hört man z. B. oft von Weissen, die lange Zeit dort zugebracht
und ich habe die gleiche Erfahrung aueh an mir selbst gemacht —
dass bei Nadelstichen und ändern leichten Verwundungen vor
dem Blute erst ein Tropfen Wasser (Serum) zum Vorschein kommt.
Besonders viel wird denn auch in Liberia, von Weissen sowohl
als von den farbigen Ansiedlern, über geschwollene Beine und
Füsse (Hautwassersucht) geklagt, eine Plage, unter der sowohl
mein Begleiter Sala als ich sehr viel zu leiden hatten. Am
häufigsten beobachtet man diese lästige Erscheinung während
der Regenzeit, wenn die Hautausdünstung in der mit Wasserdampf
geschwängerten Luft nicht gut vor sich gehen kann.
Eigentliche Wassersucht (Hydrops) in ihren verschiedenen Formen
ist eine besonders bei den liberianischen Ansiedlern sehr bekannte
und gefürchtete Krankheit, und auch die Weissen werden nicht
von ihr verschont.
Die Hautwassersucht ist sehr oft der Vorläufer einer Krank-
heitserscheinung, die sowohl für Weisse als Liberianer eine
wahre Landplage bildet. Es entstehen nämlich ohne alle äussere
Ursache sehr häufig an. Beinen und Füssen, besonders rund um
die Knöchel und auf dem Schienbein, flache Hautwunden, die
gar bald in lästige Geschwüre ausarten, welche nur sehr mühsam,
oft erst nach Jahren oder gar nicht geheilt werden können. Sie
beginnen gewöhnlich mit kleinen, entzündlichen Hitzbläschen,
vergrössern sich sehr rasch und erreichen oft eine bedenkliche
Ausdehnung. Ihre Heilung wird ganz besonders durch die grosse
Wärme und den stets hineinkommenden Schweiss erschwert,
und da sie ein Anziehungspunkt für Fliegen und — des Nachts —
für Kakerlaken (Blatta americana) und Ameisen sind, so werden
sie für den damit Behafteten eine wahre Plage. Ich habe selbst
unsäglich unter diesen Geschwüren gelitten, die mir während
meines erstmaligen Aufenthaltes in Liberia für Reihen von Monaten
alles Reisen und Jagen unmöglich gemacht, mir das Leben
verbittert und mich endlich gezwungen haben, die Küste zu
verlassen und in Europa Heilung zu suchen.
Eine zeitweise sehr lästige Plage dieser Tropengegenden, der
kaum ein Europäer entgeht, ist der sogenannte „rothe Hund”,
englisch prickly heat (juckende Hitze), in Liberia kurzweg heat
genannt. Es ist dies eine entzündliche Schwellung der Schweiss-
drüsen, infolge, deren die Haut , besonders an den durch Kleider
geschützten Stellen, wie mit rothen Punkten besäet erscheint.
Das Lästige daran ist, dass dieser Zustand von einem ungemein
intensiven - Jucken begleitet ist, welches infolge des unvermeidlichen
Kratzens eher zu- als abnimmt. Obschon man gegen dieses
Uebel bisdahin noch kein Radikalmittel gefunden hat, so glaube
ich doch, dass durch rationellere Kleidung, d. h. durch das Tragen
von leichten baumwollenen Stoffen von weicher, durchlässiger
Beschaffenheit, wie sie der Afrikareisende Dr. F alkenstein j)
anstatt des Flanells zum Tragen auf der blossen Haut empfohlen
hat , dieser Plage bedeutend vorgebeugt werden könnte.
Um das Bild des sanitären Zustandes in Liberia einigermassen
zu vervollständigen, muss ich zum Schlüsse noch der Insekten
gedenken, die dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen,
nämlich der Mosquiten und des Sandfloh’s. Erstere können in
den Niederungen des Küstengebietes, besonders in der Nähe der
Flussufer und der Mangrovesümpfe, recht lästig werden und durch
die Störung der so nöthigen Nachtruhe die. nervöse Gereiztheit
des Menschen bedeutend erhöhen, wodurch das Allgemeinbefinden
in hohem Maasse geschädigt wird. Die höhergelegenen, der Seebrise
ausgesetzten Plätze, wie Monrovia, werden von dieser Plage nur
in geringem Grade heimgesucht, so dass dort die Mosquitonetze
an den Betten nur selten oder gar nicht benützt werden. In den
Waldregionen des Innern haben wir die Mosquiten überhaupt
gar nicht kennen gelernt.
Sehr viel hat man aber unter den Anfällen des Sandflohs
(Rhynchoprion penetrans), dort chigre genannt, zu leiden, dessen
Weibchen sich in die Fussohlen, noch mehr aber unter die Nägel
der Zehen einbohrt, um dort seine Eier zur Reife zu entwickeln.
. Bei der Kleinheit dieser Thierchen — sie sind kaum halb so
gross wie ein gewöhnlicher Floh — werden dieselben erst gar
¡) nicht beachtet, doch bald verursacht das Thier mit dem sich zu
der Grösse einer Erbse entwickelnden Eierstock ein juckendes,
') Dr. FALKEirsTEnr in „Die Loango-ExpeditionII. Abth. p. 169-183
(Leipzig, Verlag von P a u l F b o h b e b g , 1879).