that Herr R omahn, obschon er damals, bei Abwesenheit des
Hauptagenten und Consuls, Herrn K önigsdörfee, der einzige
Weisse in der deutschen Faktorei war. Dass in einem warmen
Klima wie dort, und besonders bei dem geringen Yiehstande, kein
Schlachthaus besteht und nicht zu geregelten Zeiten geschlachtet
wird, kann man begreifen, doch staunte ich nicht wenig, als
ich hörte, das auch keine Bäckerei bestehe und jede Familie,
wenn sie Brod haben wolle, dasselbe in einem eisernen Topfe
selbst backen müsse. Ueberhaupt ist das Leben in der liberianischen
Hauptstadt äusserst primitiv. Ein eigentliches Hôtel besteht
nicht, doch halten einige Privatleute Zimmer zur Verfügung für
Besucher Monrovia’s, besonders für die Mitglieder des Senats
und Repräsentantenhauses, die alljährlich im November zu ihren
Sitzungen in Monrovia Zusammenkommen. AusSer diesen letztem
kommen sfehr selten Besucher an, die von diesen Gelegenheiten
Gebrauch machen, da die meisten Europäer, besonders die Deutschen,
durch ihre Landsleute gastfreundlich aufgenommen werden. Da,
wie gesagt, wegen baulicher Veränderungen für uns kein Platz
in der Faktorei war, wurden wir bei Herrn A enmey , einem
Holländer, der schon eine lange Reihe von Jahren im Orte wohnt,
einquartirt. Herr A enmey ist gegenwärtig, seit dem Tode, des
französischen Kaffeepflanzers V erdier in Cape Palmas, der einzige
in Liberia niedergelassene Weisse, der nicht im Dienste einer
Mission oder der einen oder ändern europäischen Handelsunternehmung
steht. Er hält in seinem Hause einen kleinen Victua-
lienladen und macht bedeutende Geschäfte in Liberiakaffee und
allerlei amerikanischen Commissionsartikelen. Seine Frau, eine
sehr sanfte, freundliche Mulattin von gelber, beinahe weisser
Hautfarbe, hat eine Kaffeeplantage am St. Paulsflusse. Wir
fanden in diesem Hause ein ganz annehmbares Unterkommen
gegen einen Dollar per Tag für uns beide mit Inbegriff von
Frühstück, und als ich später längere Zeit daselbst wohnte,
bezahlte ich für Wohnung und volle Kost per Woche 8 Dollars.
Für den ersten‘ Abend in Monrovia hatte uns Herr R omahn
zu sich in seine Wohnung eingeladen, und Herr V eldkamp war
so freundlich, uns dorthin zu begleiten. Nie kann ich an diesen
fröhlichen Abend zurückdenken , ohne mich an den Schrecken und
die Heiterkeit zu erinnern, die ich damals unabsichtlich durch
meinen Sammeleifer verursachte. Auf dem Wege nach dem
deutschen Consulate sah ich — die Nacht war bereits hereingebrochen
s^nauf dem Trottoir an der Broadstreet etwas Dunkles
über den Weg kriechen. Getreu meinem Vornehmen, um keinen
Tag Vorbeigehen zu lassen, ohne unsere Sammlung durch einen
oder ändern Gegenstand zu bereichern, wollte ich diese Gelegenheit
nicht entgehen lassen, um gleich am ersten Tage den Grund zu
unsern spätem Sammlungen zu legen, und wirklich erhaschte
ich nach kurzer Mühe das Thiör — wie sich später herausstellte,
ein schönes, grosses Exemplar der dort sehr gemeinen Pantherkröte.
Ein echter Naturfreund weiss sich immer zu helfen, und
so wickelte ich denn das Thier, aus Mangel an etwas Besserem,
zum. grossen Entsetzen unseres Freundes V eldkamp in mein
Taschentuch.
Bei Herrn R omahn gieng es sehr gemüthlich, und später am
Abend sogar sehr lebhaft her. Wir machten hier die Bekanntschaft
des damaligen amerikanischen Consuls Smyth , eines echten
Vollblutnegers von wahrhaft herkulischer Gestalt. Er ist jedenfalls
einer der schönsten Negertypen,-die ich je gesehen habe, dabei
sehr, jovial und gebildet, und in seinem ganzen Auftreten vom
Scheitel bis zur Zehe ein Gentleman. Während sonst bei jedem
Präsidentenwechsel in Amerika auch die Consulate Personalveränderungen
erfahren, hat er sich mit einer kurzen Unterbrechung
bereits jahrelang auf seinem Posten zu halten gewusst, der
ihm jährlich an festem Gehalt und Emolumenten gegen 6000
Dollars einbringt. Er zeigte grosses Interresse für unsere Unternehmung
und hatte nicht wenig Lust, sich uns für einige Zeit
anzuschliessen. Ausser diesem Herrn trafen wir auch einige
liberianische Abgeordnete an, so dass wir zusammen eine sehr
bunte Gesellschaft bildeten.
Die Unterhaltung war sehr lebhaft. Es wurde viel gesungen
und tapfer auf das Wohl aller durch die Anwesenden vertretenen
Nationen getrunken. Erst trank man Bier, ein ganz angenehmes
Hamburger Export, nachher Wein. Trotz der geöffneten Fenster
war es im Zimmer warm geworden, und nicht weniger in unsern
Köpfen. Zur Abkühlung wurde Brandy (Cognac) und Wasser —