilt
hatten, und ein Dritter hatte den Oberkörper in eine abgetragene