Nach einigen freundlichen Worten des Empfanges in englischer
Sprache liess Moeana mich in ein benachbartes Haus bringen
und mir durch eine, seiner Frauen etwas Reis mit frischem Wildbraten
vorsetzen. Da ich soeben im Palaverhause ein ganz frisches
Leopardenfell zum Trocknen aufgespannt gesehen hatte, so fragte
ich meine freundliche Wirthin, ob vielleicht der vor mir stehende
Braten in einiger Beziehung zu jenem Leopardenfell stehe, worauf
sie lachend den Kopf zurückschnellte, was so viel bedeutete als:
„Du hast gut gerathen, weisser Fremdling.”
Nachdem ich auf einer neben dem Feuer liegenden Bambu-
matte1) etwas geruht hatte, wurde ich nach dem Palaverhause
gebracht, wo mich der König zur Audienz erwartete. Er lag
neben dem Feuer in einer grossen Hängematte behaglich ausgestreckt,
und in respektvoller Entfernung sassen auf der Erde,
wie mir schien, seine Grosswürdenträger und hatten ihr. Gesicht
in feierliche Falten gelegt, was zu dem selbstzufriedenen Lächeln,
das den Mund seiner Majestät umspielte, in eigen-thümlicher Weise
contrastirte. Sofort nach dem Eintritt wurde mir ein Stuhl zum
Sitzen angeboten, während mein Dolmetscher, der schon erwähnte
liberianische Händler, neben mir stehen blieb.
Obschon Moeana gut Englisch sprach, liess er sich doch,
wahrscheinlich weil die Etikette an seinem Hofe dies forderte,
während der ganzen Audienz alles, was ich ihm in englischer
Sprache erzählte, durch einen Dolmetscher in die Vey-Sprache
übersetzen. Dies geschah Alles in ganz in kurzen Wortreihen,
ohne Rücksicht auf den logischen Zusammenhang, was natürlicher
Weise das Verständniss des Gesagten bedeutend stören
musste. Ich sagte ihm nun, dass ich gekommen sei, um seine
Bekanntschaft zu machen , dass ich mich einige Tage in Cobolia
aufzuhalten und die Gegend zu durchstreifen gedenke und während
dieser Zeit sein Fremdling (Gast) zu sein wünsche. Dann erzählte
i) Aus der sehr spaltbaren Rinde von Palmblattstielen geflochten. Bambu-tree
heisst in Liberia die Weinpalme, Bambu aber nennt man deren schlanke
Fiedersehäfte, und Bambu-wine den aus dieser Palme gewonnenen "Wein, zum
Unterschiede von dem Wein der Oelpalme. Der echte Bambus (Bambusa)
kommt nur sporadisch vor und spielt deshalb in der Industrie der dortigen
Neger durchaus nicht eine so wichtige Rolle, wie dies in Ostindien der Fall ist.
ich ihm auch von dem langen James Payne , dem weissen Huhn
und dem jungen Leoparden. Da ich bemüht war, der ganzen
Erzählung einen komischen Anstrich zu geben, so entstand ein
fröhliches Gelächter, worauf Moeana erklärte, dass er diesen
James Payne gar nicht' kenne, von der Sendung eines weissen
Huhns nichts wisse und leider auch keinen jungen Leoparden
habe, dass ich ihm aber nichtsdestoweniger als sein Fremdling
herzlich willkommen sei und dass er hoffe, mich recht lange in
seiner Stadt beherbergen zu können.
Ich unterhielt mich nun ferner mit ihm über Jagd und Wildreichthum
jener Gegend, und da ihm meine dabei geäusserte
Absicht, in der Nähe von Cobolia-unter seinem Schutze eine Jagdstation
zu gründen, sehr wohl gefiel, so versäumte er nicht, die
Vortheile, welche mir die Ausführung dieses Planes bieten würde,
gebührend hervorzuheben und mir sein Land als die wildreichste
Gegend von - ganz Liberia anzupreisen. Der Grund dafür liess
sich freilich leicht herausfinden. Moeana führte damals gerade
Krieg mit den benachbarten Stämmen der Gallinas, welche durch
die gemietheten Räuberhorden der Kosso sein Land verwüsten
und seine Residenz Cobolia bedrohen liessen. Erst vor Kurzem
hatte die Stadt eine lange Belagerung glücklich bestanden, aber
man hatte alle Aussicht auf einen erneuten feindlichen Anfall.
Wären wir aber seine „Fremdlinge” gewesen,- dann hätten wir
vorkommenden Falls nothgedrungen für ihn Partei nehmen müssen.
Nun schien er sich, jedenfalls nicht ganz ohne Grund, sehr viel
von unsern „unfehlbaren” Feuerwaffen und unserer Munition zu
versprechen und wahrscheinlich noch weit mehr von dem intellektuellen
Einflüsse, den zwei weisse Jäger in den Reihen seiner
Krieger sowohl auf diese als auch auf die Feinde ausüben müssten.
So versprach mir denn Moeana alles Mögliche, um mich zur
Ausführung dieses Planes zu bewegen. Er übernahm es, mir auf
einem selbst zu wählenden Platze ein Jagdhaus zu bauen und
zwei seiner eigenen Söhne als Bediente und Führer mitzugeben,
und noch viel Anderes mehr. Ich wollte jedoch erst sehen und
mich von der Tauglichkeit dieser Gegend selbst überzeugen,
deshalb machte ich während der Dauer meines Aufenthaltes,
LIBERIA, I . • 14