betrieben wurde, ist in den letzten Jahren stark zurückgegangen,
da man das prachtvolle Roth viel billiger auf chemischem Wege
darstellen kann. Den Wegen entlang findet man zahlreiche, wilde
(verwilderte?) Agaven, und stellenweise sind beide Strassenränder
ausserhalb der Stadt mit Cypressen bedeckt. Kaum hat man aber
die Umgebung der Stadt verlassen, so hört beinahe jeglicher
Pflanzenwuchs auf, und längs der Strasse nach der Halbinsel
Isleta hin ist die ganze Gegend, selbst bis an die Abhänge der
Berge hinauf, mit gelbweissem Flugsand bedeckt.
Um drei Uhr nachmittags waren wir wieder an Bord. Wir
fuhren nun der Ostküste der Insel entlang südwärts, und erst
spät in der Nacht blieb auch die Südspitze dieser grössten der
kanarischen Inseln hinter uns zurück.
Im Laufe des folgenden Tages passirten wir den Wendekreis
und sahen zahlreiche Haifische. Die Luft war trübe, doch konnten
wir zeitweise die vegetationslose Stranddüne der afrikanischen
Küste sehen, unter der wir auf geringen Abstand entlang fuhren.
Einen Tag später passirten wir Cap Blanco, und zahlreiche Raubvögel
(Haliaetus vocifer) umschwärmten das Boot. Am frühen
Morgen des 22. November fuhren wir dicht unter dem grünen
Vorgebirge hin und kurz nachher die tafelförmigen, kahlen und
steil aus der See aufsteigenden Magdaleneninseln entlang. Um
sieben Uhr bogen wir um das nach S.W. vorspringende und die
Bucht von Goree einsehliessende Cap Manoel und giengen gegenüber
der in dieser Bucht liegenden Felsinsel G o re e , mit der
Stadt und dem Freihafen gleichen Namens, vor Anker. Zahlreiche
Fahrzeuge, worunter einige französische Kriegsschiffe, lagen in
unserer Nähe, und direkt vor uns erhob sich die Insel Goree,
deren ganze Oberfläche, einen im Süden liegenden, mit einem
Fort gekrönten Hügel ausgenommen, durch die Stadt mit ihren
zahlreichen öffentlichen Gebäuden und dem grossen Marktplatze
eingenommen wird. Auch auf dem nördlichen Ende der Insel steht
ein Fort, von dessen Zinnen alte Feldschlangen wohl mehr drohend
als wirklich gefährlich herunterschauen. Vorbei Goree, am nahen
Festlande im Westen der Bucht, liegt Dakar, ebenfalls ein französischer
Hafenplatz, und im Osten, an derselben riesigen Bucht,
der Hafenplatz Rufisque. Nachdem die Gesundheits- und Douanepolizei
ihre Pflicht erfüllt hatte, kamen zahlreiche, grosse Kutter
langsseit des Schiffes, um Ladung für die drei verschiedenen
Hafenplätze in Empfang, zu nehmen.
Nach dem Frühstück fuhren wir nach Goree hinüber und
mietheten dort ein Segelboot, das uns nach Dakar beförderte.
Auch hier ist, wie in Goree, ein Gouverneurspalast und ein
riesiger Marktplatz, auf dem zahlreiche zum Stamme der Fullah
gehörige Neger in langen, talarartigen, weissen Mänteln und
beinahe ganz in Tücher gehüllte Frauen allerlei Landesprodukte
zum Kaufe anboten. Die Eingebornen des Platzes selbst gehören
zum Stamme der Wolof und sind weniger gut gekleidet. Im
Allgemeinen sehen diese Neger intelligent aus, sind sehr dienstfertig
und sprechen meist etwas Französisch, das hier die offi-
cielle Sprache ist. Die erste Begegnung, die wir mit Weissen
hatten, war ein Leichenzug! Ein weisser Kauftnann wurde durch
seine Freunde zu Grabe geleitet. Dakar ist ein bedeutender
Handelsplatz und der Ausgangspunkt einer schmalspurigen Eisenbahn,
die nach St. Louis äm Senegal führt1). Der Platz ist sehr
weitläufig gebaut. Die Umgebung ist nicht sehr fruchtbar und
besteht in der Nähe des: Strandes aus Dünengebiet, dessen Thalsohlen
allein einige Vegetation besitzen. Hier weideten zahlreiche
Heerden von Buckelochsen und glatthaarigen Schafen, zwischen
denen Hunderte von gelben Bachstelzen (Motacüla flava) herumtrippelten.
Die grössern Dünenthäler sind sumpfig, und zahlreiche
Krabben glotzten uns mit ihren beweglichen, gestielten Augen
von allen Seiten entgegen. Dieses Gebiet ist das Land der Dornen,
und es dauerte nicht lange, bis uns auf dem kleinen Jagdaus-
fluge — wir hatten unsere Gewehre mitgenommengi|€i das Blut
in das Schuhzeug hinunterfloss. Leider war es viel zu heiss, um
mit Erfolg jagen zu können, doch lernten wir auf diesem Ausfluge,
der uns der Bahnlinie entlang bis in die Nähe von Rufisque
hinüberführte, den Charakter der Gegend wenigstens einiger-
maassen kennen. Nach Dakar zurückgekehrt, machte ich mit
') Diese Bahnlinie ist an die 16B englischen Meilen lang. Sie ist die erste ,
die in Afrika angelegt wurde. Eine andere Linie von ungefähr 335 englischen
Meilen soll später St. Louis, die Hauptstadt- des französischen Senegalgebietes,
mit Bamaku am obern Niger verbinden.