zur Verfügung stellte, betraute mich mit der Leitung der Unternehmung.
Als Reisegefährte wurde mir Cae l F eiede ich Sala
beigegeben, ein leidenschaftlicher Jäger und Fischer, der früher
eine Reihe von Jahren in Java als Soldat und später als Sammler
in . portugiesisch Westafrika zugebracht hatte.
Unsere Aufgabe war, die zu bereisenden Gegenden so gut
wie möglich zoologisch zu untersuchen, keine Thierklasse ganz
zu vernachlässigen, und möglichst grosse und vollständige Sammlungen
anzulegen. Unser Hauptaugenmerk sollte aber stets auf
die Wirbelthiere, und unter diesen -besonders auf Säugethiere
und Vögel, gerichtet sein. Alle ändern Untersuchungen sollten
diesem Hauptzwecke stets untergeordnet bleiben, und Prof.
S ohlegel, der meine Vorhebe für Botanik kannte, fand es sogar
nothwendig, mir in unserm Contrakt ausdrücklich zu verbieten,
mich während der Reise mit diesem Zweige der Naturgeschichte
zu beschäftigen. Unsere Kräfte blieben somit ausschliesslich auf
zoologische Arbeiten concentrirt, und was im Laufe der folgenden
Gapitel über andere Wissenszweige gesagt wird, gründet sich
deshalb auf Eindrücke und Beobachtungen, die sich mir gelegentlich
wie von selbst aufdrängten.
Die reichen Erfahrungen Prof. Schlegel’s , der schon so manche
derartige Expedition in die Welt hinausziehen sah und zum Theil
selbst aussandte, ermöglichten uns, für eine äusserst zweckmässige
Ausrüstung zu sorgen. Die holländische Regierung gewährte
mir Urlaub auf unbestimmte Zeit und versah uns mit
den nöthigen Empfehlungsbriefen an ihre Consulate nicht nur in
Liberia, sondern auch in den englischen, französischen, spanischen
und portugiesischen Besitzungen auf der Westküste Afrika s und
den anliegenden Inseln. Herr H endeik Mülleb , der Inhaber der
bereits genannten Firma, gewährte nebst ändern Begünstigungen
kostenfreien Transport unserer Bagage und Sammlungen auf allen
seinen Schiffen. Die liberianische Regierung, die uns sehr wohlwollend
die Erlaubniss zum freien Reisen und Sammeln in ihrem
ganzen Territorium ertheilte, gewährte uns ausserdem vollständige
Zollfreiheit, eine Vergünstigung, die um so höher zu schätzen
ist, als nicht einmal die dortigen fremden Missionsanstalten diesen
Vorzug unbeschränkt geniessen.
Unsere Aussichten, schienen also in jeder Hinsicht günstig zu
sein, und mit Lust und Eifer machten wir uns denn auch an
unsere Aufgabe, in der an Ueberzeugung grenzenden Hoffnung,
dass ihre Lösung gelingen werde. Doch sagt schon der deutsche
Ornithologe Dr. R eichenow, der in den Jahren 1872 und 1873
zum Zwecke zoologischer Untersuchungen die Goldküste, sowie
die Kamerun- und Gabungegend besuchte und am Kamerun seinen
Freund und Reisegefährten Dr. Lühdee verlor: „Afrika ist nicht
das Land, in welchem man sagen kann: Ich will; vielmehr heisst
es dort: Du musst.” J)
Dieses Wort, das ohne Zweifel jedem, der tropisch Westafrika
bereist hat, aus der Seele gesprochen ist, hat sich auch an uns
bewahrheitet. Widerwärtigkeiten aller Art, besonders die Tücke
des Klima’s, Unzuverlässigkeit und Trägheit der Eingebornen,
Krankheit und Tod meines Reisegefährten — alles das war nicht
geeignet, mich dem vorgesteckten Ziele näher zu bringen. Und
als ich schliesslich im Frühling 1882, durch anhaltendes Fieber
gänzlich erschöpft, in Europa Wiederherstellung meiner Gesundheit
suchte, waren noch nicht einmal die zoologischen Untersuchungen
in L i b e r i a zu einem befriedigenden Abschlüsse
gelangt. Damals dachte ich, dass ein halbes Jahr zu meiner
Herstellung genügen werde und liess meine ganze Ausrüstung in
Monrovia zurück. Es- stellte sich aber sehr bald heraus, dass
ich mich darin verrechnet hatte. Meine Genesung förderte nur
langsam, und als ich mich zwei Jahre nach der Rückkehr noch
nicht kräftig genug fühlte, um den Mühsalen und Entbehrungen,
die das Leben eines Jägers in den Wildnissen Afrika’s mit sich
bringt, zu trotzen, sandte ich auf mein eigenes Risiko meinen
Landsmann und alten Jagdfreund F. X. Stampfli nach Liberia,
um das angefangene Werk so gut wie möglich fortzusetzen.
Dieser, ein vortrefflicher, leidenschaftlicher Jäger, hatte sich
unter meiner Leitung während eines halben Jahres auf seine
Aufgabe vorbereitet, und da die Aerzte mir von einer Rückkehr
nach Afrika entschieden abriethen, so beschloss ich zu bleiben.
') Siehe seinen Bericht über die zoologische Ausbeute der Reise, Journal
für Ornithologie, 1874, p. 354.