Tode 20 Weiber und über 100 Sklaven, und da Jo h n damals
selbst schon acht Frauen hatte, so durfte er in dieser Hinsicht
wohl zufrieden sein.
Die Sklaven wurden hier, wie feist überall, wo ich hinkam,
beinahe als Familienglieder behandelt und auch, so lange sie
sich gut betrugen, nur in seltenen Ausnahmefällen verkauft.
Solche jedoch, die sich eines Diebstahls oder eines Uebergriffs in
gewisse Rechte ihres Herrn schuldig machen, werden oft fürchterlich
durchgepeitscht, erhalten eine schwere Kette um den Hai«
und werden mit dem linken Fusse an einen dicken Holzklotz
(stick) geschmiedet, an welchem auch die Kette befestigt ist. Auf
solche Weise fesselt man auch neu angekaufte Sklaven, wie
man sagt, um sie an ihren neuen Herrn zu gewöhnen und sie
während der ersten Zeit am Weglaufen zu verhindern. Am 23.
Juni kam der Häuptling der schon früher erwähnten Stadt Jondoo
mit einem Sklaven an, den er, wahrscheinlich wegen irgend
eines, schweren Vergehens, verkaufen wollte. In G-onon konnte
er aber keinen Abnehmer finden. Der trotzig aussehende Sklave
trug einen Strick um den Hals, und seine rechte Hand war
straff an die linke Schulter aufgebunden.
In Gonon befand sich eine Schule, in der ein Mandingo-Derwisch
die Kinder im Lesen und Schreiben der Mandingo-Sprache, im
Singen und Beten unterwies und die religiösen Uebungen der
zahlreichen zum Islam übergetretenen Einwohner leitete. Schon
früh am Morgen rief das Muezzin die Gläubigen zum Gebet nach
der als Moschee dienenden Negerhütte zusammen, und ertönte
dann das kräftig gesungene Allah 41 Allah wie klagend aus dieser
Hütte herüber. Mit Tagesanbruch waren auch die Kinder versammelt
und liessen unter Leitung ihres diensteifrigen Lehrers
ihre klagenden Gesänge hören, recitirten ihre Koranverse und
schrieben dann auf den geweissten Holztafeln neu diktirte Verse
auf, um dieselben für die folgende Lection auswendig zu lernen.
Der schwarze Hafiz hatte in seinem weissen Talar, dem rothen
Fez und seinem in feierliche Falten gelegten Gesichte ein recht
würdiges Aussehen, das durch die schön geschnitzten, hölzernen
Sandalen, äuf denen, er mühsam einherwatschelte, freilich eher
verlor, als gewann. Ich hatte leider, keine Gelegenheit, den
Mann näher kennen zu lernen, doch der Eifer mit dem er sich
seiner Aufgabe widmete, verrieth, dass es ihm damit Ernst
sei und diese Ueberzeugungstreue stellte ihn in meiner Achtung
ebenso hoch, wie meine Freunde, die christlichen Missionäre,
Die Umgegend von Gonon schien auf den ersten Anblick sehr
geeignet, einen reichen Bestand an Jagdwüd zu beherbergen. Das
Terrain war hügelig, mit schönem, freilich viel zu dichtem
Hochwald bedeckt und von zahlreichen, murmelnden Quellbachen
durchzogen. Wir giengen denn auch schon am ersten Abend hinaus,
um uns für den nächsten Morgen einige gute Posten auszusuchen.
Das Jagdglück war uns jedoch nicht hold, denn unter dem
wenigen Wild, das wir während unseres Aufenthaltes m Gonon
antrafen, war auch nicht ein Stück, das mir besondere Freude
gemacht hätte. Es waren namentlich Chimpansen und einige
sehr seltene Arten' von Stummelaffen, die mich in diese Gegend
gelockt hatten, und ich erkundigte mich denn auch aufs Angelegentlichste
nach all diesen gewünschten Thieren. Die Antwort
auf meine Nachfrage war aber überall dieselbe, die mir noch
aus dem Golah-Lande her in den Ohren klang: „Oh Daddy, plenty
lim in this country, too much!” Den Chimpansen schien man
jedoch in der ganzen Gegend sehr gut zu kennen, und es ist
zu eigentümlich, was dieser in der Meinung der naiven.Emge-
bornen für eine Rolle spielt, als dass ich mit Stillschweigen
darüber hinweggehen könnte.
Der baboon — so wird in ganz Liberia der Chimpanse genannt —
wird allgemein für ein über den ändern Thieren stehendes Wesen
gehalten. Wohl erlegt man ihn hie und da, doch wird - und
das bedeutet bei diesen Omnivoren von Eingebornen viel — sein
Fleisch nicht, wie das aller ändern Affenarten, gegessen; denn
der baboon ist, wie sich die Leute ausdrücken, too much hke man,
d.h. zu sehr dem Menschen gleich..
In letzterer Beziehung haben diese Leute, die Vergleichung auf
sich selbst bezogen, nicht ganz Unrecht, denn der Chimpanse
hat wirklich, auf grossen Abstand gesehen, einige Aehnlichkeit
mit einem alten Buschnigger, und mehr als einmal hätte ich
im Waldesdunkel aus Versehen beinahe einen dieser nackten
Neger niedergeschossen. Man erzählt unter anderm vom baboon,