glühende Mittagssonne den Scheitel versengt oder die Fluthzeit
gerade eingetreten ist.
Wer würde unter solchen Umständen in diesen Pestsümpfen
ein reiches Thierleben für möglich halten? Und doch fehlt es
daran nicht, so still und todt dieselben auch auf den ersten
Blick erscheinen mögen. Der aufmerksame Beobachter, der im
leichten Canoe durch die Mangrove hingleitet und sich dann
irgendwo auf die Lauer legt, ist geradezu erstaunt, welch reicher
Fülle thierischen Lebens diese öden Sumpfwildnisse zum Tummelplätze
dienen. Der schwarze Schlamm le b t stellenweise förmlich
von den Schaaren von Mosquiten- und ändern Insektenlarven,
und darüber hin spazieren, grossen Spinnen gleich, bald vor-,
bald seit-, bald rückwärts, geschäftige Krabben, worunter am
häufigsten die verschiedenen Arten der Gattungen Sesarma und
Gdasimus. Auf freien, schlammigen Stellen sonnen sich Schaaren
von gesellig lebenden Springfischen (Periophthalmus koelreuteri),
bei den Liberianern „jumping fishes” und „big eye bompies” genannt,
die eine amphibienartige Lebensweise führen, sehr selten
untertauchen, beim leichtesten Geräusche den dicken Kopf mit
den blutrothen, stark hervortretenden Glotzaugen in die Höhe
heben und auf ihren fusstummelähnlichen Brustflossen hastig
davonhumpeln. Zahllose, überaus zudringliche Stechfliegen machen
den Aufenthalt daselbst zur Qual, und wehe dem Jäger, der sich
draussen verspätet hat und zur Nachtzeit durch die Mangrove
nach Hause fahren muss: er wird von den summenden Mosqui-
tenschwärmen fast zu Tode gemartert und hat am ändern Morgen
meist einen derart geschwollenen Kopf, dass ihm kaum ein-, Hut
mehr passen will. An den Wasserschösslingen der Mangrove
hangen stellenweise, nur von der Fluth bespült, ganze Colonien
von grossen, essbaren Austern, die besonders im Beginn der
trockenen Jahreszeit wegen ihrer Schmackhaftigkeit von Eingebomen
und Liberianern gleich sehr gesucht werden und die
armselige Speisekarte des weissen Jägers um eine angenehme
Nummer reicher machen. — Oben auf den Büschen sitzen zahlreiche,
zum Theil riesenhafte und' schönfarbige Eisvögel, wie in
stilles Hinbrüten versunken, bis sie sich plötzlich kopfüber ins
Wasser stürzen und, auf ihren Sitz zurückgekehrt, ein erbeutetes
Fischchen hinunterwürgen. Hier suchen Sumpfschnepfen (Tringa
hypoleucos) und Wasserläufer (Totanus canescens) auf trockenlie-
genden Schlammbänken emsig nach Futter; weiter drinnen schlüpft
ein Zwergreiher durch das Dickicht hin; dort spaziert gemessenen
Schrittes ein weissköpfiger, schwarzer Storch (Giconia episcopus),
ein Silberreiher oder ein grünschillernder Ibis auf und ab oder
steht fischend im seichten Wasser; drüben im Gezweige hat eine
Colonie von schieferfarbigen Reihern (Ardea atricapilla) ihre primitiven,
durchsichtigen Reisignester sich gebaut, deren Besitzer,
mit ihren Zehen die Wurzelbogen umklammernd, bedächtig auf
und nieder klettern. Cormorane und Schlangenhalsvögel sitzen
träge, mit S-förmig eingezogenen Halse, auf den Aesten in der
Nähe des Wassers; ein Flug Wildenten, gestört durch ein nahendes
Canoe, schwirrt pfeifend, auf, Schwärme von fruchtfressenden,
grünen Papagaitauben fallen ein, an den grünen Samenknospen
der Mangrove ihr Mahl zu halten, und hoch über Allem erhaben
ziehen gabelschwänzige, braune Milane (Milvus aegyptius) und
schwarzweisse Seeadler (Gypohierax angolensis) ihre Kreise. Und
damit es auch an grösserem Gethier nicht gänzlich fehle, durchwühlt
weiter rückwärts in der Mangrove das Pinselschwein
(Sus penicillatus) den Sumpf, während draussen am Wasser,
einem knorrigen, halbverfaulten Baumstamm gleich, in träger
Ruhe ein Krokodil sich sonnt und auf eine arme Antilope oder
ein Moschusthier lauert, die das Unglück hier zur Tränke führt.
Den Uebergang von den Mangrovesümpfen zu der Waldregion
bilden gewöhnlich sandige G ra s s te p p e n (Savanen), die sich
jedoch stellenweise, den Sumpf - vertretend, bis an die Küste
erstrecken und vielfach durch Gebüsch, kleine Gehölze und
Palmengruppen (Oelpalmen) unterbrochen werden. Das Gras dieser
Steppen wächst oft bis zu Mannshöhe auf, wird aber alle Jahre
zu Ende der Trockenzeit von den Eingebornen weggebrannt.
Diese grossen Steppenbrände gewähren einen ungemein imposanten
Anblick. Das Feuer wälzt sich mit grösser Schnelligkeit
über die weite Fläche hin, alles thierische Leben, das die Steppe
das ganze Jahr beherbergte, in wilder Flucht vor sich her jagend.
Nur wenig entgeht dem vernichtenden Elemente, denn das Steppengras
ist immerhin nicht hoch genug, um grösseren Säuge