in deren Bereich zu kommen. Der Stich schien die Carotis
getroffen zu haben, denn der sandige Boden war mit Blut
getränkt, und nach einer halben Stunde hauchte das Ungethüm
röchelnd den letzten Athem aus. Es war von derselben Grösse
wie das erste Exemplar. Sein Rückenschild war etwas über 6'
lang, bei 4' breit und mit fünf kammartig erhabenen Längsleisten
versehen, die sich an dem in eine Spitze auslaufenden
hintern Ende einander näherten. Die beiden Yorderpranken
haften eine Länge von 4'; sie waren sehr platt und ihre grösste
Breite mochte wohl einen Fuss betragen. Ich kaufte die Schildkröte
auf dem Platze an unter der Bedingung , dass sie mir
unbeschädigt nach der Station geliefert werde, denn momentan
hatte ich nicht die geringste Idee, auf welche Weise das Thier
dorthin geschafft werden müsse. Das Fleisch bedangen sich die
Leute für sich selbst aus. Am nächsten Morgen, es war Sonntag,
wurde mir die Schildkröte in aller Frühe hergebracht. Man hatte
sie auf einem Canoe über die Sandbank hinweg in den Fluss
hineingeschleppt, dann das Canoe vorgespannt und sie im Schlepptau
nach Mr. W atson’s Landungsplatz gebracht. Dort band m a n
das Thier wieder auf das Canoe, etwa 30 Mann spannten sich
an einer langen Leine vor und schleppten es, während es von
links und rechts nebenhergehenden Männern aufrecht gehalten
wurde, den steilen Abhang hinauf vor mein Haus.
Da der Sonntag im Lande streng gefeiert wird, so war kein
einziger Liberianer zu finden, der mir bei der nun folgenden
grossen Arbeit des Ausschlachtens und Präparirens helfen wollte,
doch die Hülfe meiner boys und einiger Eingebornen förderte die
mühsame Arbeit rascher als ich erwarten durfte, nachdem ich
einmal mit vieler Mühe das Brustschild vom Rückenpanzer:
getrennt hatte. Das Fleisch sah unappetitlich dunkelroth aus,
und das grünliche Fett^sass, ganz anders als bei Säugethieren,
in grössern und kleinern, kugeligen Klumpen zwischen dem
Zellgewebe und in der Bauchhöhle. Es war nahezu flüssig und
schmolz zum Theil unter den Häuden weg. Sobald die hauptsächlichsten
Fleischpartieen und die Eingeweide mit hunderten von
halb und ganz entwickelten Eiern herausgeschnitten und abgeliefert
waren, entfernte sich die neugierige Menge, während
ich mit meinen Leuten unverdrossen den ganzen Tag hindurch
arbeitete. Das ganze Thier wurde so behandelt, dass sowohl der
Panzer und der Rest des Skelets als auch die Haut unversehrt
blieben, was die Arbeit natürlich bedeutend verlängerte und
erschwerte, und wohl eine W öche fortwährender Mühe und Sorge
gieng hin, bevor ich | so weit war, dass nichts mehr verderben
konnte. Das Exemplar steht gegenwärtig in Museum in Brüssel.
Das Fleisch, obschon etwas zähe und thranig, schmeckte besser,
als es aussah und lieferte eine leidliche Suppe, die aber der von
Chélonia midas an: Güte bei Weitem nicht gleichkam. Bedeutend
besser mundeten die grossen Eier, obwohl auch diese nicht frei
von Thrangeschmack waren.
Die Niederlassung Robertsport wurde, da der Krieg noch stets
fortdauerte, mehr und mehr mit Flüchtlingen aus der weitern
ümgebüng überfüllt, und selbst gewöhnliche Lebensmittel, wie
Kassaven, Bataten, Fisch etc. waren sogar für Geld kaum mehr
erhältlich. Das ganze Land war ausgehungert, und fortwährend
liefen Berichte ein, dass da oder dort Eingebornevor Hunger
gestorben seien. Auf Anregung der amerikanischen Missionäre H
wufden durch Comités in England und Amerika mehrere hundert
Säcke Reis, sowie Salzfleisch und Speck nach Robertsport gesandt,
um unter die nothleidenden Eingebornen vertheilt zu werden.
In ■ den meisten Fällen aber nahmen die verschiedenen Negerfürsten
den Reis in Empfang und vertheilten denselben unter
diejenigen-,"die"ihnbezahlen konnten, so dass gerade die Hülfs-
bedürftigsten leer ausgiengen.
Dar ieh sah, dass die~Friedensunterhandlungen, welche man aufs
Neue begonnen hatte,'doch zu keinem günstigen Abschlüsse führten
und das Land zu-sehr ausgehungert war, als dass man es, selbst
im Falle eines baldigen Friedensschlusses, mit Erfolg hätte bereisen
können , so'entschloss ich mich gegen Ende 1881, mit der ersten
Schiffsgelegenheit nach Grand Bas sa, einer Gegend etwa 60
miles südöstlich von Monrovia, überzusiedeln. Dort würde sich mir
*) Mr. und Mrs. G e u b b waren schön am 10. September nach Amerika
zurückgekehrt, nachdem bereits früher, am 29. Juli, Bischof P e n i c k mit
seiner Frau und einer Missionärin, Miss D a b n e y , angekommen war.